Famililenrezept seit 1934
Von Laufen in die weite Welt:

01.08.2017 | Stand 21.07.2023, 4:38 Uhr
−Foto: Foto: Gunnar Menzel

Paolo De Martins Opa hat den Aperitivo erfunden – der Enkel kreierte daraus ein Trend-Dosengetränk

Laufen. Ein Dorf in den Dolomiten, anno 1934. Eduardo de Martin mixt zusammen mit seiner Schwester, einem kundigen „Kräuterweiberl“, einen ganz neuen Aperitif aus Wein, Wasser und Kräutern. Den „SpriZZerò“ verkauft er in Fünf-Liter-Flaschen an die Bars in der Umgebung von Cortina d’Ampezzo – mit Erfolg. Bis heute ist das Familienrezept geheim, den SpriZZerò allerdings, den kennt mittlerweile jeder, der in In-Kneipen oder Aprés-Ski-Bars verkehrt.

Geheimes Familienrezept mit Kräutern und Wein

Diesen Erfolg verdankt das spritzige Getränk, das mittlerweile in peppigen Dosen verkauft wird, Eduardos Enkel Paolo De Martin, der zusammen mit seiner Familie in Laufen eine Eisdiele mit Restaurant betreibt.

Der gelernte Innendekorateur und Absolvent der Modeschule Istituto Marangoni in Mailand gestaltete 2008 aus dem alten Familienrezept einen modernen Aperitivo-Premix in eleganten Designer-Dosen. „Dosen waren damals ja gar nicht einfach, weil jeder Red Bull mit Dosen in Verbindung brachte, und keinen extravaganten Aperitivo“, erzählt Paolo De Martin.

Um sein späteres „In-Getränk“ an den Mann zu bringen, ließ er in einer österreichischen Abfüllanlage einmalig 50.000 Dosen produzieren. „Ich erinnere mich noch genau, wie das damals war“, so Paolo, „die Chefin der Abfüllanlage nahm mich in einen Raum voller Dosen verschiedener Hersteller mit. Von denen gibt es keinen einzigen mehr, warnte sie mich“.

Doch der Laufener, der in Salzburg den Sitz seiner Firma aufbaute, glaubte an seine Idee, sein „Baby“ und das Vermächtnis seines Opas. Mit den gekühlten Dosen im Gepäck ging es ans sprichwörtliche „Klinkenputzen“: „Das war am Anfang natürlich nicht einfach, keiner kannte mich und mein Getränk und ich hatte auch noch keine Ahnung, wie der Vertrieb so läuft“, erinnert sich der Italiener. „Erster großer Partner war die Stiegl-Brauerei, von dieser Zusammenarbeit habe ich sehr profitiert.“

Die ersten 50.000 Dosen verkauften sich gut, innerhalb von drei Jahren konnte Paolo de Martin den Absatz seines SpriZZerò auf 800.000 Dosen steigern. Verkauft wurde der „Spritz“ nur in der Gastronomie und später in Tankstellen. Über die Skihütten wurde das trendige Dosengetränk in ganz Österreich populär und ging von Italien nach Deutschland auf Erfolgskurs. Zwei Jahre später wurde Paolo darauf angesprochen, doch einen „Hugo“ zu kreieren, und die nächste Geschmacksrichtung war geboren. Inzwischen gibt es auch noch die Sorte Grapefruit-Hibiscus.

Weltkonzern Mumm kauft die ganze Marke

2015 erreichte den Laufener dann ein Telefonat der Firma Rotkäppchen/Mumm. „Sie wollten einen Gesprächstermin und ich dachte, der Konzern möchte sich als Importeur für Deutschland anbieten. Also fuhr ich nach Frankfurt und nach einer Werksführung gab es dann die Überraschung, denn sie wollten gleich meine ganze Firma und die Marke kaufen.“

Paolo De Martin bat sich Bedenkzeit aus. „Ich dachte, mein Opa würde sich im Grab umdrehen“, erzählt der kreative Kopf. „Ich habe dann mit meinem Vater über das Angebot gesprochen und er zerstreute meine Befürchtungen, er befürwortete den Verkauf sogar. Schließlich hatte ich jahrelang immer wahnsinnigen Druck und viele schlaflose Nächte, um die Firma am Laufen zu halten.“ Zwei Wochen brauchte der Spritz-Fachmann, bis die Entscheidung zum Verkauf fiel: „Ich habe es dann nicht nur wegen meiner Nerven, sondern auch für mein Kind getan. Schließlich wollte ich, dass das Getränk meines Großvaters bekannt wird, und ich selbst würde das nie in so großen Dimensionen schaffen wie Rotkäppchen/Mumm.“

An seinem Geburtstag im November 2015 wurde der Vertrag in Wien unterschrieben. „Allein 14 Anwälte hatte der Konzern aufgefahren, das war schon beeindruckend“, beschreibt Paolo die beste Entscheidung seines Lebens, wie er den Verkauf inzwischen nennt. „Am Tag danach war ich sehr erleichtert und positiv gestimmt. Man darf da kein Egoist gegenüber dem Produkt sein, und natürlich hat auch das Angebot gut gepasst“, schmunzelt de Martin.

Er ist mit „SpriZZerò“ übrigens immer noch eng verbunden, denn er steht nicht nur auf Messen, sondern auch in der Werbung als Original mit authentischer Geschichte hinter der Marke.

Was den Laufener besonders freut: „SpriZZerò hat inzwischen die Großstädte Deutschlands erobert.“ Es macht den 45-Jährigen richtig glücklich, wenn er seinen SpriZZerò in angesagten Bars findet oder an großen Plakatwänden vorbeifährt und sein SpriZZerò, der so viel Herzblut von ihm und seiner Familie beinhaltet, riesig groß darauf zu sehen ist ...

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