Nach Blamage mit erster Live-Web-Übertragung
Achtung, Passauer Stadtrat – Facebook-Attacke!

05.07.2017 | Stand 26.07.2023, 14:05 Uhr

Willkommen im Jahr 2011, liebe Offline-Stadträte!

PASSAU Der seit geraumer Zeit im Tiefschlaf versunkene Passauer Stadtrat wird in Sachen Internet weiter aufgemischt: Nach einer lächerlichen Diskussion um die „Wahrung von Persönlichkeitsrechten” bei öffentlichen Sitzungen folgte am Montag die Blamage mit einer ersten „Live-Übertragung” aus dem Personalausschuss mit gerade mal einer Kamera, keinen Mikrofonen und mangelhaftem Bild (siehe Bildergalerie) – bei vielen blieb der Computerbildschirm schwarz. Jetzt müssen sich die internetscheuen Passauer Stadträte noch wärmer anziehen – denn in nächster Zeit wird wohl auch noch eine offizielle Facebook-Attacke die Politiker beschäftigen.

20. Juli 1969, ein Meilenstein der Menschheitsgeschichte: Der erste Mann betritt den Mond. 19. September 2011, ein Meilenstein in der Dreiflüssestadt-Geschichte: Die erste Internet-Live-Übertragung aus dem Passauer Stadtrat – mit einigen Hauptakteuren, die offensichtlich hinter dem Mond leben. Vor allem die sonst so brave SPD-Fraktion zickte wegen der Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte ganz gewaltig herum.

Dabei war es in erster Linie OB Dupper, der in der Vergangenheit seinen Genossinnen und Genossen die Richtung vorgegeben hatte, dann aber selber nicht drumrum kam, sich als OB filmen lassen zu müssen. Die erste Live-Übertragung am Montag war mehr als blamabel. Bei vielen Internet-Nutzern blieb der Bildschirm schwarz – dies bestätigt eine PaWo-Facebook-Umfrage. Lag es an einer Server-Überlastung oder daran, dass als Standardbrowser für den Live-Stream lediglich der „Internet Explorer” aufgeführt wurde?

Die Glücklichen, die in den Genuss der Live-Übertragung kamen, erlebten einen süffisanten OB („Die Güte der Demokratie in unserer wunderschönen Stadt wird sicher nicht davon abhängen, ob Sitzungen per Live-Stream übertragen werden”). Zensiert blieben dagegen die Wortbeiträge der SPD´ler Markus Sturm und Silke Werts (Wahrung der Persönlichkeitsrechte). Die Internet-Zuschauer versäumten u.a. eine Rechtfertigung der SPD-Stadträtin wegen ihrer Internetblockade – Werts hatte zuvor am Montag ein öffentliches Lebenszeichen von sich gegeben und ein dreiseitiges Schreiben an die Medien verschickt, in dem sie ihre Position darlegte und sich tief entrüstet über die Presseschelte zeigte.

Der unausgegorene Übertragungstest war relativ schnell wieder vorbei – und hinterlässt viele Fragezeichen. Die Stadt will diese Form der zensierten Öffentlichkeitsarbeit für ein halbes Jahr bis Februar 2012 testen. „Die Qualität und die Nachfrage werden für eine Weiterführung entscheidend sein”, heißt es.

Den eigenen Qualitätsanspruch scheint die Stadt relativ niedrig halten zu wollen: Lediglich eine Kamera kam zum Einsatz. Für eine halbwegs professionelle Übertragung mit Schnittbildern wären allerdings mindestens zwei Kameras notwendig – das weiß jeder 13-jährige Hobbyfilmer. Gut möglich, dass der genervte Bürger bei miesen Ruckelbildern a la „Blair Witch Project”, schlechter Tonqualität (keine eigenen Mikros!) und zig Ton- und Bildausblendungen schon bald keine Lust mehr hat, von dem Service-Angebot Gebrauch zu machen. Möglicherweise ein perfides Kalkül der öffentlichkeitsscheuen SPD-Fraktion um OB Dupper, um das leidige Thema mangels Interesse im Sande verlaufen zu lassen? 

Am Thema Internet wird der Stadtrat allerdings nicht mehr vorbeikommen – auch nicht in Sachen Social Networking: Nach wie vor hat die Stadt Passau keine eigene offizielle Facebook-Fanseite, was mittlerweile schon fast zum „guten Ton” gehört und zudem einen nicht zu unterschätzenden Werbeeffekt hat. Bislang hat die Stadt dies als nicht notwendig erachtet. Nach PaWo-Informationen wird von Facebook-erprobten Stadträten bereits in Erwägung gezogen, einen offiziellen Antrage für eine Facebook-Seite der Stadt zu stellen. Ob sich die Offline-SPD-Fraktion auch dagegen sträuben wird?

Unser Vorschlag für künftige zensurbedingte Livestream-Unterbrechungen: Bilder von der Mondlandung als Pausenfüller – als Hommage an alle internetscheuen Stadträte, die im Jahr 2011 nach wie vor hinterm Mond leben.

PS: Die Bilder von der Sitzung haben wir vorsorglich verpixelt – damit wir nicht aus Versehen das Persönlichkeitsrecht einer der honorigen Persönlichkeiten verletzen.

PPS: Hier geht´s zum Kommentar! 

 

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