Landestreffen zur Flora von Bayern
Auf der Zielgeraden zur neuen Flora von Bayern

20.04.2018 | Stand 20.07.2023, 11:32 Uhr
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Zum achten Mal trafen sich am 14. April zum jährlichen „Tag der Bayernflora“ Personen, die sich für das große Gemeinschaftsprojekt eines zeitgemäßen Werks über die Farn- und Blütenpflanzenwelt Bayerns engagieren oder interessieren.

PASSAU Während Klimawandel, Glyphosat und Insektensterben in aller Munde sind, erfassen die meist ehrenamtlichen Mitarbeiter landauf, landab den Zustand der Pflanzenwelt zwischen Verlust und Neophyteninvasion.

Vom Wildpflanzen-Liebhaber bis zum Botanikprofessor waren diesmal gut 50 Leute aus allen Teilen Bayerns im Kulturmodell der Stadt Passau versammelt, um einschlägige Fachvorträge zu hören und sich auszutauschen. Veranstalter waren die von der Regensburgischen und der Bayerischen Botanischen Gesellschaft getragene Arbeitsgemeinschaft „Flora von Bayern“ und der Naturwissenschaftliche Verein Passau.

Das Vorhaben wird großenteils von Ehrenamtlichen gestemmt und von staatlicher Seite unterstützt, nämlich vom Landesamt für Umwelt und der Botanischen Staatssammlung München.

Prof. Dr. Jörg Ewald vom Vorstand der Bayerischen Botanischen Gesellschaft eröffnete die Tagung mit einem Dank an die Stadt Passau für die Gastfreundschaft und übergab das Wort an Bürgermeister Mangold, der die Gäste willkommen hieß und auf die reiche Naturausstattung Passaus sowie die städtischen Leistungen für die Sicherung einer vielfältigen Pflanzen- und Tierwelt verwies, so durch die Renaturierung und Pflege des Erdbrüst-Feuchtgebiets und die Bestimmung von Teilen der Stadtwälder zu Naturwaldparzellen.

Den ersten Fachvortrag hielt Dr. Willy Zahlheimer vom Naturwissenschaftlichen Verein Passau, der schon am Vortag Angereiste zu botanischen Raritäten im Stadtgebiet geführt hatte. Er erläuterte die engmaschig angelegte Kartierung der Pflanzenarten, die eine solide Basis für das überfällige Werk einer Regionalflora für den Großraum Passau schaffen sollen. Anhand ausgewählter Verbreitungsbilder präsentierte er das Projekt als Beitrag zu einer modernen Heimatkunde, die örtliche Besonderheiten mit dem Bewusstsein für Pflanzenwanderungen und Veränderung verbindet.

Prof. Michael Hohla aus Obernberg stellte die Ergebnisse seiner biographischen Studien über zwei Personen dar, die im 19. Jahrhundert unter Anderem wichtige Beiträge zur Erforschung der Pflanzenwelt am unteren Inn leisteten: den bisher unbekannten Braunauer Johannes Rauscher und den Simbacher August Loher. Die Beschreibung seines Lebens in der einschlägigen Literatur weist grobe Fehler auf.

Thomas Gregor von der Gesellschaft zur Erforschung der Flora Deutschlands berichtete über die Ergebnisse zellbiologischer Analysen an von den Ehrenamtlichen eingeschicktem frischem Pflanzenmaterial von Arten, die nach optischen Merkmalen kaum unterscheidbar sind. Die Verbreitungsverhältnisse in Bayern konnten damit aufgehellt werden.

Den sehr weit fortgeschrittenen Stand der Zusammenführung von rund 14 Millionen Datensätzen mit Pflanzenfundorten der Florenkartierern, aus der Biotop- und Artenschutzkartierung sowie der Literatur- und Herbarauswertung zeigte Marcel Ruff vom Landesamt für Umwelt (LfU) auf. Außerdem erläuterte er das Online-Werkzeug für die bevorstehende Datenkorrektur und Alternativen zur Gestaltung von Verbreitungskarten für die einzelnen Arten.

Dr. Andreas Zehm, gleichfalls vom LfU, zeigte auf, was von dort aus derzeit unternommen wird, um zum Fortbestand unserer Flora beizutragen – von der fachlichen Begleitung der Pflege botanisch herausragender Gebiete über die Kartierung vom Aussterben bedrohter Arten, die Unterstützung von Forschungsprojekten zur Wiederansiedlung und die Fortschreibung der Roten Listen bis zur Herausgabe von Artenschutz-Merkblättern.

Die Konsequenzen aktueller Forschungsergebnisse zur genetischen Verwandtschaft der Wicken, Linsen, Erbsen und Platterbsen für deren Zuordnung im System der Pflanzen und für die wissenschaftlichen Artnamen waren das Thema von Prof. Dr. Hanno Schaefer von der Technischen Universität München.

Die Tagung schloss Prof. Lenz Meierott als Hauptakteur einer neuen Flora von Bayern mit einem Überblick der eindrucksvollen Zahlen kartierter Pflanzenarten in den etwa 2000 jeweils rund 33 km² großen Kartenfeldern Bayerns. Nachdem nun die Gelände- und Auswertungsarbeiten für das Florenprojekt beendet worden sind, sollen bis Herbst die noch ausstehenden Datenpakete in die zentrale Datenbank importiert werden. Es folgen die Korrektur der Daten durch erfahrene Flora-Experten, Entscheidungen über die Behandlung unbefriedigender Verbreitungskarten und das Abfassen von Texten. Wenn alles glatt läuft, könnte Ende 2020 die Druckfassung der neuen Flora von Bayern stehen.

Passau