Kopfüber Kaffee trinken
Regensburg: Mischkultur holt die Compagnie Sur Mesure in das Ostentor-Kino

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10.02.2023 | Stand 17.09.2023, 3:19 Uhr
Andrea Leopold

Seraina de Block trinkt kopfüber Kaffee und balanciert dazu die Tasse Foto: Andrea Leopold

Von Andrea Leopold

Regensburg. Die Compagnie von Sur Mesure stoppten „auf der Durchreise nach Budapest in Regensburg“ und präsentierten ihr Programm „Barriére“ auf der Bühne im Ostentor-Kino.

„Das Leben ist großartig, während du wartest!“ ist das Motto und gleichzeitig das Logo der Zirkustruppe Sur Mesure. Etwas flüssiger zu lesen – weil reimbar – ist das im Englischen: „Life ist great, while you wait“. Vier Artisten aus Belgien mit einem reichen Hintergrund in Musik, Performance, Theater und Straßentheater kamen als Bahnwärter zusammen, um sich den Bedürfnissen einer alten Barriere zu unterwerfen.

Der Organisator Mischkultur e. V. entschloss sich, um die Zeit bis zum nächsten Straßenzirkusfestival „Kulturpflaster“ nicht zirkuslos verstreichen zu lassen, die Veranstaltungsreihe „Circoplast – Neuer Zirkus für die Bühne“ wiederzubeleben. Der Name Circoplast bedeute – so Tine Christa, Vorsitzende von Mischkultur – Zirkus auf dem (Kopfstein-)Pflaster.

Surreale „Maßarbeit“

Mit Humor und Unfug, komponiert zu einem Live-Soundtrack, luden die vielseitigen Künstler ein, eine surreale Welt ohne Türen zu betreten. Sur Mesure bedeutet auf Deutsch „Maßarbeit“. Die war auch notwendig, um das Stück „Barrière“ auf dem beengten Platz vor der Kinoleinwand mit einer alten Grenzschranke, Instrumenten und Bandschlingen aufzubauen. Vier Wärter warten hier auf ihren Einsatz – zunächst ist nicht viel los. Während sie warten, spielen sie Musik. Dann nehmen die vier Wächter ihren Platz auf der Barrière ein, wie eine gut geölte Maschine hebt die Show ab.

Sie zeigten eine faszinierende Mischung aus Livemusik und Akrobatik – die Grenzschranke wird dabei zum Zirkusobjekt. Dazu präsentieren sie mehrstimmigen Gesang und zahlreiche verschiedene Instrumente, alles zusammen Eigenkompositionen, wie Sängerin Astrid Creve versicherte. Selbst das Rasseln der Kette, die den Schlagbaum nach oben befördert, wird rhythmisch eingesetzt. Schlagbaum, Spielkarten, Espressomaschine und Feuer dienen als Mittel zum Zweck, um das Anliegen der Compagnie – unbändiger Spaß, Klamauk und Lebenslust – zu transportieren. Der einzige Mann, Oscar Willems – Generalmeister des Unfugs – wirkte nachgerade wie ein Nachfahre von Charley Chaplin.

Liebeslieder und Jodler

Zarte Liebeslieder wechselten mit Soul- und Funknummern und Märschen ab. Es durfte auch gejodelt werden. Die Halbschweizerin Seraina de Block hat das Jodeldiplom schon fast in der Tasche.

Nicht immer waren es – natürlich beabsichtigt – die elegantesten Stunts auf der Barrière, während dramatische Blechblasmusik gespielt wurde. Völlig unvermutet zeigte de Block in einer Zirkus-Strapatenszene kopfüber am Band hängend ihre Baristakünste.
Die Truppe scheute keine Anstrengung, damit das Publikum die Botschaft „Das Leben ist großartig, während man wartet!“ verstand. Das eingespielte Team erklärte den amüsierten Zuschauern: „Wir spielen seit 16 Jahren zusammen und proben hier für einen Auftritt in Amerika im Jahr 2052.“ Oder wie Creve erklärte: „We start very early with the preparation.“

Die Truppe zog die begeisterten Zuschauer bei Kartentricks und Tanznummern in die Vorstellung mit ein. Am Ende folgten die Gäste auch der Aufforderung zum Tanzen auf die Bühne.