Afrikanischen Schweinepest
Der Landkreis Regensburg richtet dezentrale Sammelstellen für Wildschweinkadaver und Aufbrüche ein

20.04.2018 | Stand 20.07.2023, 16:53 Uhr
−Foto: n/a

Der Landkreis Regensburg hat ein Konzept für die flächendeckende Sammlung und Entsorgung von Aufbruch (Schlachtabfälle) beziehungsweise Tierkörpern von Wildschweinen erarbeitet, das der Vorbeugung der Ausbreitung der Afrikanischen Schweinepest (ASP) dienen soll.

LANDKREIS REGENSBURG Landrätin Tanja Schweiger, der Leiter des Veterinäramtes, Dr. Reinhold Schoierer, sowie der Leiter des Sachgebiets für öffentliche Sicherheit und Gewerbewesen, Karl Frank, haben die Maßnahmen am Mittwoch in einem Pressegespräch erläutert. Zudem haben sie die für den potenziellen Seuchenfall einzusetzende mobile Sammelstelle vorgestellt. Am Pressetermin nahmen weiterhin der Vorsitzende der Landesarbeitsgemeinschaft der Jagdgenossenschaften und Eigenjagdbesitzer (ARGE) im BBV, Albert Robold, BBV-Kreisobmann Johann Mayer und der Vorsitzende des Bezirksjagdverbandes Regensburg, Wolfgang Kemnitz, teil.

Auf Anregung von Landrätin Tanja Schweiger hat der Kreisausschuss in seiner letzten Sitzung beschlossen, einmalig die Kosten zur Aufstellung dezentraler Sammelbehälter zu übernehmen. Weil der Freistaat nur im Seuchenfall dafür Geld zur Verfügung stelle, hätten die Jäger als Anlieferer bei der Tierkörperverwertung selbst für die Kosten aufkommen müssen. Dies sei aus Sicht des Landkreises nicht zielführend, weswegen dieser die anfallenden Kosten übernehme, so die Landrätin.

Gute Zusammenarbeit zwischen Landwirten, Jägerschaft und Landratsamt

Ein „gutes Miteinander“ sei das Effizienteste, was man im Moment auf Landkreisebene gegen eine Ausbreitung der Seuche tun könne, so Kreisobmann Johann Mayer. Er lobte daher die Initiative des Landkreises, als einer der ersten in Bayern, den Jägern die Möglichkeit einer Sammelstelle sowie die kostenlose Entsorgung zu bieten. Die Zusammenarbeit zwischen Landratsamt, Jägerschaft und Landwirten sei hervorragend, so der Kreisobmann.

Reine Vorsichtsmaßnahme

Bei der Initiative handelt es sich jedoch um eine Vorsorgemaßnahme gegen die ASP. Derzeit gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass das Virus den Landkreis bereits erreicht hätte. Weil das Virus direkt über Tierkontakte oder indirekt, zum Beispiel über Fleisch oder Wurst von infizierten Tieren, übertragen wird, können jedoch schon unachtsam entsorgte Reste von virushaltigem Reiseproviant aus Polen oder Tschechien ausreichen, um die Seuche einzuschleppen.

Wie funktioniert das System mit den „Jägersammelstellen“?

Pro Revier/Reviergemeinschaft soll ein Behälter genutzt werden, die Anschaffungskosten liegen bei jeweils 60 Euro. Im Landkreis gibt es derzeit 290 Reviere, es wird mit einer Teilnahme von 100 bis 150 Revieren gerechnet. Zusätzlich übernimmt der Landkreis rückwirkend zum 01. Januar 2018 bis Jahresende die Kosten für die Abholung der Tierkadaver durch den Zweckverband für Tierkörper- und Schlachtabfallbeseitigung (ZTS Betriebe). Die Gebühr beträgt 25 Euro pro Abholung. Die Teilnahme an diesem Verfahren ist freiwillig. Die Maßnahme soll die Gefahr einer unkontrollierten Krankheitsverbreitung durch Verschleppung vermindern. Die Sammlung über die dezentralen Sammelbehälter gilt nicht für den Seuchenfall, dann werden zentrale Sammelstellen mit umfassender Desinfektion eingerichtet.

Wie wird das Ganze organisiert?

Die genormten Abfallbehälter mit Deckel (120 bzw. 240 Liter) müssen von den Revierinhabern selbst besorgt werden. Nach Vorlage der Rechnung übernimmt der Landkreis die Kosten (Höchstgrenze 60 Euro). Die Behälter sind an einem gut anzufahrenden Ort aufzustellen, der möglichst nahe einer Wildkammer beziehungsweise einer sonstigen Aufbrucheinrichtung liegt. Die Abholung der Behälter erfolgt nach telefonischer Vereinbarung durch den Zweckverband für Tierkörper- und Schlachtabfallbeseitigung. Die anfallenden Gebühren werden ebenfalls vom Landkreis nach Vorlage entsprechender Nachweise erstattet.

Verhütung der Ausbreitung von Tierkrankheiten in der Wildtierpopulation ohne Sammelstelle

Revierinhaber, die keine Sammelstelle einrichten wollen, sollten den Aufbruch an Ort und Stelle vergraben (30-50 cm tief) und mit Löschkalk bedecken. Im Falle von Fallwild mit unklarer Todesursache wäre eine Mitteilung an das Veterinäramt zur Probenahme für das ASP-Monitoring und die Kennzeichnung der Fundstelle sehr hilfreich.

