Leben mit Herzschwäche
Wenn das Herz nicht mehr richtig pumpt: Kardiologie-Chefarzt gibt Tipps für Betroffene und Angehörige

17.11.2017 | Stand 31.07.2023, 13:09 Uhr
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Rund zwei Millionen Deutsche leiden daran, jährlich treten etwa 130.000 Neuerkrankungen auf, mehr als 300.000 Betroffene werden jedes Jahr stationär deswegen behandelt: Die Herzschwäche ist der häufigste Grund für eine stationäre Krankenhausbehandlung von Patienten über 65.

AMBERG Deshalb hat die Deutsche Herzstiftung die Herzinsuffizienz, wie die Herzschwäche im Fachjargon heißt, dieses Jahr zum Thema der alljährlichen Herzwochen ausgerufen. Und darum ist die Erkrankung jetzt auch beim „Ratgeber Gesundheit“ im Klinikum St. Marien Amberg im Fokus gestanden.

„Wenn wir von einer Herzschwäche sprechen, dann pumpt das Herz nicht mehr richtig“, erklärte Prof. Dr. Andreas Luchner, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I, den mehr als 160 Zuhörern. „Meistens ist die linke Kammer, die Hauptpumpkammer des Herzens, betroffen. Die molekularen Ursachen sind nicht alle geklärt und Gegenstand intensiver Forschungen. Aber die Behandlung der Herzinsuffizienz hat im Laufe der letzten Jahrzehnte immense Fortschritte gemacht.“

Bei jedem zweiten Patienten mit einer Pumpschwäche liegt eine Durchblutungsstörung vor. „Wir schauen deshalb mittels Herzkatheter-Untersuchung nach, wie die Durchblutung ist und versuchen dann gegebenenfalls durch eine Erweiterung der Herzkranzgefäße oder durch Einsetzen eines Stents die Durchblutung zu verbessern“, so der Experte. „Manchmal ist auch ein Bypass nötig. Wenn wir die Durchblutung verbessern können, dann verbessert sich auch die Pumpschwäche automatisch.“

Auch Bluthochdruck und Blutzucker sind wichtige Faktoren: „Zu hoher Blutzucker kann den Herzmuskel schädigen. Und bei Bluthochdruck muss sich das Herz wahnsinnig anstrengen. Und wenn es sich ständig überanstrengen muss, dann nutzt es sich schneller ab.“ Ein Blutdruck unter 140 zu 90 sei in Ordnung.

Das Ziel bei der Behandlung einer Herzinsuffizienz: Dass die Pumpschwäche nicht weiter voranschreitet und die Pumpleistung, wenn möglich, wieder verbessert wird. Dafür stehen heutzutage verschiedene Medikamente zur Verfügung. „Nicht jeder muss alle Medikamente nehmen“, erklärte Prof. Dr. Luchner. „Die Kunst des Arztes ist es, für jeden Patienten individuell die richtige Mischung zu finden, die gut vertragen wird und die Pumpleistung stabilisiert und verbessert.“ Und dann müssen die Patienten ihre Medikamente natürlich konsequent einnehmen – das ist die Voraussetzung für die Wirksamkeit der Medikamente. „Falls der Patient den Eindruck hat, dass er die Medikamente nicht gut verträgt, dann sollte er mit seinem Arzt darüber sprechen und nicht einfach die Tabletten weglassen.“ Die richtigen Medikamente zu finden sei ein Punkt – wichtig sei es aber auch, schädliche Medikamente wegzulassen, so der Kardiologie-Chefarzt. Bestimmte Schmerzmittel beispielsweise können eine Herzpumpschwäche verschlechtern. „Ich rate dringend, mit dem Hausarzt abzusprechen, welche Schmerzmittel bei Herzschwäche verträglich sind“, so Prof. Dr. Luchner.

Bei der Therapie können die Patienten selbst übrigens in vielen Bereichen gut mithelfen. Bewegung ist ein wichtiger Punkt, vor allem leichtes Ausdauertraining. Auch die tägliche Gewichtskontrolle sollte zum Ritual werden. „Wenn das Körpergewicht innerhalb von drei Tagen plötzlich um mehr als zwei Kilo steigt, ist das häufig ein Anzeichen dafür, dass Wasser eingelagert wird. Dann muss schnell gegengesteuert werden.“ Alkoholgenuss sollte eingeschränkt und Zigarettenkonsum ganz eingestellt werden. Außerdem sollte die Ernährung ausgewogen sein: weniger Fleisch, viel Gemüse und Obst, mehr Kräuter dafür weniger Salz. „Das Salz ist ein wichtiger Faktor“, schilderte Prof. Dr. Luchner. „Denn Salz bindet im Körper viel Wasser und zu viel Wasser begünstigt eine Herzschwäche. Deshalb sollten Patienten auch darauf achten, nicht zu viel zu trinken: Zwischen eineinhalb und zwei Liter Flüssigkeit pro Tag lautet die Empfehlung bei Herzschwäche – dazu zählen aber auch der Kaffee am Morgen, die Suppe am Mittag oder das Bier am Abend.“ Auch ein Tipp vom Experten: Ein Herztagebuch führen: „Wer täglich Blutdruck misst und Auffälligkeiten notiert, hilft seinem Arzt dabei, Warnzeichen für eine Herzschwäche schon früh zu erkennen.“

Zuverlässige und seriöse Informationsquellen im Internet seien beispielsweise die Homepage der Deutschen Herzstiftung (www.herzstiftung.de), der Schweizer Herzstiftung (www.swissheart.ch) oder der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (www.heartfailurematters.org). Allen Zuhörern gab Prof. Dr. Luchner als Fazit mit auf den Weg: „Spielen Sie selbst eine aktive Rolle und verlassen Sie sich nicht auf die Medizin als ‚Reparaturbetrieb‘. Nehmen Sie Warnzeichen wahr und achten Sie auf Ihre Lebensführung und die zuverlässige Einnahme Ihrer Medikamente.“

Beim nächsten „Ratgeber Gesundheit“ am Klinikum geht es am Dienstag, den 12. Dezember, um das Thema „Möglichkeiten und Grenzen der Schlüsselloch-Chirurgie bei Frauen“. Referent ist Dr. Thomas Papathemelis, der Leitende Oberarzt der Klinik für Frauenheilkunde und Gynäkologie. Beginn ist wie immer um 18 Uhr im Speisesaal. Der Eintritt ist frei.

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