Versuchter Totschlag
Blutige Auseinandersetzung am Bahnhof landet vor Regensburger Gericht

08.03.2024 | Stand 09.03.2024, 7:24 Uhr

Dem 25-jährigen Angeklagten wird versuchter Totschlag vorgeworfen. Foto: Philip Hell

Am Anfang stand der Streit um eine Bierflasche – am Ende stachen zwei Männer aufeinander ein. Einer von ihnen steht seit Freitag vor dem Landgericht Regensburg. Ihm wird versuchter Totschlag vorgeworfen.



Laut Anklage sollen die beiden Tunesier in einer Juli-Nacht des vergangenen Jahres aneinandergeraten sein. Zunächst habe ein 18-Jähriger dem 25-jährigen Angeklagten auf einer Bank in den Parkanlagen am Bahnhof ein Bier geklaut. Umringt von Freunden, gerieten die beiden in Streit. Dem 18-Jährigen soll ein Messer gereicht worden sein, mit dem er zweimal auf den Rücken des Angeklagten einstach. Der 25-Jährige soll sich gewehrt haben – und gelangte wohl so an das Messer. Er habe seinen Kontrahenten quer durch die Parkanlagen gejagt und schließlich mitten auf der Straßenkreuzung beim Ernst-Reuter-Platz auf den 18-Jährigen eingestochen, so die Anklage. Der junge Mann sei kurz zu Boden gegangen, konnte aber schnell weiterflüchten. Der Angeklagte setzte ihm abermals nach – holte den jungen Mann allerdings nicht mehr ein. Zum Prozessauftakt schwieg der Angeklagte zu den Vorwürfen.

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Das Landgericht hörte am Freitag den Geschädigten – gegen den in der Angelegenheit ebenfalls ermittelt wird. Seine Vernehmung gestaltete sich durchaus schwierig. Zum Teil sagte er unter Tränen aus. Er widersprach sich mehrfach selbst, gab beispielsweise an, den Angeklagten gar nicht zu kennen – obwohl dem so ist. Er bestritt vehement, mit dem Messer auf den 25-Jährigen eingestochen zu haben. Er wisse nicht, wie die Waffe ins Spiel kam, beteuerte der junge Mann, der von Polizeibeamten in Fußfesseln vorgeführt wurde. Er sei ohne Schuld verletzt worden. „Ich bin in Haft ohne Grund“, sagte der 18-Jährige, der zum Zeitpunkt des Vorfalls erst rund zwei Wochen in Deutschland war. Er habe nicht mitbekommen, wie der Angeklagte verletzt wurde, könne sich aber vorstellen, dass dies passierte, als er im Streit zu Boden ging.

„Gib ihm“: Wurde der 18-Jährige angestachelt?



Das Gericht hörte am Freitag auch einen Bekannten des Angeklagten. Er sagte, dass dem 18-Jährigen ein Messer gereicht worden sei. „Die haben gesagt: Gib ihm!“ Das sei als Aufforderung zum Zustechen zu verstehen gewesen. Es sei zu einer Rangelei gekommen, in Folge derer der Angeklagte verletzt wurde. Der Zeuge sagte darüber hinaus, dass sich alle Beteiligten eigentlich einig waren, nicht die Polizei zu rufen und keine Anzeigen zu erstatten.

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Das bestätigte am Freitag auch eine junge Frau, die den Vorfall ebenfalls mitangesehen hat. Sie betonte, dass nur der Angeklagte mit dem Messer hantiert habe. Der Freund der jungen Frau, der am Freitag aus der Haft vorgeführt wurde, sagte im Zeugenstand, dass er gehört habe, dass sich der Angeklagte seine Verletzungen im Nachhinein selbst zugefügt habe.

Gegen Mittag beendete Richter Thomas Polnik den Verhandlungstag. „Man tut sich durchaus schwer, eine geradlinige Version des Geschehenen zu erfragen.“ Der Prozess wird fortgesetzt. Ein Urteil soll aller Voraussicht nach Mitte März fallen.

ph