Fürth/Neumarkt
Opfer falscher Polizeibeamter: Seniorin verliert 600.000 Euro

22.02.2022 | Stand 23.09.2023, 2:38 Uhr

−Symbolbild: Sebastian Gollnow/dpa

Eine Frau aus Stein im Landkreis Fürth wurde Opfer falscher Polizeibeamter. Sie übergab Bargeld unter anderem in Neumarkt in der Oberpfalz.



Eine Seniorin aus Stein ist am 16. Februar Opfer von Betrügern geworden. Wie das Polizeipräsidium Mittelfranken mitteilt, übergab die Frau nach diversen Telefonaten im Rahmen dreier Übergaben Bargeld in Höhe von 600.000 Euro an die Täter, die sich als Polizeibeamte ausgaben.

Gegen 14 Uhr erhielt die Geschädigte nach Angaben der Polizei einen Anruf eines solchen vermeintlichen Polizeibeamten. Der Anrufer gab sich als „Herr Weber“ aus und teilte der Frau mit, ihr Sohn hätte einen Verkehrsunfall verursacht, bei dem ein 17-jähriges Mädchen verstorben sei. Der vermeintliche Polizeibeamte forderte die Zahlung einer Kaution in Höhe von 65.000 Euro.

Seniorin übergab 65.000 Euro in Neumarkt

Die Geschädigte, welche dem Anrufer Glauben schenkte und aufgrund des vorgetragenen Sachverhalts unter Schock stand, begab sich daraufhin mit dem Auto nach Neumarkt und übergab gegen 15.25 Uhr den geforderten Geldbetrag. Im Vorfeld war der Seniorin eine Adresse genannt worden, an der sich das Gericht in Neumarkt befinden solle. Dort angekommen – die Täter waren nach wie vor über Telefon mit ihr verbunden – konnte sie dieses nicht finden und fragte nach, was sie nun tun solle. Man sagte ihr, „dies sei kein Problem, ein Gerichtsdiener käme sofort heraus“. Kurze Zeit später tauchte der vermeintliche Gerichtsdiener tatsächlich am Auto der Geschädigten auf und die Frau übergab das Geld.

Als die Geschädigte wieder zu Hause angekommen war, erhielt sie erneut einen Anruf des „Herrn Weber“. Dieser teilte ihr mit, dass neben der übergebenen Kaution auch noch Wiedergutmachungsgeld für die Familie des getöteten Mädchens zu zahlen sei. Hier wurde nach Angaben der Polizei ein Geldbetrag von 285.000 Euro gefordert.

Die Frau nahm auch diese Forderung als gegeben hin und machte sich zunächst auf den Weg nach Nürnberg, wo die zweite Übergabe stattfinden sollte. Auf dem Weg dorthin wurde sie jedoch durch die vermeintliche Polizei noch einmal angerufen und nach Würzburg beordert. Dort übergab sie dann gegen 20.30 Uhr das geforderte Wiedergutmachungsgeld.

Eine Viertelmillion Euro in Nürnberg übergeben

Wieder zu Hause, wurde sie nochmals von „Herrn Weber“ kontaktiert. Dieser übergab das Telefongespräch an einen vermeintlichen „Herrn Ludwig“ von der Generalstaatsanwaltschaft. Auch hier handelte es sich wiederum um einen Betrüger und Komplizen des „Herrn Weber“. Der vermeintliche Staatsanwalt erklärte der Dame, dass der übergebene Geldbetrag viel zu gering sei. Für eine minderjährige Frau müsse mehr Geld bezahlt werden, dies sei von der Polizei falsch kommuniziert worden. „Herr Ludwig“ forderte weitere 450.000 Euro, heißt es in der Mitteilung der Polizei.

Da die Geschädigte angab, lediglich über weitere 250.000 Euro zu verfügen, erklärte sich ihr Gegenüber telefonisch einverstanden. Es wurde ein Übergabeort im Nürnberger Norden vereinbart. Hier wurde die Dame auf dem Weg noch einmal umgelotst, sodass die dritte Übergabe dann gegen 00.20 Uhr im Bereich Nürnberg Langwasser stattfand.

In einem letzten Telefonat nach der Übergabe teilten ihr die Täter mit, sie werde am nächsten Morgen vom Gericht angerufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Da dieser Anruf auf sich warten ließ, nahm die Geschädigte Kontakt zu ihrem Sohn auf, der ihr mitteilte, dass es ihm gut gehe und er nie einen Unfall gehabt habe.

Seniorin befand sich in einer Art Schockzustand

Insgesamt wurde die Geschädigte am besagten Mittwoch mehrere Male von unterschiedlichen Personen angerufen. Diese gaben sich jeweils als Polizeibeamte beziehungsweise Staatsanwälte aus. „Die Dame wurde durch äußerst geschickte und seriös erscheinende Gesprächsführung dazu bewegt, in drei verschiedenen Städten insgesamt 600.000 Euro an vollkommen unbekannte Personen zu übergeben“, teilt die Polizei mit.

In einem ersten Gespräch mit einem Beamten der ermittelnden „echten“ Kriminalpolizei erklärte die Geschädigte, sie sei nach der Mitteilung über den Unfall ihres Sohnes in einer Art Schockzustand gewesen. Die Täter hätten ihr keinen Anlass zum Zweifeln gegeben, da sie äußerst seriös auf sie wirkten, in akzentfreiem Deutsch mit ihr sprachen und für sie zu keiner Zeit irgendwelche Widersprüche erkennbar waren.

Lupburgerin verlor ein Vermögen an Betrüger

Die Täter hätten sie fast durchgehend in der Telefonleitung gehalten und ihr eingebläut, sie dürfe niemanden etwas erzählen, da dies gegen datenschutzrechtliche Regelungen verstoßen würde. Getrieben von der Angst um ihren Sohn, tat die Geschädigte laut Polizei alles, was ihr aufgetragen wurde. Bankmitarbeiter, die eventuell auf Grund der hohen Abhebesummen hellhörig hätten werden können, waren nicht involviert, heißt es.

Erst vor wenigen Tagen hatte ein Betrugsfall in Regensburg für Aufsehen gesorgt: Anrufer gaben sich bei einer 64-Jährigen als Mitarbeiter von Polizei, Amtsgericht und Staatsanwaltschaft in Regensburg aus, um sie am Ende um viel Geld zu bringen. Auf dem Gehweg direkt vor dem Amtsgericht übergab die Frau am frühen Dienstagnachmittag 51.000 Euro. Die unbekannte Abholerin verschwand damit sofort.

Die Betrugsmasche war eine ähnliche wie die, die die Betrüger bei der Seniorin aus Stein angewandt hatten. Eine Anruferin gab sich mit weinerlicher Stimme als die Tochter aus, ehe eine falsche Polizistin ranging und von einem tödlichen Unfall erzählte. Die Tochter müsse deshalb in U-Haft, außer es könnte sofort eine Kaution bezahlt werden. Alles an der Geschichte war frei erfunden. Auch im Fall der Lupburgerin hielten die Täter über längere Zeit engen Kontakt zur Frau.