Brücke-Fraktion stellt Antrag
ÖPNV-Vorstoß in Regensburg: Schwarzfahrer sollen keine Strafanzeigen mehr bekommen

Das Anliegen betrifft Obdachlose – profitieren würden auch andere Ticketsünder

06.03.2024 | Stand 07.03.2024, 12:40 Uhr

Ein Bus passiert das Regensburger Justizgebäude: In manchen Fällen landen Schwarzfahrer vor Gericht. Die Brücke-Stadtratsfraktion will das verhindern. Foto: Jonas Raab

Schwarzfahrer sollen nicht länger im Gefängnis landen. Am Mittwoch stellte die Brücke-Stadtratsfraktion einen entsprechenden Antrag: Der Regensburger Verkehrsverbund (RVV) soll demnach künftig darauf verzichten, Strafanzeigen wegen Fahrens ohne Ticket zu stellen. Ein Freifahrtschein wäre so ein Beschluss aber nicht.



Hintergrund des Antrags ist das Engagement von Caritas-Streetworker Ben Peter. Er fordert, Busfahren für Obdachlose kostenlos zu machen. Das entlaste nicht nur die Menschen, die ohnehin am Rand der Gesellschaft stehen, sondern auch die Staatskasse. Bürgermeisterin Astrid Freudenstein (CSU) zeigte kürzlich Verständnis für das Anliegen, verwies aber auf rechtliche Probleme in der Umsetzung.

Wer beim Schwarzfahren erwischt wird, muss dem RVV ein sogenanntes erhöhtes Beförderungsentgelt von 60 Euro zahlen. Begleicht das jemand auch nach einer Mahnung nicht, behält sich der RVV rechtliche Schritte vor. Wiederholungstätern drohen Strafanträge, die in Ersatzfreiheitsstrafen enden können. Die „Kriminalisierung des Schwarzfahrens“ treffe primär Menschen, die sich in einer prekären finanziellen Situation befinden, heißt es in der Beschlussvorlage der Brücke. Zudem verursache die strafrechtliche Verfolgung hohe Kosten.

Regensburg: Brücke-Fraktion will Gefängnisstrafen für Schwarzfahrer verhindern

„Ich war entsetzt, wie viele Leute fürs Schwarzfahren ins Gefängnis kommen und was das kostet“, sagt Brücke-Stadtrat Florian Rottke, von dem die Initiative für den Antrag ausging. Zuvor hatte er sich mehrfach mit Peter ausgetauscht und sich Vorträge zum Thema angehört. Ein Missverständnis will Rottke ausräumen: „Schwarzfahren wird nicht legal. Das erhöhte Beförderungsentgelt bleibt“, stellt er klar. „Aber wir wollen nicht, dass Menschen fürs Schwarzfahren ins Gefängnis kommen“, erklärt er.

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Die Brücke will nun von der Stadtverwaltung wissen, wie viele Ticketsünder der RVV in den vergangenen fünf Jahren erwischt hat, wie viele Strafanzeigen gestellt wurden und in wie vielen Fällen Ersatzfreiheitsstrafen verhängt wurden. Zudem soll der Stadtrat laut Beschlussvorlage dem RVV-Aufsichtsrat den Auftrag erteilen, sich dafür einzusetzen, in Zukunft auf Strafanzeigen zu verzichten. Zunächst muss der zuständige Ausschuss über den Antrag abstimmen. Welches Gremium sich wann damit befasst, werde laut einer Stadtsprecherin aktuell noch geprüft.

Bestrebungen in mehreren Städten – RVV-Geschäftsführer skeptisch

In anderen Städten wurden ähnliche Anträge bereits beschlossen. Zudem will Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) Schwarzfahren von einer Straftat zu einer Ordnungswidrigkeit herabstufen.

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RVV-Geschäftsführer Kai Müller-Eberstein ist skeptisch. Fahren ohne Ticket sei kein Bagatelldelikt. Wiederholungstäter strafrechtlich verfolgen zu können, sollte im Interesse aller ehrlichen, zahlenden Fahrgäste weiterhin möglich sein, findet er. Müller-Eberstein wirft die Frage auf, ob durch das Vorhaben die Hemmschwelle sinke, ohne Ticket zu fahren.

Streetworker fordert kostenlosen ÖPNV für Obdachlose in Regensburg

Ben Peter zeigt sich erfreut, dass sich die Brücke seines Anliegens angenommen hat. Am liebsten wäre ihm immer noch, wenn Obdachlose kostenlos fahren dürften. Er wolle prüfen lassen, ob das rechtlich machbar ist. Rottke kündigt an: „Wir prüfen weitere Anträge, um Menschen ohne Wohnung noch weiter entgegenzukommen.“