Prozess um tödlichen Unfall: «Fahrer beschleunigte stark»

24.08.2021 | Stand 26.08.2021, 5:18 Uhr

Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand.- Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

Mit etwa 80 Stundenkilometern rast ein Mann durch Berlin. Als ein Fußgänger die Straße überquert, kann der Autofahrer nicht bremsen. Das Opfer stirbt. Vor Gericht sitzt dem Fahrer nun die Mutter des Toten gegenüber - eine bayerische Society-Lady.

Viel zu schnell soll ein 25 Jahre alter Mann am Steuer eines hochmotorisierten Autos in Berlin einen tödlichen Unfall verursacht haben: Rund zweieinhalb Jahre nach dem Tod eines 26 Jahre alten Fußgängers hat der Prozess gegen den Fahrer begonnen. Vor dem Amtsgericht Tiergarten in Berlin sagte der Angeklagte am Dienstag, er sei «kein passionierter Raser, sondern ein Mensch, der zu schnell gefahren ist». Die Anklage lautet auf fahrlässige Tötung. Mit einem Urteil wird am Mittwoch gerechnet.

Die Mutter des Opfers, die frühere Kommunalpolitikerin Stephanie Gräfin Bruges-von Pfuel aus Tüßling (Landkreis Altötting), saß dem mutmaßlichen Raser nun als Nebenklägerin gegenüber. Nach dem ersten Prozesstag verließ sie den Gerichtssaal schweigend. Der Zeitschrift «Gala» hatte sie vergangene Woche gesagt: «Ich habe große Angst vor dem Prozess, werde aber trotzdem teilnehmen. Weil ich dem Menschen, der mein Kind getötet hat, ins Gesicht schauen möchte. Ich wünsche mir, dass er eine gerechte Strafe bekommt.» Bekannt wurde Stephanie Gräfin Bruges-von Pfuel einst als Werbegesicht im Fernsehen.

Der Angeklagte soll am 20. März 2019 in Berlin-Mitte mit bis zu 82 Stundenkilometern auf der Chausseestraße unterwegs gewesen sein. «Er fuhr stark beschleunigend in die Linksspur», heißt es in der Anklage. «Nach Abbremsung kam es mit mindestens 67 km/h zur Kollision.» Der Fußgänger sei gegen die Frontscheibe des Autos und dann über das Fahrzeugdach in den Gegenverkehr geschleudert worden.

Das Opfer erlag eine Woche später seinen schweren Verletzungen. Laut Staatsanwaltschaft wäre der Unfall bei Einhaltung der dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 Kilometer pro Stunde vermeidbar gewesen.

Der Angeklagte erklärte über seinen Anwalt weiter, er sei im Auto eines Freundes unterwegs gewesen, um Medikamente abzuholen. Auf dem Weg sei er über eine Tankstelle gefahren, weil er den Wagen reinigen sollte. Weil keine Box frei war, sei er «genervt und schnell» abgefahren. Als er in die Chausseestraße einbog, habe er beschleunigt, um auf die Linksabbiegerspur zu kommen. Der Angeklagte fuhr einen 455 PS starken Wagen.

Der Fußgänger sei plötzlich aufgetaucht und müsse wohl gerannt sein, so der mutmaßliche Raser. Zudem sei er vom Gegenverkehr geblendet worden. Er habe den Zusammenstoß nicht verhindern können. Seit dem Unfall sei er «nicht mehr der gleiche Mensch» und in Therapie.