Erschwinglichere Modelle angekündigt
Vitesco Regensburg: Es kommen „richtig coole Elektroautos“

Der Regensburger Autozulieferer kündigt viele erschwinglichere E-Modelle an – Umsatzdelle im laufenden Jahr

14.03.2024 | Stand 15.03.2024, 5:51 Uhr

Regensburg ist das Zentrum von Vitesco. Über die Zukunft der Standorte ist im Detail noch nicht entschieden. Foto: Armin Weigel, dpa, Vitesco, Infineon

Umsatzrückgang in diesem Jahr, Verlust im vergangenen Jahr – das sind erst mal keine guten Nachrichten. Doch Vitesco sieht sich kurz vor der Verschmelzung mit Schaeffler auf dem richtigen Weg. Der Vorstandschef weckt Lust auf die kommenden Elektroautos.



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Zwei Kennzahlen trübten am Donnerstag das Bild, das der Regensburger Autozulieferer Vitesco bei der Präsentation der Bilanz 2023 abgab: Da ist zum einen der Konzernverlust von 96,4 Millionen Euro, dem im Jahr davor noch ein Gewinn von 23,6 Millionen Euro vorausgegangen war.

„Sieht ungünstiger aus als es in Wahrheit ist“



Und da ist zum anderen im Ausblick auf das laufende Jahr ein erwarteter massiver Umsatzrückgang. Von 9,2 auf 8,3 bis 8,8 Milliarden Euro soll das Geschäftsvolumen 2024 sinken, sagte Finanzvorständin Sabine Nitzsche bei der Online-Pressekonferenz in Regensburg. Um gleich gemeinsam mit dem scheidenden Vorstandschef Andreas Wolf hinterherzuschicken: Das sieht ungünstiger aus als es in Wahrheit ist.

Denn der Verlust resultiere unter anderem aus hohen steuerlichen Belastungen, die mit der Übernahme durch Schaeffler entstünden. Außerdem wirkten sich Auftragsfertigungen für die ehemalige Mutter Continental negativ aus. Vitesco war früher die Antriebssparte von Conti, daraus verblieben noch Verflechtungen in der Produktion. Damit werde aber 2025 Schluss sein, sagte Wolf gegenüber unserer Zeitung.

„Ein wenig Stolz“



Hier setzt auch sein persönliches Fazit im Interview mit uns an – bevor Vitesco noch heuer von Schaeffler geschluckt wird. Er und das gesamte Team hätten aus einer Conti-Sparte ohne klare strategische Ausrichtung die Vitesco geschaffen mit einer nun klaren Vorwärtsstrategie und großer Aufmerksamkeit auf Nachhaltigkeit. Er sei „ein wenig stolz“ darauf, dass damit viele Menschen einen guten Arbeitsplatz haben. Wolfs Vertrag endet im September, er wird ausscheiden. Finanzchefin Nitzsche wollte zu ihrer Zukunft noch nichts sagen.

Trotz des voraussichtlichen Umsatzeinbruchs sei der Ausblick unverändert, sagte Wolf. Die Elektromobilität, auf die Vitesco rechtzeitig und vehement gesetzt hat („wir haben die Transformation bereits hinter uns“), wachse jährlich mit 20 bis 30 Prozent, 2023 sei es sogar mehr gewesen. Der Anteil des Vitesco-Geschäfts mit Elektrifizierung werde 2026/27 auf die Hälfte anwachsen, zum Ende der Dekade rund zwei Drittel erreichen. Ein kompletter Ausstieg aus Verbrenner-Produkten sei nicht möglich. Erhalten bleibe das Ersatzteil-Geschäft. Auch Lkw würden noch länger mit konventionellen Motoren betrieben. Deshalb würden 20 bis 30 Prozent des Umsatzes außerhalb des Elektrobereichs verbleiben.

E-Mobilität gewinnt an Fahrt



Fakt bleibt, dass die Elektrifizierung bei Vitesco mit Riesenschritten zum dominierenden Faktor wird. Beim Auftragseingang steuerte sie im abgelaufenen Jahr 8,3 der insgesamt 12,2 Milliarden Euro bei. Beim Auftragsbestand von fast 57 Milliarden sind die Stromer mit 32 Milliarden in der Überzahl.

Beim Umsatz steuerten konventionelle Produkte noch rund zwei Drittel bei und verdienten operativ auch fast eine halbe Milliarde Euro. Die E-Komponenten dagegen mit ihren hohen Entwicklungs- und Anlaufkosten fuhren fast 100 Millionen Euro Verlust ein. In diesem Jahr aber sollen sie laut Nitzsche die Gewinnschwelle erreichen. Das Geschäft habe gerade im 4. Quartal 2023 deutlich angezogen.

Allerdings: Der weltweite Automobilmarkt komme nicht in Fahrt. Vitesco erwartet eher ein gleichbleibendes Marktvolumen mit leichtem Wachstum in China und Nordamerika und eher einem Rückgang im Rest der Welt.

Die Preise werden sinken



Immerhin stünden eine Reihe von neuen Autos mit Vitesco-Technik an Bord vor der Tür. Vor allem seien nun zahlreiche günstigere Modellen zu erwarten. Wolf nannte den Renault 5 ab 25 000 Euro oder den Citroen C3, der noch etwas günstiger sein soll. „Die beiden Autos sind richtig cool.“ Das zunehmende Angebot erschwinglicherer E-Autos werde einen „Boost“ geben und dazu führen, dass die Preise generell weiter sinken.

Vitesco selbst steht unmittelbar vor der Komplettübernahme durch Schaeffler. Am Vorabend hatten die künftig vereinten Unternehmen mit Zustimmung der Aufsichtsräte einen Verschmelzungsvertrag abgeschlossen. Er legt die Bedingungen des Zusammengehens auf die Schaeffler AG verbindlich fest. Bestätigt wurde dabei das vorläufige Umtauschverhältnis der Aktien von 5 zu 57. Das bedeutet, dass Vitesco-Aktionäre für eine Aktie 11,4 Schaeffler-Aktien erhalten sollen.

Auswirkungen der Übernahme auf die einzelnen Standorte noch nicht bekannt



Zu den Auswirkungen der Übernahme auf die einzelnen Standorte wie Regensburg mit seinen rund 3000 Mitarbeitenden konnte Wolf noch nichts vermelden. Weil es aber sehr wenige Überschneidungen gebe, gehe er davon aus, dass es bei den bisherigen Standorte und Werken „in etwa“ bleibe. Es gibt einen Ausschuss aus Personen beider Unternehmen, der diese Fragen klärt.

Bereits angekündigt war, dass es trotz des Verlustes für das vergangene Jahr die erste Dividende des Unternehmens geben soll – 0,25 Euro je Aktie. Das freut die Anteilseigner – und ärgert die IG Metall. Sie wollte im Falle einer Dividende auch eine Erfolgsbeteiligung für die Mitarbeitenden haben. Weil es die nicht gibt, haben die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat der Dividende nicht zugestimmt.