Telekom-Azubis demonstrieren in Landshut
"Ausbildungsquote ist eh schon unterm Durchschnitt"

09.07.2017 | Stand 29.07.2023, 16:32 Uhr
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In der Landshuter Siemensstraße haben am Montagabend zahlreiche Telekom-Mitarbeiter gegen ihren Arbeitgeber protestiert. Der Telekommunikationsriese plant, so die Gewerkschaft ver.di, die Zahl seiner Ausbildungsstellen nahezu zu halbieren.

LANDSHUT "Wir sind einer der größten Ausbilder Deutschlands und werden das auch bleiben", erwidert Peter Kespohl, Pressesprecher der Deutschen Telekom etwas trotzig. Viel konkreter wird der Bonner Telekommunikationsriese, an dem die Bundesrepublik Deutschland direkt 14,5 Prozent der Aktien hält, jedoch nicht, wenn man ihn mit den Vorwürfen der Gewerkschaft ver.di konfrontiert, wonach der Konzern plant, die Anzahl seiner Ausbildungsplätze bundesweit – und auch in Landshut – drastisch zu reduzieren.

"Richtig ist, dass wir in Absprache mit unseren Fachabteilungen regelmäßig diskutieren, in welchen Berufen wir in Zukunft ausbilden wollen und sollen. Zurzeit arbeiten wir an einem neuen zukunftsgerichteten Konzept für unsere Ausbildung und dabei auch den Sozialpartner mit ein", so Kespohl zum Wochenblatt. Auf die Frage, ob dieses neue Konzept auch eine Reduzierung der Ausbildungsplätze beinhalten könnte, weicht der Unternehmenssprecher aus: "Ausschließen kann man im Leben nichts", so die Antwort. Gleichzeitig schiebt Kespohl an die Adresse von ver.di hinterher: "Man sollte die Leute nicht verrückt machen. Es gibt in der Sache noch überhaupt kein Ergebnis." Auch eine Standort-Diskussion in Sachen Berufsausbildung sei nicht angebracht, so der Pressesprecher.

Bei ver.di Niederbayern hält man von derlei Beschwichtigungsversuchen indes wenig. Am Montagabend hat die Gewerkschaft eine Protestaktion in der Landshuter Siemensstraße organisiert, bei der u.a. Azubis, EQ-Praktikanten und weitere Telekom-Mitarbeiter ihren Ärger – unter dem Motto "Mahnwache für die Ausbildung" – öffentlich machten. Rund 30 Teilnehmer fanden sich vor dem Firmengebäude im Industriegebiet zusammen und hielten ein großes Transparent hoch auf dem stand: "Ausbildung macht Kinder froh und Erwachsene ebenso!"

"Geringe Wertschätzung der Mitarbeiter"

Zurzeit bildet die Telekom – bei einer Ausbildungsquote von 2,9 Prozent des inländischen Personalbestandes (entsprechende eines Tarifvertrages, der von 2007 bis Mai 2015 gültig war) – bundesweit rund 2.900 Menschen in zehn Ausbildungsberufen aus. Doch im Februar erfuhren die Mitarbeiter durch den Betriebsrat, dass der Konzern diese Zahl nahezu halbieren möchte.

Mit einer angestrebten Ausbildungsquote von lediglich 1,8 Prozent sollen ab 2018 nur noch 1.662 Ausbildungsstellen angeboten werden. Vom drohenden "Kahlschlag" sind aber nicht nur die Azubis selbst, sondern auch deren Ausbilder betroffen. Derzeit sind 608 Beschäftigte in der Ausbildung tätig. Sollte die Telekom mit ihrer "Reform" ernst machen, würden nur noch 335 Jobs erhalten bleiben. Im Landshuter Ausbildungszentrum, zu dem auch die Standorte Regensburg, Traunstein, Rosenheim, Passau und Ingolstadt gehören, gibt es zurzeit 175 Auszubildende, EQ-Praktikanten und Dual-Studierende, die – ebenso wie 14 weitere Beschäftigte – von diesen Plänen betroffen wären – und eine Halbierung ihrer Zahl befürchten müssen.

Theresa Solleder ist Telekom-Betriebsrätin für Auszubildende und empört über das Vorgehen ihres Arbeitgebers: "Dass die Mitarbeiter erst durch den Betriebsrat und später durch eine E-Mail von den Plänen informiert wurden, zeugt von einer geringen Wertschätzung der Belegschaft." Daneben sind die Unternehmensziele, ihrer Meinung nach, zu kurzfristig angelegt. "Das Durchschnittsalter der Telekom-Mitarbeiter liegt bei rund 46 Jahren. Wer soll in Zukunft den Netzausbau vorantreiben, wenn keine neuen Kräfte nachkommen?", fragt die Gewerkschafterin, die die Kürzungspläne zudem als falsches Signal im Kampf gegen den Fachkräftemangel brandmarkt. "Die Ausbildungsquote der Telekom ist eh schon unter dem IHK-Durchschnitt", so Solleder zum Wochenblatt.

Die nächsten Gespräche zwischen der Telekom und ihrem Betriebsrat finden Mitte September statt. Dann könnte es zu einer offiziellen Bekanntgabe der "Azubi-Rasur" kommen. Die Gewerkschaft ver.di kämpft allerdings dafür, die Ausbildungsquote bei 2,9 Prozent zu halten. Sie bezeichnet die Pläne der Telekom als "vollkommen unverantwortlich."

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