Durchsuchung
Verdacht: 26-jähriger Tundesier könnte an Anschlag in Berlin beteiligt gewesen sein

11.07.2017 | Stand 03.08.2023, 6:50 Uhr
−Foto: Foto: © 2016 AFP

Die Bundesanwaltschaft hat am Dienstag, 3. Januar, aufgrund eines Beschlusses des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs die Unterkunft eines 26-jährigen tunesischen Staatsangehörigen in einem Flüchtlingsheim in Berlin durch Beamte der Bundespolizei und des Bundeskriminalamtes durchsuchen lassen. Er steht im Verdacht, an dem Anschlagsgeschehen auf dem Weihnachstmarkt am Breitscheidplatz in Berlin beteiligt gewesen zu sein.

BERLIN/KARLSRUHE Nach den bisherigen Erkenntnissen kannten sich Amri und der Beschuldigte spätestens seit Ende 2015. Aufgrund eines Hinweises konnte rekonstruiert werden, dass beide sich noch am Vorabend des Anschlagstages, am 18. Dezember 2016, gegen 21 Uhr in einem Restaurant in Berlin-Mitte, Ortsteil Gesundbrunnen, getroffen und intensiv unterhalten haben. Vor diesem Hintergrund ergab sich der Verdacht, dass der Beschuldigte in die Tat eingebunden gewesen sein könnte, zumindest aber von Anschlagsplänen Amris gewusst haben könnte. Bei der Durchsuchung wurden unter anderem Kommunikationsmittel sichergestellt, die derzeit ausgewertet werden. Die gegen den Beschuldigten bestehenden Verdachtsmomente reichen derzeit nicht für einen dringenden Tatverdacht aus. Die Bundesanwaltschaft hat gegen ihn daher keinen Haftbefehl beantragt. Allerdings wurde der Beschuldigte Dienstag in einem Verfahren der Staatsanwaltschaft Berlin vorläufig festgenommen und am Mittwoch dem dortigen Ermittlungsrichter vorgeführt, der Haftbefehl erlassen und den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.

Darüber hinaus wurde gestern ein weiterer Durchsuchungsbeschluss des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs vollstreckt. Diese Durchsuchung bezog sich auf einen früheren Mitbewohner von Anis Amri. Mit ihm teilte sich Amri seit Herbst 2016 ein Zimmer in Berlin-Mitte, Ortsteil Gesundbrunnen. Er kommt daher als Zeuge in Betracht. Die Auswertung von Amris Mobiltelefon hat ergeben, dass er am Vor- und Nachmittag des Anschlagstages versucht hat, den Zeugen zu erreichen. Ob es tatsächlich zu einem Gespräch kam, ist derzeit noch offen. Bei der Durchsuchung wurden Kommunikationsmittel des Zeugen sichergestellt, die derzeit ausgewertet werden.

Zum Stand der weiteren Ermittlungen kann derzeit Folgendes mitgeteilt werden:

Am Tattag hielt sich Anis Amri den bisherigen Erkenntnissen zufolge am Nachmittag am Friedrich-Krause-Ufer in Berlin auf. Das war der Standort des Lkws, den er später als Tatmittel benutzte. Anschließend suchte Amri die Fussilet-Moschee in der Perleberger Straße auf. Gegen 19.30 Uhr kehrte er zum Friedrich-Krause-Ufer zurück.

Nach dem gegenwärtigen Erkenntnisstand erfolgte die tödliche Schussabgabe auf den polnischen Lkw-Fahrer am Friedrich-Krause-Ufer. Der Lkw war dort entgegen der Fahrtrichtung am Seitenstreifen geparkt. Die Fahrertür zeigte zum Spreeufer. Die Spurenbild spricht dafür, dass die Schussabgabe aus Richtung der Fahrertür erfolgte. Es wurden Schmauchspuren an der Gummileiste der geöffneten Fahrertür festgestellt. Zudem wurde am Standort des Lkws eine Patronenhülse aufgefunden. Diese passt zu der in Italien sichergestellten Waffe.

Nach dem Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung haben sich bislang keine Hinweise dafür gefunden, dass sich zum Tatzeitpunkt eine dritte Person in der Fahrerkabine aufgehalten hat.

Anhand der GPS-Daten des LKW konnte die Route vom Friedrich-Krause-Ufer zum Anschlagsort nachverfolgt werden. Sie führte über die Budapester Straße die Hardenbergstraße und den Ernst-Reuter-Platz zurück über die Hardenbergstraße zum Breitscheidplatz.

Kurz nach dem Anschlag wurde eine männliche Person im Bereich Bahnhof Zoo von einer Videokamera aufgezeichnet. Nach dem gegenwärtigen Stand der Ermittlungen ist davon auszugehen, dass es sich um Anis Amri handelt. Die Bilder legen nahe, dass Amri wusste, dass er aufgezeichnet wird. Er zeigt den so genannten Tauhid-Finger das ist ein erhobener Zeigefinger in die Richtung der Kamera.

Nach Erkenntnissen der niederländischen Behörden war Amri am 21. Dezember gegen 11.30 Uhr am Bahnhof in Nimwegen/NL und anschließend gegen 13.20 Uhr am Bahnhof in Amsterdam. Er soll dort jeweils von Überwachungskameras aufgezeichnet worden sein.

Nach einer Vorabinformation der italienischen Behörden ist die in Berliner Tatwaffe identisch mit der in Italien. Das ergab ein Abgleich der Geschosshülsen. Gegenstand der Ermittlungen ist nunmehr die Frage, wie Amri in den Besitz der Waffe gekommen ist.

Regensburg