An Nahrung mangelte es den Fledermäusen nicht in diesem trockenen Jahr. Doch ihr Lebensraum ist zunehmend bedroht. Vor allem durch Klimawandel und Sanierungen.
Wenn man Christine Harbusch fragt, wie es den Fledermäusen in diesem Jahr ergangen ist, zögert sie zunächst mit der Antwort: «Es war schon besser als das letzte Jahr, weil es nicht so viel geregnet hat und es mehr nachtaktive Insekten gab», räumt die Expertin der Naturforschenden Gesellschaft des Saarlandes (Delattinia) ein. Auf der anderen Seite machten die hohen Temperaturen den Tieren zunehmend zu schaffen.
«Wenn sie in Dächern sind, die sich stark aufheizen, verlassen die Mütter oft das Quartier und die Jungen sterben», sagt die promovierte Biologin. Denn wenn die Jungtiere zu groß seien, könnten sie nicht mehr gut mitgenommen werden. Hinzu komme, dass die Verfügbarkeit der Quartiere immer weiter schrumpfe: weil Kirchen geschlossen seien oder Hausdächer isoliert und Ritzen und Spalten verfüllt würden.
Gebäudesanierungen als Gefahr
Christine Harbusch befürchtet, dass sich diese Situation in Zukunft weiter verschärfen wird und auch Gebäudesanierungen für eine Gefährdung der Tiere sorgen. «Vor allem für gebäudebewohnende Arten sehe ich das Problem, dass sie unter Quartiernot leiden«, sagte sie.
Durch Wärmedämm-Maßnahmen würden viele Quartiere zerstört, und nicht immer würden dafür die gesetzlich vorgeschriebenen Ersatzmaßnahmen geschaffen. «Hier läuft einiges im Graubereich», bedauert die Expertin, die seit vielen Jahren das Vorkommen und die Verbreitung der Fledermäuse im Saarland erforscht. Das Öffnen eines Daches und das Anbringen von Nistkästen sei zwar gut gemeint, führe aber nicht automatisch sofort zu einem Erfolg. «Meistens dauert so etwas ziemlich lange, bis es angenommen wird», sagt Harbusch. Priorität sei daher, dass die bestehenden Kolonien «adäquat geschützt werden».
Zwergfledermäuse im Saarland verbreitet
Im Saarland sind vor allem Zwergfledermäuse verbreitet. Der Bestand an Mausohren, von denen es im Saarland nur sechs bekannte Kolonien gibt, sei derzeit «relativ stabil».
In der Auffang- und Pflegestation für Säugetiere in Eppelborn wurden in diesem Jahr weniger Tiere als üblich abgegeben. Gerade mal um 20 verletzte Fledermäuse kümmerten sich die Mitarbeiter bislang. Noch vor zwei Jahren waren es mehr als doppelt so viel. «Ich gehe davon aus, dass das der Witterung geschuldet ist», sagte die stellvertretende Leiterin Katharina Geber. «Die Hitze hat vielen Tieren zu schaffen gemacht und es kamen weniger Jungtiere auf die Welt.»
Den Eindruck mancher Saarbrücker, dass die Zahl der Fledermäuse in diesem Sommer gesunken ist, kann Markus Utesch nicht teilen: «Das ist lokal unterschiedlich und kann auch damit zusammenhängen, dass Zwergfledermäuse ihre Wochenstuben witterungsabhängig wechseln können», so der Fledermausexperte vom Naturschutzbund Deutschland im Saarland (NABU). «Wenn sie in dem einen Jahr darin gewohnt haben, kann es sein, dass sie umziehen und es die Hauptaktivitäten dann 200 Meter weiter gibt.»
Herbst ist Futterzeit
Auch dass derzeit einige Fledermäuse morgens im Hellen oder auch schon nachmittags zu sehen sind, ist für die Experten normal. «Im Herbst ist die Phase, wo die Tiere ihren Winterspeck anreichern», so Utesch. «Wenn man sie jetzt schon um 16 Uhr fliegen sieht, ist es nichts Besonderes.» Dabei handle es sich vor allem um junge Tiere, «die noch nicht so lange Puste haben und nicht so erfahren sind, um gute Jagdhabitate zu finden.»
Wichtig ist laut Christine Harbusch vor allem, dass die Tiere, wenn sie sich zwischen November und März im Winterschlaf befinden, nicht gestört werden. Und dass sie es dann auch kalt genug haben, um ihren Stoffwechsel absenken zu können. «Wenn es in ihrer Umgebung ständig zu warm ist, können sie ihre Körpertemperatur nicht auf fünf Grad absenken und Energie sparen.»
Mit Blick auf die kältere Jahreszeit appelliert sie an Hausbesitzer, den Winterschlaf der Tiere nicht zu stören und auch draußen gelagertes Brennholz nach Fledermäusen abzusuchen, bevor man es ins Haus hole. Vor allem Zwergfledermäuse und Rauhautfledermäuse würden oft in großen Stapeln überwintern und an den Scheiten kleben.
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