Naturgrundstück zerstört
Rathaus Essenbach: Handeln in Eigenregie oder „unwissend“?

06.05.2021 | Stand 06.05.2021, 15:00 Uhr

Ein über 1.000 Quadratmeter Quellen-Naturgrundstück in Mirskofen bei Essenbach wurde zerstört. Fotos: Veronika Bayer

Ein gemeindeeigenes Quellen-Naturgrundstück in Mirskofen wurde zerstört. Der Gemeinderat von Essenbach wurde dabei außen vor gelassen und ein Informant unter Druck gesetzt.

Von Veronika Bayer

Mirskofen/Essenbach. In Mirskofen, einem Ortsteil von Essenbach, wurde jüngst ein gemeindeeigenes Naturgrundstück an der Steinmühle unterm Freibad zerstört. Wie es aus Reihen des Gemeinderats heißt, wurde der Gemeinderat nicht in diese Entscheidung mit einbezogen. Nach Gesprächen mit der dritten Bürgermeisterin und dem ersten Bürgermeister Dieter Neubauer zieht ein Wochenblatt-Informant zurück, bittet inständig von Berichterstattung abzusehen, weil er Repressalien fürchtet. Ihm sei mit Kosten und juristischen Konsequenzen gedroht worden. Das Rathaus reagiert auch auf mehrmalige Presseanfragen mit Schweigen. Erst, als deutlich wird, dass wir berichten, ruft der Bürgermeister an. Es sei kein Biotop zerstört worden, sondern nur Gestrüpp und trockene Bäume. Im Übrigen hätten die Bauhofmitarbeiter eigenmächtig gehandelt.

Kaum von der Gemeinde gekauft, rückten vor wenigen Wochen die Baumaschinen des Bauhofs an: Sie zerstörten laut Zeugen einen alten Walnussbaum, Birken, eine junge Weide und den Tümpel bzw. mit Schilf bewachsenen Sumpf, der von Amphibien und Libellen bewohnt gewesen sein soll. Es ist nicht mehr erkennbar. Vögel sollen auf dem über 1.000 Quadratmeter Grundstück genistet haben, Blindschleichen und Insekten beheimatet gewesen sein. Der Auslauf eines Bauchs kam vor der Trockenlegung dort zur Ruhe.

Rohre ragen nun aus der Erde, das Wasser ist weg. Von den Bäumen sind nur noch die Stümpfe übrig. Das Naturgrundstück, das unterm Freibad in Mirskofen liegt, wurde zerstört.

Offenbar ohne Mitwissen des Essenbacher Gemeinderats, wie es aus diesen Reihen heißt. Fritz Wenzel, Gemeinderat aus Essenbach, sagt zum Wochenblatt: „Es ist ein Unding, es tut mir in der Seele weh. Bürger haben mich darauf angesprochen. Ich bin dann raus gefahren und habe es mir angeschaut. Da ist nichts mehr zu retten. Der Gemeinderat wusste davon nichts, er ist nicht in die Entscheidung mit einbezogen worden.“ Der einzige, der den Bauhof beauftragen habe können, sei der Bürgermeister selbst gewesen.

Obwohl dem Rathaus die Sache lang bekannt gewesen sein soll, wurden das Treiben auf dem Naturgrundstück erst gestoppt, als sich das Umweltamt des Landratamts eingeschaltet hat. Das Landratsamt teilt auf Anfrage mit: „Ende April fand auf dem Grundstück eine Ortsbesichtigung statt (...) Das Grundstück ist Bestandteil eines von zahlreichen Hangquellaustritten geprägten Westhangs. (...) im Südteil [befand sich] ein Quellsumpf, der nach Angaben eines ortskundigen Bürgers zumindest zeitweise flach überstaut war. Seitens der Marktgemeinde [waren] verschiedene Maßnahmen aufgenommen bzw. durchgeführt worden, um das Gebiet und angrenzendes Gelände zu erschließen.“

Das Landratsamt verweist diesbezüglich aufs Bundesnaturschutzgesetz, wonach das Fällen von Gehölzen im fraglichen Zeitraum nicht gestattet ist. Ob eine Verkehrsgefährdung bei allen gefällten Gehölzen vorlag, habe nicht mehr überprüft werden können. Außerdem unterlägen Quellsümpfe dem gesetzlichen Biotopschutz (§ 30 BNatSchG). Ausnahmegründe seien im vorliegenden Fall nicht erkennbar.

Daher seien die begonnenen Arbeiten eingestellt, bis in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde ein Konzept gefunden wird, „das die Wiederherstellung der Funktionsfähigkeit des Quellsumpfs und zugleich die Realisierung des berechtigten Interesses an einer wegläufigen Erschließung des angrenzenden Geländes ermöglicht“, so eine Sprecherin des Landratsamts.

Einer der ersten Informanten, der wegen der schwarzen Rodung am Naturgrundstück zum Wochenblatt kam (ein unmittelbarer Zeuge, der auch aussagen könnte, wann er das Rathaus Essenbach zum ersten Mal informiert hat), zieht plötzlich zurück. Der Informant schreibt uns: Nach einem Gespräch mit Herrn Bürgermeister Neubauer bittet er, von einem Bericht im Wochenblatt abzusehen. Setzt die Gemeinde sogar in CC. Diese jedoch reagiert nicht.

Das Rathaus antwortet auch auf doppelte Presseanfrage mit Auskunftsersuchen nicht.

Erst kurz vor Berichterstattung ruft Bürgermeister Neubauer in der Redaktion an, fragt als erstes, ob wir nun doch berichten. Er bestätigt, dass er aufgrund der E-Mail davon ausgegangen sei, dass sich die „angezettelte Sache“ erledigt habe – er also von der E-Mail gewusst hat.

Neubauer erklärt, dass die Gemeinde das Grundstück erworben habe, die Flurnummer sei 241/1, 266 Quadratmeter werden als „stehendes Gewässer“ bezeichnet (von dem jetzt nichts mehr zu sehen ist). Das Grundstück sei, das betont Neubauer, „kein Biotop“. Es sei nur „Gestrüpp“ entfernt worden. Die Arbeiter hätten eigenmächtig gehandelt, die Maßnahme sei nicht von ihm autorisiert gewesen. Aus Unwissenheit habe er sich nicht eher melden können.

Ein weiteres Gerücht bestätigt der Bürgermeister. Das Schwimmbad sei auf moorigem Gelände errichtet worden und habe bereits sehr teuer saniert werden müssen. – Es war bereits die Befürchtung in Umlauf, dass mit der Zerstörung der Bäume der Hang, der als rutschig gilt, nicht mehr halten könnte und es damit zu noch teureren Maßnahmen kommen könnte.