Tessa Ganserer muss mit Männername auf Wahlzettel

30.07.2021 | Stand 01.08.2021, 8:36 Uhr

Tessa Ganserer (Bündnis 90/Die Grünen) spricht auf einer Pressekonferenz. Foto: Matthias Balk/dpa

Sie fühlt sich als Frau, sie lebt als Frau, sie sitzt im bayerischen Landtag als Frau. Auf dem Wahlzettel für den Bundestag muss bei der Grünen-Politikerin Tessa Ganserer allerdings ihr männlicher Geburtsname stehen.

Tessa Ganserer, Mutter zweier Söhne und Landtagsabgeordnete, hat lange blonde Haare und trägt gern hohe Schuhe. Dass sie eine Frau ist, würde kaum jemand anzweifeln, der die 44-Jährige sieht oder hört. Rechtlich ist das eine andere Sache: Die Transgender-Frau ist vor dem Gesetz noch immer ein Mann. Bei ihrer Kandidatur für den Bundestag muss die Nürnbergerin deshalb auch mit ihrem Geburtsnamen Markus auf den Wahlzettel. Ihr Name Tessa steht nur in Klammern. Das entschied am Freitag der Landeswahlausschuss in Bayern, wie eine Sprecherin des Statistischen Landesamtes sagte.

Für Ganserer selbst ist mit der Diskussion über den Namen auf dem Wahlzettel «die Spitze der täglichen Erniedrigungen erreicht». Auch wenn sie die Rechtslage grundsätzlich anerkennt: Das Transsexuellen-Gesetz in seiner derzeit geltenden Fassung hält sie für verfassungswidrig. Das habe das Bundesverfassungsgericht schon vor zehn Jahren festgestellt. Eine Änderung oder Novellierung werde seitdem verschleppt, beklagt sie.

Dem geltenden Gesetz zufolge müsste sie sich einem langwierigen und teuren Begutachtungsverfahren unterziehen, das sie als entwürdigend empfinde, um Name und Geschlecht auch vor dem Gesetz zu ändern. Eine entsprechende Klage sei beim Amtsgericht Nürnberg anhängig. Ganserer hält in ihrem Fall ein solches Verfahren für obsolet.

Die Grünen-Politikerin, derzeit Landtagsabgeordnete in Bayern, könnte eine der ersten Transgender-Menschen sein, die in den Bundestag einziehen. Ihr Listenplatz 13 bei den bayerischen Grünen gilt als weitgehend sicher. Bei einem bundesweiten Wahlergebnis von 8,9 Prozent brachten die bayerischen Grünen vor vier Jahren elf Fraktionsmitglieder in den Bundestag. Die Umfragen sehen die Partei zwei Monate vor dem Wahltermin am 26. September bei mehr als dem Doppelten.

Das Transsexuellen-Gesetz zu kippen, entwürdigende Elemente herauszulöschen - das sei einer der Gründe, warum sie in den Bundestag wolle, sagte Ganserer. «Seit zwei Jahren stehe ich als die Frau, die ich bin, in der Öffentlichkeit», betont die Landtagsabgeordnete. Es sei nicht einzusehen, dass jetzt Psychologen beurteilen sollten, ob sie eine Frau sei.

Bundesweit kandidieren weitere Transgender-Menschen für das deutsche Parlament. In Nordrhein-Westfalen etwa gilt der Einzug von Nyke Slawik als relativ sicher. Sie kandidiert auf Listenplatz elf. Weniger gute Chancen werden der Polizistin Ria Cybill eingeräumt. Die aus Coburg stammende Cybill bewirbt sich in Brandenburg um ein Direktmandat für die SPD. Im Wahlkreis Rosenheim kandidiert Victoria Broßart für die Grünen um das Direktmandat, ihr Listenplatz 25 auf der Landesliste könnte bei einem sehr guten Zweitstimmenergebnis der Grünen in Bayern ebenfalls noch ziehen.

Insgesamt hat der Landeswahlausschuss am Freitag die Landeslisten von 26 Parteien und politischen Gruppierungen zur Bundestagswahl zugelassen. Die Listen der Anarchistischen Pogo-Partei Deutschlands, der Lobbyisten für Kinder und der Sozialistischen Gleichheitspartei Vierte Internationale wurde abgelehnt. In allen drei Fällen fehlte nach Darstellung des Landeswahlausschuss die notwendige Zahl von 500 Unterstützungsunterschriften.