Pressekonferenz nach dem Urteil
„Das ist eine Blamage für die Staatsanwaltschaft!“

05.07.2019 | Stand 13.09.2023, 3:01 Uhr
−Foto: Foto: Ursula Hildebrand

Das Urteil ist gesprochen, die Begründung verlesen – und Joachim Wolbergs ist „einigermaßen erleichtert“. Trotzdem: Er weiß, dass es noch lange nicht vorbei ist. Die Staatsanwaltschaft hatte noch vor dem Ende der Urteilsbegründung angekündigt, Revision einzulegen – und auch Wolbergs‘ Anwälte werden diesen Schritt gehen. „Wir sind gewillt, dieses Urteil auf den Prüfstand zu stellen“, so Anwalt Peter Witting am Donnerstag, 4. Juli, auf einer Pressekonferenz.

REGENSBURG Wolbergs zeigte sich am Donnerstagabend wesentlich ruhiger, als er das während des Verfahrens teilweise war. Das Urteil hat wohl tatsächlich erste größere Steine vom Herzen fallen lassen. Entschuldigt hat sich Wolbergs für seinen Ausbruch in der Verhandlungspause nach dem Urteilsspruch. Er habe das Video gesehen, in dem er „ausgeflippt“ sei. „Das ist nicht ok, das soll nicht mehr passieren“, so Wolbergs. „Das war den Emotionen geschuldet!“

Mit dem Urteil an sich zeigte sich Wolbergs „sehr zufrieden“. Im Kern sei er verurteilt worden, weil er als Amtsträger in den Jahren 2015 und 2016 Parteispenden eingesammelt hatte, dies aber nicht gedurft hätte. Er habe dies nicht in krimineller Absicht getan, sondern weil er davon ausgegangen sei, dass er es dürfe. Nichtwissen schütze aber vor Strafe nicht. „Man hätte erwarten können, dass ich mir Rechtsberatung hole.“ Wolbergs gab zu bedenken, dass es in Wahlkämpfen Usus sei, dass auch amtierende (Ober-)Bürgermeister Spenden einsammeln. Man müsse also nun Rechtsicherheit herstellen – „für mich und andere“, aktuell sollten Amtsträger besser keine Spenden annehmen, man müsse sich grundsätzlich mit der Frage beschäftigen. Hierzu werde hoffentlich die geplante Revision beitragen. Die Rechtssprechung des BGH zum Thema Spenden an Amtsträger sei „lebensfremd“, so Rechtsanwalt Peter Witting. „Wer soll denn sonst die Spenden einwerben?“ Gerade in kleineren Kommunen werde es immer so sein, dass ein Amtsträger, der Spenden einsammelt, mit den Spendern in der kommenden Amtszeit das ein oder andere zu tun hat. Letztlich hält Witting daran fest, dass ein „klarer Freispruch“ die einzig richtige Entscheidung gewesen wäre.

In allen anderen Anklagepunkten, das stellte Wolbergs nochmal klar, habe es einen „1a-Freispruch“ gegeben: „Es ist festgestellt worden, dass es keinerlei Dienstvergehen gegeben hat, es ist festgestellt worden, dass es keine wissentlich privaten Vorteile gegeben hat, es ist explizit festgestellt worden, dass der Oberbürgermeister nicht käuflich war und dass es kein korruptives System gegeben hat“, so Wolbergs.

Zum Prozess selbst wiederholte Wolbergs das, was er schon öfter gesagt hat: Er sei der Kammer und der Vorsitzenden Richterin dankbar, wie sie das Verfahren geführt haben. Das Gericht habe sogar Aufgaben übernommen, die eigentlich die Staatsanwaltschaft hätte erledigen müssen. Die Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft, in Revision gehen zu wollen, sei verschickt worden, als die Urteilsbegründung noch nicht komplett verlesen war, „das ist eine Unverschämtheit“, so Wolbergs. „Wir haben hier keinen Justiz-Skandal, sondern einen Staatsanwaltschaftsskandal.“ Die Staatsanwaltschaft habe ihrem gesetzlichen Auftrag nicht entsprochen, führte Anwalt Witting aus. Wesentliche Erkenntnisse seien ausgeblendet worden, Entlastendes habe seitens er Staatsanwaltschaft keine Erwähnung gefunden. Rechtsanwältin Jutta Niggemeyer-Müller betonte, dass es nicht gelungen sei, bei der Staatsanwaltschaft Gehör zu finden – und das 59 Verhandlungstage lang. „Das ist eine Blamage für die Staatsanwaltschaft!“

Wie es politisch mit Wolbergs weitergehen soll, steht auch fest: Am Donnerstag hatte der Verein „Brücke – Ideen verbinden Menschen“, mitgeteilt, dass man mit Wolbergs in den OB-Wahlkampf gehen wolle.

Alle Infos zu den Ermittlungen und zum Prozess gibt es auf unserer Themenseite unter www.wochenblatt.de.

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