Untersuchung
Spendenaffäre: SPD-Vorsitzende hielten Schreiben von Anwaltskanzlei für Spam

11.07.2017 | Stand 13.09.2023, 1:43 Uhr

"Generalverdacht", "fehlendes Gespür für Datenschutz", "Frechheit": So kommentierten SPD-Ortsvereinsvorsitzende aus Stadt und Landkreis Regensburg ein Schreiben einer Anwaltskanzlei, das wegen der Spendenaffäre ins Haus flatterte.

REGENSBURG Was ist die Unschuldsvermutung wert? Die Bundestagsabgeordnete Astrid Freudenstein sagte kürzlich: „Ich bin der Meinung, dass einer im Alten Rathaus sitzt, der da nicht hingehört“, so Freudenstein im Hinblick auf die sogenannte Spendenaffäre. „Ich bin auch der Meinung, wenn der Mann von der CSU wäre, würde er da längst nicht mehr sitzen. Bei der SPD gilt immer die Unschuldsvermutung.“ Da fragt man sich doch: Was ist die Unschuldsvermutung überhaupt noch wert? In einem Gespräch mit Oberstaatsanwalt Theo Ziegler versichert der mir, man wolle sich im Prinzip überhaupt nicht äußern zu den Ermittlungen gegen OB Joachim Wolbergs und den drei Bauträgern, Vorermittlungen gegen Alt-OB Hans Schaidinger will er weder bestätigen, noch dementieren. „Ich denke immer an den Fall Klaus Zumwinkel“, sagt Ziegler. Da habe das ganze Land zugeschaut, als das Haus des früheren Post-Chefs durchsucht wurde – kein Ruhmesblatt für Ermittler.

Vorverurteilungen aus dem politischen Gegner-Lager kann ich ja zumindest nachvollziehen – doch was sich Landes- und Bundes-SPD in Sachen Spendenaffäre leisten, ist bodenlos. Am Montag, 28. November, traf sich der Vorstand der Landkreis-SPD mit den Ortsvereinsvorsitzenden. Eine Rechtsanwaltskanzlei forderte im Auftrag der Bundespartei die Spenderlisten an, man solle diese nach Berlin schicken. „Routine“ nennt das ein Sprecher der Bundes-SPD. Nicht nur die städtischen SPD-Ortsvereine werden also unter die Lupe genommen, wobei die geforderten Spendenlisten nur das Jahr 2016 umfassen, sondern auch der Landkreis. Viele SPD-Verantwortliche hielten die Mail zunächst für Spam. Jetzt sind sie sauer: „Wer gibt denn da einfach Daten weiter?“, sagt eine Ortsvorsitzende zum Wochenblatt.

Offenbar hielten einige Ortsvereinsvorsitzende die Mail der Rechtsanwaltskanzlei aus Berlin für Spam. Das lag auch daran, dass chinesische Schriftzeichen in die Signatur der Versender eingebettet sind. Kurios auch die Zeitspanne: Die Bundespartei will wissen, welche Spender zwischen 1. Januar und 31. Oktober 2016 gespendet haben. Der Fragenkatalog, der an die Bundespartei weiter geleitet werden soll, im Wortlaut:

"Wir möchten Sie bitten, uns folgende Auskünfte zu erteilen:

1. Ob und wenn ja, in welcher Höhe wurden Spenden in dem Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Oktober 2016 entgegengenommen?

2. Bitte geben Sie die Anzahl der Spender für den Zeitraum vom 1. Januar 2016 bis zum 31. Oktober 2016 an.

3. Haben einzelnde Spender mehrfach gespendet, geben Sie bitte die Anzahl der Spenden und die Höhe der Spenden an, sofern der Gesamtbetrag der Spenden EUR 2.000,00 übersteigt-

4. Bei Einzelspenden über EUR 2.000,00 geben Sie bitte den Namen, die aAnschrift und die Höhe der Spenden an."

Zwar kündigt die Anwaltskanzlei strenge Vertraulichkeit an, übermitteln sollen die Ortsvereine diese aber per Mail. 

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