Petition
Altstadt-Wirte machen mobil und fordern ein „pro-aktives“ Entgegenkommen der Stadt Regensburg

20.08.2020 | Stand 13.09.2023, 6:52 Uhr
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Keine Frage, die Corona-Pandemie hat vor allem auch die Gastro-Szene schwer gebeutelt. Und noch immer haben viele Betriebe geschlossen – für Diskos, Bars und viele Kneipen ist auch noch kein Ende in Sicht. Alternativen werden gesucht. „To go“ ist plötzlich an allen Ecken möglich, Freisitzflächen werden erweitert oder gar neu geschaffen. Doch vielen Gastronomen in der Regensburger Altstadt ist das nicht genug.

Regensburg. Verfolgt man das, was in den letzten Tagen medial über die sozialen Netzwerke, über Pressekonferenzen, Pressemitteilungen und Zeitungsartikel ausgetauscht wurde, lässt sich feststellen, dass ein offenbar schon länger unter der Decken schwelendes Problem nun offen ausgetragen wird. Michael Hahn, einer der beiden Festwirte der Regensburger Dulten, hatte seitens der Stadt die Genehmigung bekommen, im Stadtpark einen Pop-up-Biergarten zu betreiben. Das veranlasste einige Altstadtgastronomen, eine Petition zu starten – auch sie hätten gerne öffentliche Flächen zur Nutzung. Bürgermeister Ludwig Artinger zeigte sich verwundert über diese harsche Reaktion, habe man doch auch der regionalen Gastronomie Flächen angeboten.

Am Donnerstag, 20. August, nun gipfelt dieser Streit in einer kurzfristig anberaumten Pressekonferenz. Michael Scharff (Hubertushöhe), zweiter stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Regensburg des Hotel- und Gaststättenverbandes, Karl von Jena (ANNA), Kassierer der Kreisstelle Regensburg des Hotel- und Gaststättenverbandes, Sophia Ramm (Kosmonaut), Karin Griesbeck (Filmbühne) und Tom Bockes (Banane) traten stellvertretend für rund 150 Gastronomen, so die eigene Aussage, vor die Presse.

Karl von Jena betonte, dass man es nicht so stehen lassen könne, von Bürgermeister Artinger als „phlegmatisch“ dargestellt zu werden. Man sei sehr froh gewesen, dass die Freisitzflächen bei vielen Betrieben erweitert oder auch ganz neu genehmigt wurden, allerdings habe man sich hier selbst dafür einsetzen müssen, die Stadt sei nie „pro-aktiv“ auf die Wirte zugegangen.

Sophia Ramm betonte, es sei die Strategie der Wirte gewesen, quasi einen vorzuschicken, der die Lage sondieren solle. Das Angebot, die Schillerwiese oder den Grieser Spitz zu bespielen, sei dann aber wegen der fehlenden Infrastruktur nur schwer umsetzbar gewesen. Der Stadtpark oder auch andere Parkflächen seien seitens der Stadt ausgeschlossen worden. Dass es nur wenige konkrete Anträge gegeben habe, sei kein Desinteresse gewesen, sondern die Idee, die Verwaltung nicht durch eine Flut von Anträgen überzustrapazieren.

Karin Griesbeck betonte, sie sei „sehr unglücklich über das Verhalten der Stadt“, es habe kein Entgegenkommen gegeben. Im Gegenteil: Als sie „to go“ am Fenster ausschenkte und für die Mitarbeiter etwas Musik laufen ließ, sei das Ordnungsamt gekommen und habe sie angewiesen, die Musik auszumachen oder Fenster und Türen zu schließen. Musik und offene Fenster seien nicht möglich. Hier drohten nun Bußgelder bis zu 5.000 Euro, klagt die Filmbühne-Wirtin. Bußgeldbescheide habe es aber bisher noch keine gegeben. Griesbeck betonte, dass die Corona-Krise zeige, wie wichtig der Job sei, der in der Gastronomie geleistet wird, im Gegenzug finde sie es „schwach, was da seitens der Stadt geliefert wird“. Karl von Jena ergänzte, dass sich dauerhaftes Lüften zur Vermeidung von Corona-Infektionen nicht mit geschlossenen Fenstern wegen der Musik vereinbaren lasse.

Michael Scharff betonte ebenfalls, dass die Parks für eine Bewirtschaftung seitens der Stadt ausgeschlossen worden waren, es standen nur die Schillerweise und der Grieser Spitz zur Verfügung. Über die Erweiterung der Freisitze habe man sich natürlich gefreut, Scharff bedauerte, dass weiterhin Gebühren anfallen, in so mancher anderen Stadt werde anders gehandelt. Die aktuelle Diskussion, ob im Winter Heizpilze erlaubt sein könnten, verfolge er mit Interesse, „das ist überlebenswichtig“, sagt Scharff. „Die Freisitze müssen bleiben!“ Karl von Jena ergänzte, dass im Winter Flächen für Pavillons oder Schirme nötig seien,ein Windschutz müsse möglich sein – ebenso Stehtische, die seien nämlich aktuell auf den Freisitzflächen nicht erlaubt. Dabei wünscht sich von Jena kleine dezentrale Christkindlmärkte, die durch die regionale Gastronomie bespielt werden. Aber auch ans kommende Jahr wird bereits gedacht: Tom Bockes fordert hier Planungssicherheit: Schon jetzt müsse festgelegt werden, dass die erweiterten Freisitzflächen auch 2021 ihre Gültigkeit haben. Man müsse davon ausgehen, dass das Coronavirus auch noch im kommenden Jahr für Einschränkungen sorge, da müsste den Wirten Sicherheit für ihre Planungen gegeben werden.

Bockes brachte dann noch einen anderen Ort ins Spiel: den Dultplatz. Bockes fordert von der Stadt, dass der Dultplatz für Gastronomen und Schausteller zur Verfügung gestellt wird. Intern sei man sich einig, dass hier die zum Zuge kommen sollen, die bislang komplett geschlossen haben müssen. Wenn dann noch Platz ist, sollen die, die keine Freisitze haben, Flächen bekommen. Bockes hält es dabei für richtig, dass die Stadt erst die Infrastruktur zur Verfügung stellt, dann könne man ein Konzept erarbeiten. Ziel sei es, Insolvenzen in der Regensburger Gastroszene zu vermeiden, so Bockes.

Zentrale Forderung der Gastronomen ist nun, dass sich eine Person aus der Stadtspitze – Oberbürgermeisterin, Bürgermeisterin oder Bürgermeister – des Themas annimmt, nach dem Vorbild eines Wies‘n-Bürgermeisters in München. Diese Person solle dann „Auf alle Ämter durchgreifen können“, um lange bürokratische Wege zu vermeiden.

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