Feuerwehr im Einsatz
Rücksichtslose Autofahrer bremsen Feuerwehrleute aus

25.06.2019 | Stand 13.09.2023, 3:03 Uhr
−Foto: Foto: Holger Becker

Trotz eindeutiger Schilder am Auto kommen Helfer zu spät ins Gerätehaus – einem Floriansjünger reicht‘s jetzt.

BURGHAUSEN. Kevin Waldinger hat es eilig. Er ist Feuerwehrmann und wurde zu einem Einsatz gerufen. Auf dem Autodach hat er ein Taferl angebracht, ebenso im Autoinneren. „Feuerwehr im Einsatz“ steht darauf. Die Autofahrer vor ihm scheren sich aber nicht darum – und so verzögert sich die Ankunft am Feuerwehrhaus. „Inzwischen ist es extrem geworden. Die Leute schauen immer mehr nur auf sich“, schüttelt der 24-Jährige den Kopf.

Ob Rettungskräfte, Feuerwehr oder Polizei: Bei den Einsätzen haben die Haupt- und Ehrenamtlichen mit immer größeren Problemen zu kämpfen. Rücksicht scheint immer mehr zum Fremdwort zu werden. Gaffer behindern die Einsatzkräfte, in immer mehr Fällen machen die Leute sogar vor Aggressionen nicht halt und gehen Sanitäter, Feuerwehrleute oder sogar Polizisten verbal und körperlich an.

„Ich merke, dass die Aggressionen gegenüber Einsatzkräften in den letzten zwei Jahren zunehmen“, sagt auch Kevin Waldinger. Auch das Thema Gaffer kennt er aus eigenen Erfahrungen und findet es gut, dass Gaffer und vermeintliche Hobby-Fotografen, die ihre Bilder von Unfällen im Netz verbreiten, inzwischen härter bestraft werden, wenn sie Einsätze behindern oder gar wegen unterlassener Hilfeleistung dran sind. Dabei drohen sogar Freiheitsstrafen.

Den 24-Jährigen beschäftigt aber ein Thema, das vielen Verkehrsteilnehmern noch gar nicht so bewusst oder es ihnen sogar egal ist. Wenn ein Feuerwehrmann alarmiert wird und sich auf den Weg zum Gerätehaus macht, ist er eigentlich schon auf dem Weg zum Einsatzort. „Ich bringe daher mein Dachschild an und habe an der Sonnenschutzblende auch noch ein Schild angebracht“, so Kevin Waldinger. Auf beiden steht „Feuerwehr im Einsatz“.

Viele Autofahrer kümmert der deutliche Hinweis aber gar nicht – im Gegenteil: Als Kevin Waldinger noch im Landkreis Altötting bei der Feuerwehr tätig war, wurden er und seine Kameraden zu einem schweren Verkehrsunfall mit eingeklemmter Person gerufen. „Ich habe mich sofort auf den Weg gemacht“, erinnert er sich.

Laut Paragraf 35 Absatz 1 der Straßenverkehrsordnung ist es ihm erlaubt, die Geschwindigkeit bei einer Fahrt zum Einsatz leicht zu überschreiten und sogar eine rote Ampel zu überfahren, wenn er damit andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet. „Wenn ich einen Unfall verursache, zahlt das meine Versicherung aber auch nicht. Deshalb wird jeder Feuerwehrmann da wohlüberlegt fahren und nicht Rennfahrer spielen“, betont der 24-Jährige.

Schneller fahren ging bei besagtem Einsatz aber nicht: „Statt der sonst üblichen drei Minuten brauchte ich zehn Minuten, obwohl Autofahrer vor mir meine Schilder im Rückspielgel gesehen haben“, erinnert sich der Feuerwehrmann. Das Problem dabei: Feuerwehrleute sind zwar durch die Sonderrechte von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, doch bei Fahrten mit dem privaten Pkw steht ihnen kein Wegerecht zu, d.h. kein Recht auf freie Bahn.

„Die Autofahrer sollten besser auf ihr Umfeld achten, was vor und hinter ihnen los ist. Sie sollten die Hinweisschilder an den Autos der Feuerwehrleute beachten und darüber nachdenken, dass wir das ja nicht zum Spaß machen. Es geht oft um Minuten. Ich montiere den Dachaufsetzer ja nicht drauf, weil ich schnell mal zum Einkaufen fahre. Wenn möglich und die Verkehrssituation es zulässt, sollten die Autofahrer rechts ranfahren und den Weg freigeben“, appelliert Kevin Waldinger an die anderen Verkehrsteilnehmer.

Auch wenn sogar die Rettungsgasse bei Einsatzfahrzeugen mit Blaulicht immer wieder ein Thema ist, wie zuletzt auf der A92, als ein Autofahrer die Rettungsgasse befuhr, um rechtzeitig zum Flughafen zu kommen, so würde sich Kevin Waldinger ein Lichtsignal an seinem Auto im Falle eines Einsatzes wünschen: „In den USA dürfen die Feuerwehrleute ein grünes Blinklicht an ihr Privatfahrzeug montieren. In Deutschland ist Blaulicht nur bei den Führungskräften der Feuerwehr erlaubt, allen anderen nicht“, bedauert der Pfarrkirchner die Gesetzeslage.

Altötting