Altes neu aufwerten
Vintage-Räder: Zum Fahren viel zu schade, oder?

19.10.2021 | Stand 02.11.2021, 13:29 Uhr

Erstklassig erhaltene oder restaurierte klassische Rennräder großer Marken gibt nicht zum Schnäppchenpreis.- Foto: Fabian Hoberg/dpa-tmn

Historische Rennräder erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Interessenten sollten aber ein paar Dinge beachten, bevor sie sich auf einen alten Sattel schwingen.

Modelle wie PX10 oder Monaco von Peugeot oder generell Marken wie Bianchi, Colnago, Singer oder René Herse: Namen, bei denen Rennrad-Fans leuchtende Augen bekommen. Was ist dran an der Lust am alten Rad? Georg Zeppin sieht durchaus einen wachsenden Markt für Vintage-Fahrräder. «Neben Rennrädern können das normale Fahrräder aus den 1950er- oder 1960er-Jahren sein, wie von Miele oder Opel, historische Mountainbikes, BMX- oder Bonanza-Räder», sagt der Sammler und Redakteur vom Fahrradmagazin «Karl».

Je älter das Rad, umso schwieriger

Die meisten Sammler suchen jedoch historische Rennräder aus Italien oder Frankreich. Dazu zählen unter anderem Bianchi, Colnago oder Peugeot. Aber auch deutsche Marken wie Hercules, Miele oder Diamant können Sammler begeistern. Grundsätzlich rät Zeppin, das Rad nur in der Rahmengröße zu kaufen, die einem selbst passt. Auch sollte der Rahmen nicht gestaucht, verbogen oder durchgerostet sein. «Wenn nur der Lack abgenutzt ist oder das Rad kleinere Roststellen aufweist, lässt es sich gut restaurieren», sagt er. Je älter das Rad, umso schwieriger wird die Teilebeschaffung.

Die Vorlieben der Sammler gehen auseinander: Manche lieben vollrestaurierte Räder in Neuzustand, andere mögen dagegen Patina und eine möglichst berühmte Historie. Zeppin: «Es kommt stark auf die Vorlieben und die spätere Nutzung an. Will ich das Rad selbst fahren oder nur im Wohnzimmer präsentieren?». Zu finden sind Vintage-Räder auf Onlineplattformen, auf Flohmärkten und in speziellen Radläden. Auch Veranstaltungen wie L'Eroica in Italien, Eroica Germania, In Velo Veritas in Wien, Tretro in Sinsheim oder Velo Classico in Schloss Rumpshagen seien immer einen Besuch wert.

Auch bei Fahrrädern gibt es Fälschungen

Robert Witte aus Potsdam sammelt und restauriert seit rund sechs Jahren historische Fahrräder und hat kürzlich ein Ratgeberbuch über Vintage-Fahrräder veröffentlicht. «Angefangen hat es mit meinem Instagram-Kanal Vintage Velorian, auf dem ich gezeigt habe, wie ich historische Rennräder restauriere», sagt er. «Dann habe ich immer mehr Anfragen dazu erhalten, wie Interessenten einen Klassiker finden und erkennen.» Denn auch auf dem Radmarkt gebe es Fälschungen, nicht jedes Rennrad sei tatsächlich auch eins. «Rennräder besitzen an Gabel oder Rahmen keine Aufnahmen für einen Dynamo. Die Ausfallenden, also die Aufnahmen der Achsen am Rahmen, besitzen keine Bohrungen für Schutzblechhalterungen», sagt Witte.

Schäden lassen sich manchmal gut erkennen

Um Rahmenschäden wie Stauchungen zu erkennen, empfiehlt Robert Witte, mit der Hand den Rahmen direkt hinterm Steuerrohr zu kontrollieren. Leichte Wellen oder abplatzender Lack geben ebenso meist Aufschluss über einen Totalschaden wie Risse im Bereich des Tretlagers. Rost im Innenrohr erkennt man, indem man die Sattelstütze abnimmt. «Wenn die sich nicht bewegt, ist der Rahmen meist hin», sagt er. Hingegen lassen sich optische Mängel einfach beheben und Ersatzteile besorgen.

«Es gibt viele kleinere Radschmieden aus Italien, die hochwertige Rennräder gebaut haben. Aber auch deutsche Manufakturen wie Hugo Rickert oder Albuch Kotter sind für Sammler interessant», sagt Witte. Bei den Touring-Rädern gebe es schöne Modelle von Diamant, Hercules, Wanderer oder Dürkopp. Günstige historische Fahrräder finden Radliebhaber von Gazelle oder Batavus. «Die wurden in hohen Stückzahlen hergestellt und die Qualität ist gut», sagt Witte. Modelle zwischen 1980 und Ende der 1990er Jahre bieten eine gute Ersatzteilversorgung und Hobbyschrauber können viel selbst machen. Räder, Ersatzteile, Werkzeug, Infos und Gleichgesinnte sucht und findet der Experte in sozialen Medien wie Facebook.

Spezielle von Profis gefahrenen Modelle können zwar fünfstellig kosten, sagt Witte, doch auch zwischen 200 und 500 Euro starten je nach Zustand laut Experten schöne Rennräder aus den 1980er Jahren. Italienische Spitzenmodelle kosten auch mal 2500 Euro und mehr, so Georg Zeppin. «Als Wertanlage taugen historische Rennräder aber selten», sagt er. «Sie dürfen daher auch ab und an wie normale Fahrräder eingesetzt werden.» Für ihn heißt das: jedes Rad mindestens einmal im Jahr bei Sonne und trockener Straße bewegen.