Anschaffung einer mobilen zentralen Sammelstelle für den Seuchenfall

Bei Verdacht oder Ausbruch der ASP müssen verendete Wildschweine und der Aufbruch erlegter Wildschweine zentral an einem Ort gesammelt, beprobt und dann an die Tierkörperbeseitigungsanlage gebracht werden. Da nicht vorhersehbar ist, wo die Seuche auftreten könnte und somit eine größere Zahl von Sammelstellen im Landkreis vorgehalten werden müssten, um diese dann möglichst schnell und nah am Seuchengeschehen zu haben, hat sich das Landratsamt entschieden, eine sogenannte mobile Sammelstelle anzuschaffen. Diese besteht aus einem gebrauchten Kühlanhänger, der rasch an eine vom Landratsamt bereits vorab ausgesuchte Kläranlage oder einen Bauhof nah am Ort des Geschehens gebracht und dort eingesetzt werden kann. Kadaver und Aufbrüche müssen dann bei dieser Kläranlage beziehungsweise am Bauhof abgeliefert und im Kühlanhänger in Abfalltonnen bis zur Abholung gelagert werden. Der Kühlanhänger ist mit einem Handwaschbecken ausgestattet. Für die Reinigung und Desinfektion von Flächen, Geräten und Fahrzeugen kann zum Beispiel ein Hochdruckreiniger verwendet und das Reinigungswasser direkt über die Kläranlage sicher entsorgt werden. Auf Grund der Einzäunung dieser Einrichtungen ist die notwendige Absicherung gewährleistet. Zudem ist Personal bei Anlieferung beziehungsweise Abholung vor Ort. Der Anhänger wird demnächst samt Equipment von der Regierung der Oberpfalz nach tierischem Nebenprodukterecht zugelassen werden.

Weitere Maßnahmen in Sachen Prävention: Weitgehende Reduktion der Schwarzwildbestände sowie eine Verbesserung der Biosicherheitsmaßnahmen bei Schweinezucht- und Mastbetrieben – laut Meldung des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI) wird das Risiko des Ausbruchs der ASP in Deutschland angesichts der aktuellen Entwicklung in Osteuropa als hoch eingestuft. Die Wahrscheinlichkeit einer Einschleppung der ASP in die Schwarzwildpopulation ist größer als ein Ersteintrag bei Hausschweinen. Oberste Ziele aller Maßnahmen, die Bund, Länder und Landkreise derzeit planen und einführen sind daher die weitgehende Reduktion der Schwarzwildbestände, um die Ausbreitungsgefahr im Seuchenfall zu verringern sowie eine Verbesserung der Biosicherheitsmaßnahmen bei Schweinezucht- und Mastbetrieben (Schweinehaltungshygiene-Verordnung).

Darüber hinaus werden im Bereich des Jagdrechts folgende Maßnahmen umgesetzt: Gebührenfreiheit für die Anordnungen zur Verkehrssicherung bei Drückjagden, Gebührenermäßigung bei den Trichinenproben, Aufhebung der Schonzeit für Schwarzwild (ist seit dem 14. März 2018 bundesweit aufgehoben). Es gilt nur noch das Verbot, führende Bachen zu bejagen (Schutz der „notwendigen Elterntiere“ § 22 Abs. 4 Satz 1 BJagdG!), Intensivierung des ASP/AK-Monitorings, Aufwandsentschädigung für Probenentnahme bei verendet aufgefundenem Fallwild (20 Euro), Antragstellung über den BJV, Formulare unter www.jagd-bayern.de, Abschussprämie für das Erlegen von Frischlingen, weibliche Überläufern und Bachen (20 Euro), Antragstellung über den BJV, Zulassung der Nachtzieltechnik in besonders begründeten Fällen, Kirrkonzepte erarbeiten und mit Reviernachbarn abstimmen (Kirren sind Futterstellen, die zum Zwecke des Abschusses von Wildschweinen angelegt werden).

Folgende Maßnahmen sind in Vorbereitung: Geeignete Maßnahmen zur verstärkten Bejagung können angeordnet werden (§ 3a Schweine Pest Verordnung), Vermarktung von Wildfleisch soll vom Bund gefördert werden, KULAP soll überarbeitet werden (Bejagungsschneisen, Anbauverzicht), stärkere Eingriffsmöglichkeiten (z. B. Jagdverbote, Ernteverbot, Betretungsverbote etc.), ASP-Gesetz (Bund).

Weitere Präventionsmaßnahmen finden sich im Internet unter www.landkreistag.de. Informationen für Jäger finden sich auf der Homepage des Bayerischen Jagdverbandes unter www.jagd-bayern.de.

Hintergrund: Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine fieberhafte, hoch ansteckende Virus-Erkrankung der Schweine (Haus-und Wildscheine) mit seuchenhaftem Verlauf und hoher Sterblichkeit. Sie ist daher anzeigepflichtig. Das Virus ist für Schweine hoch ansteckend, leicht übertragbar (z. B. auch durch Hunde und Katzen) und sehr langlebig. Für den Menschen und andere Haustierarten ist die ASP nicht gefährlich. Selbst der Verzehr infizierten Schweinefleisches birgt kein gesundheitliches Risiko.

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