Ferienprogramm
Kinder aus Rattiszell machten in den Sommerferien Donau-Piratenausbildung auf der „Takatuka“-Insel

10.09.2020 | Stand 21.07.2023, 2:09 Uhr
−Foto: n/a

„Takatuka“ – Der Name klingt ein wenig abenteuerlich und es kann sich wohl niemand etwas richtig darunter vorstellen. So auch manche neuen Besuchergruppen nicht, die dieses Natur-Erlebnis-Programm das erste Mal auf sich wirken lassen.

Rattiszell. Im Rahmen eines Sommerferien-Programms durch den örtlichen Kinderförderverein ließen sich 25 Kinder im Alter von vier bis zwölf Jahren aus Rattiszell mit ihren Betreuerinnen auf dieses Abenteuer ein. „Takatuka“ steht für ein spannendes umweltpädagogisches Projekt, das gleichermaßen Naturabenteuer, Information und Spaß für Kinder, Jugendliche und Erwachsene bietet.

Mit einer so genannten „Donauzille“, einem kleinen Boot mit maximal zwölf Plätzen, ging es von der Anlegestelle am Deggendorfer Ruderhaus zur „Fischerdorfer Donauinsel“. Eine umfangreiche Ausbildung zu „Donau-Piraten“ in wilder Landschaft stand den Teilnehmern noch bevor – auf einer Insel, die nur mit dem Boot zu erreichen ist. Durchgeführt wird das Projekt vom Bund Naturschutz, Kreisgruppe Deggendorf, mit dem Ziel, den Wert der Donau-Auenlandschaft und die ökologischen Zusammenhänge der frei fließenden Donau zu vermitteln.

Nach der Ankunft auf der kleinen Insel begann für die Gruppe aus Rattiszell das abenteuerliche Programm. Dazu gehörte zum Beispiel das Klettern auf und über dicke Äste, ein Spaziergang durch die wilde Buschlandschaft der Donauinsel und eine Brotzeit auf einem großen Baumstamm. Jan, der Käpten der „Takatuka“, und die beiden Matrosinnen Luise und Waltraud, versäumten es dabei aber nicht, den „Nachwuchs-Donau-Piraten“ die wichtigsten Infos über die Donauinsel mit der Auenlandschaft und den Fluss näher zu bringen.

Insgesamt arbeiten immer circa zwölf Betreuer im Team am „Takatuka“-Projekt, als Kapitän ist zusätzlich ein Sportboot-Führerschein nötig, um das Boot auf die Insel fahren zu dürfen. Die Betreuer sind geschult für die naturkundliche Exkursion. Sie wissen Bescheid über die verschiedenen Pflanzenarten auf der Insel, wie man eine Brennnessel berühren kann ohne dass sie brennt und wo sich der Biber versteckt hält. Ein echtes Biberfell und Bibergebiss dürfen dabei nicht fehlen, um den interessierten Kindern diesen Nager vorzustellen. Wer sich einen Weg durch die verwilderte und wuchernde Auenlandschaft mit mannshohen Brennnesseln bahnen kann, gelangt an den Strand der „Fischerdorfer Insel“. Bei schönem Wetter besteht sogar die Möglichkeit, im ruhigen Wasser der Donau zu baden. An diesem Ferientag war es für die Rattiszeller Kinder leider zu frisch. Dafür wurden fleißig Muscheln gesammelt und Ketten daraus gebastelt. Anschließend halfen alle zusammen, sammelten Stöcke für das Stockbrot und Steine für den Grill, der für den meist großen Hunger sofort angeheizt und mit Bratwürsten belegt wurde. Wie es sich für echte Piraten gehört, muss zum Abschluss des erlebnisreichen Tages noch ein Schatz gefunden werden. Anschließend gab es für jeden Teilnehmer noch eine Piraten-Urkunde mit der Ernennung zum „Donaupiraten auf Lebenszeit“ – zusammen mit der Erinnerung an diesen schönen Tag, den gewonnenen Eindrücken und nachhaltigen Erlebnissen.

Start des „Takatuka“-Projekts war 1999 – Antriebsfeder der Widerstand gegen den Donauausbau. Sinn des Projektes ist nach wie vor der Erhalt des wertvollen Lebensraums Donauaue und diesen auch über Jahre hinweg den Menschen näherzubringen und darüber zu informieren. Die „Takatuka“-Saison beginnt jedes Jahr Mitte Juli und endet Anfang Oktober – zumindest solange, wie Spenden ausreichen, die Kosten dieses Projekts zu tragen. Denn auf Spenden ist der Bund Naturschutz angewiesen, um das umweltpädagogische Programm auch weiterhin anbieten zu können, denn dieses ist an sich kostenlos. Viel Arbeit steckt hinter dem Projekt. Neben der jährlichen Beantragung der Ausnahmegenehmigung für die Nutzung der Insel, welche als geschützter Landschaftsbestandteil ein wertvoller Lebensraum insbesondere für Wasservögel ist, gehört auch die Organisation und Terminvergabe der vielen unterschiedlichen Besuchergruppen dazu. Chefkapitän und Diplom-Geograph Norbert Bieber kümmert sich vorrangig um die Durchführung des „Takatuka“-Projekts. Da aufgrund des Betretungsverbots der Insel, während der Brut- und Überwinterungszeit der Vögel, die „Takatuka“-Termine begrenzt sind, konzentrieren sich auf diese wenigen Termine relativ hohe Projektkosten. Die Pacht für die Nutzung der Insel und des Bootssteges, der Unterhalt des Schiffes und Verwaltungskosten – dies alles muss bezahlt werden. Ein Tag auf der „Takatuka“-Insel kostet den Bund Naturschutz umgerechnet 500 Euro. Dieses Jahr stiegen die Kosten bedingt durch Corona noch weiter an, da ein Hygienekonzept ausgearbeitet werden musste, dies natürlich einen erheblichen Mehraufwand bedeutete, aber leider anfangs nicht alle Termine stattfinden konnten. Staatliche Förderung gibt es dabei für dieses Projekt wenig. Finanziert wird das Projekt hauptsächlich aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen, unterstützt durch den Kreisjugendring im Rahmen der Jugendförderung sowie einem Umweltfonds des Umweltministeriums. Die Donauzille „Takatuka“, ein mittlerweile fast 50 Jahre altes ehemaliges Patrouillenboot aus DDR-Zeiten, stammt aus dem Gebiet der Mecklenburgischen Seenplatte und wurde mittlerweile schon mehrmals renoviert.

Gebucht werden kann ein Halbtags- oder ein Ganztags-Programm, abhängig von der Teilnehmerzahl. Angesprochen sind Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendgruppen, Behindertengruppen, Familien und natürlich auch interessierte Erwachsene. Da fast jede Saison mit insgesamt etwa 1.000 Teilnehmern ausgebucht ist, laufen zum Anmeldestart jedes Jahr nach den Weihnachtsferien die Telefone beim Bund Naturschutz in Deggendorf heiß, so Weinberger-Dalhof, die für die Terminabwicklung zuständig ist. Wer keinen der begrenzten Termine mehr bekommt, kann auf das nicht minder interessante Projekt „Schatzkiste Donau“ zurückgreifen, welches flexibel an einem „Donaustrand“ zwischen Reibersdorf und Vilshofen gebucht werden kann.

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