„Bist Du schwul?“
Zwei Jahre und sechs Monate für Tritte auf den Kopf

12.03.2019 | Stand 13.09.2023, 0:36 Uhr
−Foto: Foto: Eckl

Übergriff vor der Disko – zwei Brüder standen am Dienstag, 12. März, für eine Prügel-Attacke vor der Disko Mylo vor dem Schöffengericht. Der eigentliche Aggressor aber wurde freigesprochen, sein Bruder muss weiter in Haft bleiben.

REGENSBURG Der Fall hatte für Schlagzeilen gesorgt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, 7. Auf 8. Juli, kam es auf einem Parkplatz in der Nähe der Diskothek Mylo zu einem brutalen Übergriff. Die Polizei und die Staatsanwaltschaft entschieden sich damals sogar, mit Fahndungsfotos auf die Suche nach den mutmaßlichen Tätern zu gehen. Daraufhin stellten sich zwei Brüder und räumten ein, die Gesuchten zu sein.

Am Dienstag, 12. März, standen nun die zwei junge Männer vor dem Schöffengericht. Sie sind allerdings nicht wegen versuchten Totschlags, sondern nur wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt.

Laut Anklage feierte der Geschädigte seinen Junggesellenabschied, er wartete vor dem „Fressnapf“ in der Nähe der Disko auf ein Taxi, neben ihm ein Bekannter. Die beiden Angeklagten – ein damals 20-Jähriger und sein damals 17 Jahre alter Bruder – sahen offenbar die beiden Männer auf dem Boden sitzen. Dann kam es zum Wortgefecht: Wegen des lila T-Shirts soll der jüngere Bruder das Opfer gefragt haben, ob er schwul sei. Dabei ist klar: Das Opfer dieser Tat hatte lediglich ein lilafarbenes T-Shirt an, was offenbar reichte, um brutal geprügelt zu werden. Als der junge Mann nicht reagierte, sei der junge Mann dicht an ihn herangetreten und habe seinen Kopf in dessen Genitalbereich gezogen mit der Frage, ob er ihm „einen blasen“ wolle. Die Situation eskalierte, es kam zum Gerangel. Das 24-jährige Opfer rang den Angreifer zu Boden. In der Zwischenzeit war der ältere Bruder herbeigeeilt und hatte das Opfer zu Boden geschlagen. Dort trat ihm der 20-Jährige massiv mit dem Schuh gegen den Kopf.

Vor Gericht zeigten sich beide Brüder nun weitgehend geständig. Der ältere Bruder sitzt derzeit noch in Untersuchungshaft, ließ über seinen Anwalt Michael Haizmann erklären, dass ihm das Geschehene sehr leid tut. Auch zahlte der junge Mann eine ungewöhnlich hohe Entschädigung. 11.800 Euro zahlte der junge Mann insgesamt an das Opfer.

„Ich kann mir selbst nicht verzeihen. Ich hätte mir nie gedacht, dass ich so etwas mache“, sagte er auf Befragen der Richterin.

„Ich habe nichts gegen Homosexuelle“

Sein jüngerer Bruder schilderte vor Gericht, dass er sich nicht erklären kann, warum er den dort sitzenden Mann gefragt habe, ob er schwul sei. „Ich habe nichts gegen Homosexuelle, habe schwule und lesbische Freunde“, so der junge Mann, der derzeit bei der Bundeswehr arbeitet. Die Richterin schrieb ihm ins Stammbuch: „Mehr kann man einen heterosexuellen Mann nicht provozieren, als ihn schwul zu nennen.“ Der Angeklagte daraufhin: „Ich hätte nicht gedacht, dass es so eskaliert.“

Das Urteil fiel dann auch äußerst unterschiedlich aus. Für die Tritte gegen den Kopf des Opfers verurteilte das Schöffengericht den älteren der Brüder zu einer Jugendstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten, er bleibt also vorerst in Haft. Doch auch wenn der Jüngere der beiden anfangs der Aggressor gewesen ist, der durch die homophobe Attacke den Streit ausgelöst hatte, konnte ihm eine Tatbeteiligung an der gefährlichen Körperverletzung letztlich nicht nachgewiesen werden - er wurde freigesprochen.

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