Schwarzkittel auf dem Vormarsch
Rottaler Tüftler haben Lösung gegen Wildschwein-Plage

08.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:28 Uhr
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Sie werden immer mehr: Wildschweine sind in manchen Regionen schon eine echte Plage. Eine Rottaler Firma hat ein Mittel gefunden, wie man sie fern hält.

ARNSTORF Sie vermehren sich und breiten sich in Europa immer weiter aus. Einige Länder, wie Polen, Tschechien oder Frankreich haben bereits massive Probleme mit Wildschweinen. In Brandenburg und in der Region um Berlin gehören die Borstentiere bereits in manchen Regionen schon zum Ortsbild. Der Mensch jagt ihnen schon längst keine Angst mehr ein. Noch sind Wildschweine bei uns kein großes Problem. Doch Experten wissen: Das ist nur noch eine Frage der Zeit. Eine Arnstorfer Firma hat eine Lösung gefunden, um die Wildschweine zu vertreiben.

Die intensive Landwirtschaft und die Klimaerwärmung bieten ideale Bedingungen für die Vermehrung der intelligenten Borstentiere. Wildschweine werden von vielen nur noch als „Plage“ bezeichnet, als Verursacher von Schäden auf landwirtschaftlichen Flächen und von Verkehrsunfällen.

Dabei haben sie durchaus eine wichtige Aufgabe: Wildscheine sind als Aasfresser die „Säuberungspolizei“ im Wald. Doch die Masse an Tieren ist nicht nur dem Menschen ein Dorn im Auge: Die Rotten müssen auf der Suche nach Lebensraum immer mehr in besiedelte Gegenden.

„Man wird in Zukunft damit leben und sch damit arrangieren müssen“, sagt Lutz Wudtke von der agrel GmbH, die Erzeugnisse für die Landwirtschaft vertreibt und sich in den letzten Jahren dem Thema Wildschwein intensiv gewidmet hat.

In der gesamten Bundesrepublik, so schätzt Wudtke, leben heute rund 5,5 bis 6 Millionen Wildschweine. „Das ist schon eine Hausnummer“, so Wudtke. In Bayern habe man alles noch relativ im Griff. Franken sei noch am ehesten betroffen. Doch auch weiter im Süden kündigen sich laut Wudtke bereits die Wildschweine an. „Sie drängen aus dem Norden und Tschechien zu uns“, weiß er. Von Flüssen lassen sich die Wildschweine dabei nicht aufhalten – sie schwimmen einfach hindurch.

Die Schäden nehmen inzwischen auch bei uns zu. Allein auf den Golfplätzen in Bad Griesbach lagen sie zuletzt im fünfstelligen Bereich. Lange wurde das Problem unterschätzt, inzwischen aber werden Maßnahmen getroffen: Die bayerischen Jäger haben im vergangenen Jagdjahr ihren Beitrag geleistet und 66.000 Stück Schwarzwild zur Strecke gebracht – Rekord!

Für Lutz Wudtke allerdings noch nicht ausreichend. Er plädiert dafür, mehr Laubbäume in den Wäldern anzupflanzen, damit die Tiere dort genug Futter finden. Somit würden sie in den eiweißreichen Böden und in den Silos der Landwirte nicht so viele Schäden anrichten. Auch breitere Grünstreifen zwischen Feld und Wald seien ein geeignetes Mittel.

Abschreckende Mittel, wie Geruchsstoffe, Lärm oder Elektrozäune würden die Wildschweine auf Dauer nicht davon abhalten, aus ihren Wäldern zu uns zu kommen, weiß Wudtke, bei agrel zuständig für die Forschung: „Sie gewöhnen sich daran oder brechen einfach mal durch den Zaun durch.“

Lutz Wudtke und seine Frau Marion C. Winter haben mit ihrer agrel GmbH ein anderes Mittel entwickelt, das effektiver sein soll. Es handelt sich dabei um Pellets mit natürlichen Geschmacksstoffen. Diese werden zum Beispiel an Stellen, wo die Wildschweine in das Feld eindringen, auf dem Boden im äußeren Feld verteilt. Wenn die Tiere die Pellets fressen, drehen sie kurz darauf durch.

„Der Geschmacksstoff löst bei ihnen eine Körperreaktion aus. So wie bei uns zum Beispiel scharfes Chili. Wir wissen, dass unser Mund vom Chili brennt. Die Wildschweine aber fühlen sich unwohl und wissen nicht warum. Sie fangen das Randalieren untereinander an – was der Leitbache aber nicht passt, denn sie hat für Ordnung in der Rotte zu sorgen. Wildschweine haben ein ganz starkes Sozialgebilde“, erklärt Wudtke.

Die Leitbache führt die Rotte dann vom Feld weg, weil sie denkt, dass in dieser Gegend irgendetwas nicht stimmt. Und die Rotte taucht dort dann auch nicht mehr auf. „Am besten, man kombiniert das mit einem Elektrozaun und Geruchsstoffen. So hat man einen wirksamen Schutz“, sagt Wudtke.

Im Feldversuch hat die agrel GmbH das Ganze erfolgreich getestet. Erstmals zum Einsatz kamen die Pellets mit dem Produktnamen Repelan bei einer Sternfahrt in Kulmbach. Dort sorgten die Wildschweine für immer mehr Verkehrsunfälle. „Seitdem dort unsere Pellets verwendet werden, hat es wesentlich weniger Unfälle gegeben. Die Wildschweine bleiben von Straße und Autobahn weg“, berichtet agrel-Geschäftsführerin Marion C. Winter.

BJV-Präsident Prof. Dr. Jürgen Vocke plädierte zuletzt für eine Zusammenarbeit aller, die daran interessiert sind, dass die Wildscheine nicht zum Problem werden. Dem stimmt Lutz Wudtke zu: „Alle müssen in eine Richtung an einem Strang ziehen.“ Die Jägerei sei mit den Abschüssen und Schwarz-Wild-Management-Konzept dran, geeignete Gegenmaßnahmen zu treffen, auch wenn die 66.000 geschossenen Wildschweine in Bayern nur „ein Tropfen auf den heißen Stein“ seien. Das Rottaler Unternehmen hilft dabei, dass Autobahnmeistereien und Landwirte ein Mittel haben, um Wildschweine fern zu halten.

Im Bild: Marion C. Winter (Mitte), ihr Mann Lutz Wudtke und Mitarbeiterin Andrea Bruckmeier zeigen die Patentlösung gegen die Schwarzkittel-Plage: Mit diesen Pellets vertreibt man Wildschweine.

Rottal-Inn