Kritik aus der Schweiz:
Hat die Polizei Spuren im Fall des Serienvergewaltigers zu spät ausgewertet?

07.07.2017 | Stand 12.10.2023, 11:33 Uhr
−Foto: n/a

Warum wurden die Fingerabdruckspuren, die in Regensburg nach einer Vergewaltigung im Jahre 1997 sichergestellt worden waren, erst 2012 ausgewertet? Warum hat man nicht eher nach DNA-Spuren an den Fingerabdrücken gesucht? Warum hat man die Abdrücke nicht mit den Datenbanken abgeglichen? Diese und ähnliche Fragen stellt man sich auch gerade in der Schweiz.

REGENSBURG/SCHWEIZ Die Basler Zeitung berichtet am Mittwoch, 27. Februar von "erstaunlich großen Lücken" im zwischenstaatlichen Datenaustausch. Zwischen März und Juli 1989 vergewaltigte der Mann, der nun als Serientäter von Regensburg identifiziert ist, in Zürich fünf Frauen, beim sechsten Überfall auf eine Frau blieb es beim Versuch der Vergewaltigung, 1990 verurteilte das Züricher Obergericht den damals 25-Jährigen zu neun Jahren Haft. "Der Täter ließ bei seinen Opfern Wunden zurück, die kaum je heilen werden können", zitiert die Basler Zeitung den Oberrichter Remo Bornatico.

Nach sechs Jahren kam der Verurteilte wegen guter Führung auf freien Fuß – und wurde nach Deutschland abgeschoben. Die Behörden in Deutschland seien über den Grund der Abschiebung informiert worden. Man hätte also wissen müssen, dass der Mann gefährlich sein könnte.

DNA-Abgelich blieb erfolglos

In Regensburg aber ist diese Information nie angekommen, auch nicht, als der jetzt ermittelte Verdächtige nach Brennberg in den Landkreis Regensburg zog. 1997 vergewaltigte er dann hier das erste Mal eine Frau, DNA-Spuren des Täters werden gesichert, ebenso Fingerabdrücke, die aber nicht zugeordnet werden konnten. Ausgerechnet diese Fingerabdrücke, eine der ersten Spuren zum Täter hier in Deutschland sollten dann fast 16 Jahre später den Schlüssel zur Lösung des Falles bringen.

2007 schlug der Täter erneut zu, er vergewaltigte in Regensburg eine weitere Frau, erneut konnte DNA vom Täter gesichert werden. Die Übereinstimmung mit dem Täter von 1997 wurde schnell klar, ein internationaler Abgleich der Spur in den DNA-Datenbanken brachte aber keinen Erfolg. 2012 konnte nach einer versuchten Vergewaltigung in der Augsburger Straße wiederum DNA des Täters gesichert werden. Und wieder passte diese auf den Täter von 1997. Erst jetzt, fast 16 Jahre nach der ersten Tat in Regensburg werden die beiden Fingerabdrücke und der Handflächenabdruck, die 1997 sichergestellt worden waren (Foto), überprüft. 

Fingerabdrücke als Schlüssel zur Lösung des Falles

Dafür, dass die Prüfung der Fingerabdrücke so spät erfolgt ist, hat die Regensburger Polizei eine Erklärung: Der damalige Tatort von 1997 sei ein "vielbesuchter Tatort" gewesen, so Franz Schimpel, Leiter der Kriminalpolizeiinspektion Regensburg. Man konnte damals nicht mit Sicherheit sagen, ob es sich nur um eine Berechtigtenspur oder um eine Täterspur handelt. Zudem sei 1997 der europaweite Abgleich von Spuren noch nicht auf dem technischen Stand gewesen, wie er heute ist.

Etwa 40, maximal aber 60 Spuren könnten am Tag bundesweit in den europaweiten Datenbanken abgeglichen werden, jede Spur, die zum Abgleich eingereicht wird, müsse eine gewisse Priorität haben, die Tatrelevanz müsse sehr hoch sein. Und das, so Schimpel, habe man all die Jahre bei den Fingerabdrücken eben nicht sagen können. 

Untersuchung der Abdrücke erst 2012

2012 habe man sich dann entschlossen, die Fingerabdrücke und den Handabdruck auf DNA-Spuren zu untersuchen. Da dies aber bedeute, dass die Originalspur dann zerstört ist, sei man mit sollen Untersuchungen sehr vorsichtig. Beim Handabdruck hat man dann eine so genannte Mischspur, bestehend aus der DNA des Täters und des Opfers gefunden. Damit war klar, die Abdrücke stammen vom Serienvergewaltiger. Somit war die hohe Dringlichkeit, die Abdrücke europaweit abzugleichen endlich gegeben.

Und dieser Abgleich brachte dann den Treffer in der Schweizer Datenbank: Bei dem Regensburger Täter handelt es sich um einen Mann, der in Brennberg lebte und der sich am 5. September 2012 auf Burg Brennberg das Leben genommen hatte.

Diskussionen innerhalb der "Ermittlungsgruppe 1997"

Die "Ermittlungsgruppe 1997", die ab dem 14. August 2912 nach dem Serientäter fahndete, habe sich die Frage, ob man nicht hätte früher reagieren müssen. "Das war auch die ständige Diskussion in der Ermittlungsgruppe", so Schimpel. Die DNA-Spur aus dem Jahr 1997 sei im Jahr 2000 nochmals erneut aufbereitet worden, Sie sei permanent europaweit abgeglichen worden. Bei den Fingerabdrücken hatte es sich um ganz normale Tatortspuren gehandelt, wie sie sehr zahlreich bei solchen Fällen sichergestellt werden. Da das Öffnen der Spurenfolie für einen DNA-Test die Spur zerstört, wollte man dies erst tun, wenn sicher sei, dass die neuen Methoden wenigstens den hauch einer Chance bieten, dass etwas gefunden werden könnte. Und diese Sicherheit sei eben erst im Oktober des vergangenen Jahres vorhanden gewesen. 

Auch, wenn die Erklärungen der Regensburger Polizei durchaus plausibel klingen, die Frage, warum es 16 Jahre dauern musste, bis Regensburg Gewissheit hat, wird auch die Kripo noch einige Zeit beschäftigen ...  

Mehr zum Fall findet sich auch unter der Adresse www.wochenblatt.de.

Regensburg