Wegen AfD-Zugehörigkeit abgesägt
Vom Landrats-Chauffeur zum Straßenarbeiter

11.07.2017 | Stand 13.09.2023, 0:30 Uhr
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Der von Landrat Georg Huber suspendierte Chauffeur Martin Wieser bestätigt: „Der Grund für die Freistellung ist meine Mitgliedschaft bei der AfD”

MÜHLDORF Wie wir bereits vor drei Wochen exklusiv berichteten, hat Landrat Georg Huber seinen langjährigen Chauffeur Martin Wieser vom Dienst suspendiert (hier geht's zum Bericht). Zu den Hintergründen schwiegen zunächst beide Seiten. Doch jetzt nimmt der Chauffeur Stellung und bestätigt die Wochenblatt-Information: „Der Grund für die Freistellung ist meine Mitgliedschaft bei der AfD.” Weit mehr als kurios kann der Zeitpunkt für die Suspendierung bezeichnet werden: Den „Laufpass” vom Landrat bekam er nämlich am 1. Februar 2017, genau eine Woche vor einer kleinen Feierstunde im Landratsamt, bei der der Angestellte für 25 Jahre geehrt werden sollte. Dieser Einladung kam der 46-Jährige aus verständlichen Gründen dann nicht mehr nach.

„Die Freistellung kam von heute auf morgen”, sagt Martin Wieser. „Ich komme mir fallen gelassen vor!” In den 25 Jahren im Landratsamt Mühldorf habe er sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Im Gegenteil. Jedes Jahr habe er eine Prämie für überdurchschnittliche Leistung erhalten. Seit 15 Jahren kutschierte der dreifache Familienvater den Landrat quer durch ganz Europa und kümmerte sich um den gesamten Fuhrpark des Landkreises Mühldorf. Seit 2004 war er dienstlich bestellter Luftbeobachter beim Katastrophenschutz. „Dabei leistete ich immer ehrliche und zuverlässige Arbeit. Das geht auch aus meinem Zwischenzeugnis hervor, das ich mir auf eigenen Wunsch hin letztes Jahr ausstellen ließ”, beteuert Wieser. Umso schockierender empfand er die plötzliche Suspendierung am 1. Februar 2017.

Der Tag, als seine „heile Welt” zusammenbrach

Auf dem Rückweg vom Fahrzeugwechsel in Ingolstadt erhielt der 46-Jährige einen Anruf vom Landratsamt. „Ich solle mich nach meiner Ankunft bei der Personalchefin melden, weil es etwas Dringendes zu besprechen gäbe”, erinnert sich der Chauffeur. „Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, was los ist. Aber mit einer Freistellung habe ich nicht gerechnet.” Wieser kam kurz nach 18 Uhr im Landratsamt an und wurde sofort zum persönlichen Gespräch gebeten. „Gleich zu Beginn wurde mir vor Zeugen mitgeteilt, dass das Vertrauen von Landrat Georg Huber gegenüber meiner Person aufgrund meiner Tätigkeit als Beisitzer im AfD-Kreisverband Mühldorf zerstört ist und ich nach außen für das Landratsamt nicht mehr tragbar sei. Mir wurde ein Schreiben ausgehändigt, das mich ohne Angabe von Gründen als Fahrer vom Landrat und Fuhrparkmanager mit sofortiger Wirkung entband. Zugleich wurde ich auf meine Verschwiegenheitspflicht in einem separaten Schreiben hingewiesen. Ich muss sagen, in diesem Moment kam ich mir vor, wie ein Schwerverbrecher. Ich war geschockt.” Der 46-Jährige gab daraufhin seine Schlüssel und das Diensthandy im Vorzimmer ab.

Kürzlich erhielt Martin Wieser die Mitteilung, sein Arbeitsverhältnis durch eine Versetzung im Bauhof fortzusetzen. Am Montag, 6. März, trat er seinen Dienst an.

Martin Wieser setzt sich mit Anwalt zur Wehr

Das alles will Wieser nicht einfach so hinnehmen: „Ich werde mich mit aller Macht und mit allen rechtlichen Mitteln zur Wehr setzen”, sagt der ehemalige Landratsfahrer. Mit Rechtsanwalt Alex Gassner wird er gegen die Freistellung und Versetzung gerichtlich vorgehen. „Ich habe immer Berufliches und Privates auseinandergehalten. Hätte ich irgendeinen Fehler gemacht, so würde ich dieses Vorgehen verstehen. Aber so empfinde ich es als pure Willkür. Jetzt ist auch mein Vertrauen in den Landrat gestört und ich habe den Glauben an eine demokratische Grundordnung verloren”, erklärt Martin Wieser.

Seit 1. August 2016 ist Wieser übrigens gewähltes Mitglied des Personalrats im Mühldorfer Landratsamt. Zugleich ist er seit 2000 Schriftführer und seit 2012 der stellvertretende Kreisvorsitzende des Bayerischen Landessportverbandes Kreis Mühldorf.

Auch auf erneute Anfrage war Landrat Georg Huber zu keinem Statement bereit. Es bleibt bei der Aussage „kein Kommentar zu Personalfragen”.

Kommentar von Edi Hutterer:

Was wäre wenn?

Über die AfD kann man denken, wie man will – über eine Freistellung wegen des falschen Parteibuches allerdings nicht. Ihr könnt ja mal das Experiment wagen und beim Lesen dieses Berichts die Buchstaben „AfD” durch „SPD”, „FDP” oder „CSU” ersetzen. Ich bin mir sicher, dann ergibt sich bei dem ein oder anderen ein völlig neues Bild.

Mühldorf a.Inn