Anleger um hohe Summen geprellt
Cybertrading-Betrüger: Elf Festnahmen nach Ermittlungen aus Bayern

27.10.2021 | Stand 27.10.2021, 13:57 Uhr

Mit scheinbar lukrativen Geldanlagen - etwa in Bitcoins - gaukelten die Betrüger große Gewinne vor. −Symbolbild: dpa

Von Christoph Eberle

In einem aus Bayern geführten Ermittlungsverfahren rund um Cybertrading sind in Israel und Georgien elf Menschen festgenommen worden. Mit scheinbar seriösen Finanzanlagen sollen sie mindestens einen zweistelligen Millionenbetrag ergaunert haben.



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Den acht Männern und drei Frauen im Alter zwischen 27 und 47 Jahren werde Betrug im Umfang eines mindestens mittleren zweistelligen Millionenbetrags vorgeworfen, teilte die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) am Mittwoch in Regensburg mit. Die Tatverdächtigen sollen in einer Vielzahl von Staaten Anleger betrogen haben.

Bitcoin, Binäre Optionen, Aktien, Indizes, Währungen (Forex), finanzielle Differenzkontrakte (CFDs) - das klingt für den Laien alles nach satten Gewinnen und gleichzeitig nach Überforderung. Die Täter geben sich den Beamten zufolge als die professionelle Heilsbringer aus, nehmen ihre „Kunden“ an die Hand und begleiten sie auf unbekannten Terrain sicher an allen Fallstricken vorbei hin zum vermeintlich großen Gewinn - den die Opfer niemals zu sehen bekommen.

Seinen Ausgangspunkt nahm das Verfahren in Weiden in der Oberpfalz, als ein Anleger im Oktober 2018 Opfer der Anlageplattform GetFinancial geworden war und dies angezeigt hatte. Aufgrund umfangreicher und zeitaufwändiger Ermittlungen im In- und Ausland gelang es der ZCB gemeinsam mit der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben Oberpfalz, die Beschuldigten zu identifizieren und ihre Aufenthaltsorte festzustellen. In Georgien betrieb die Gruppierung mehrere Callcenter, die im Laufe der Ermittlungen lokalisiert werden konnten.

Anleger aus der Oberpfalz erstattete Anzeige

Am 19. Oktober konnten im Rahmen eines akribisch vorbereiteten Action Days in Israel und Georgien vier israelische, sechs georgische und eine russische Staatsangehörige festgenommen werden. Zudem kam es zur zeitgleichen Durchsuchung von 15 Objekten, in Georgien unter anderem eines noch aktiven Callcenters sowie eines IT-Dienstleisters. Hierbei wurde umfangreiches Beweismaterial in Form von Datenträgern und Dokumenten sichergestellt. Ferner wurden mehr als 30 Zeugen und Beschuldigte zu den Taten vernommen.

An der Festnahmeaktion im georgischen Tiflis und im Großraum von Tel Aviv in Israel seien auch bayerische Staatsanwälte und Polizisten beteiligt gewesen. Ausgangspunkt der Razzia war demnach die Anzeige eines Anlegers aus Weiden in der Oberpfalz, der auf der Plattform GetFinancial vor drei Jahren Opfer von Anlagebetrug geworden war. Durch umfangreiche Ermittlungen sei es gelungen, die Tatverdächtigen zu identifizieren.

Den Ermittlern zufolge sollen die Festgenommenen Anlegern weltweit vorgetäuscht haben, dass sie auf Onlineplattformen gewinnbringend Geld anlegen können. Tatsächlich sollen die Beschuldigten aber allein das Ziel verfolgt haben, die Gelder der arglosen Anleger für sich zu vereinnahmen. Die Gesamtschäden seien noch nicht sicher abschätzbar, der geschätzte mittlere zweistellige Millionenbetrag sei aber der Mindestschaden.

Staatsanwälte und Polizisten aus Bayern bei Durchsuchungen dabei

An den Maßnahmen nahmen drei Staatsanwälte der Zentralstelle Cybercrime Bayern sowie 18 Beamte der Polizeipräsidien Oberpfalz, Schwaben Süd/West, München und Oberfranken teil.

Die ersten Ergebnisse bestätigen laut Polizei den dringenden Verdacht, dass die Tätergruppierung in den vergangenen Jahren die Plattformen TradeSolid, SolidCFD, IntegraOption, FXIntegra, TechOption, GetFinancial, TradeGF, ProCapitalMarkets, BitCapitalMarkets, NordCapitalMarkets, MyCoinBanking, GainFinTech, FXPace, AccepTrade, ProfitsTrade, CoinsBanking, TradeLegal und FXLaws betrieb.

Mindestens zwei weitere Plattformen, die unter einer bereits beantragten Lizenz der zypriotischen Finanzregulierungsbehörde CySEC betrieben werden sollten, waren von der Gruppierung schon fertiggestellt und für den aktiven Betrieb vorbereitet worden.

Die ZCB wird die israelischen Behörden nun um die Auslieferung der vier Festgenommenen sowie die Behörden in Georgien um die Auslieferung einer der dort festgenommenen Personen ersuchen. Über Maßnahmen gegen weitere Beschuldigte wird – auch auf Grundlage der Ergebnisse der nunmehr durchgeführten Maßnahmen – zu gegebenem Zeitpunkt zu entscheiden sein.

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