Mordvorwürfe gegen Burghauser
„Wir wollten ihm nichts tun, wir wollten ihn nur wiederbeleben“

08.02.2018 | Stand 20.07.2023, 14:09 Uhr
−Foto: Foto: Reischl

Weil sie einem Freund Heroin gespritzt und ihn als Bewusstlosen misshandelt hatten, sitzen drei Burghauser in Traunstein auf der Anklagebank. Hier lest ihr die aktuellen News vom 2. Prozesstag.

TRAUNSTEIN/BURGHAUSEN. „Wir wollten ihm nichts antun. Wir wollten nur, dass er wieder zurückkommt.“ Verzweifelt gestikuliert Stefan D. mit den Händen. Dem 25-jährigen Burghauser und seinen beiden Mitangeklagten Andreas D. und Sergey G. wirft die Staatsanwaltschaft des Amtsgericht Traunstein vor, ihren Freund zuerst mit Heroin bewusstlos gespritzt und anschließend mit brutalen Methoden wiederbelebt zu haben. Das Opfer schwebte dabei in akuter Lebensgefahr (wir berichteten).

Die drei jungen Männer hatten sich in der Wohnung einer Bekannten zu einem Treffen verabredet: „Wir haben geratscht, getrunken und ... konsumiert“, das letzte Wort fügt der 25-Jährige kleinlaut hinzu. Mit „konsumiert“ meint der Burghauser Tabletten, Alkohol und Heroin. „Ich hatte auch Stress mit meiner Ex und war an dem Abend voll neben der Spur. Hab mich einfach weggelötet“, gibt der muskulöse junge Mann zu. Seine Kumpels schweigen vorerst zu den Vorwürfen. „Sie haben also dem Opfer einen Schuss gesetzt?“, hakt der Vorsitzende Richter Erich Fuchs nach. „Das ist absoluter Schmarrn. Ich kann mir nicht mal selber die Nadel setzen – wie soll ich das dann bei ihm machen?“

Schon als Teenager in Drogenszene

Heroin, Gras, Tabletten und Co. sind für die drei Männer aus Burghausen längst nichts Neues mehr. Bereits als junge Teenager rutschten die Angeklagten in die Drogenszene: „Am Anfang war es bei mir nur ein bissl Speed zum Fortgehen. Und hin und wieder ein Joint“, erinnert sich Stefan. Mittlerweile hat Andreas eine Therapie hinter sich, die anderen beiden saßen unter anderem wegen Drogendelikten schon hinter Gittern. „Aber ich habe keine Lust, dass das so weiter geht. Das abhängig sein ist eine Katastrophe“, stellt der 25-Jährige klar.

Todesgefahr: ohnmächtig, blaue Lippen und flache Atmung

Zurück zum Abend des 8. April 2017: Nachdem das Opfer Heroin injiziert bekam, sackte es plötzlich bewusstlos auf der Couch zusammen. Die drei Angeklagten hätten sofort damit begonnen, Reanimationsmaßnahmen einzuleiten. „Für mich sah das sofort nach einer Überdosis auf. Ich hab das schon öfter gesehen und hatte selbst schon mal eine. Da kenn ich mich aus“, bekräftigt der muskulöse junge Glatzenträger. Der Ohnmächtige habe ganz blaue Lippen bekommen, die Atmung sei flach gewesen. „Und da sind Sie nicht darauf gekommen, dass Sie einen Notarzt rufen, sondern haben selbst herum gedoktert?“, entrüstet sich Richter Fuchs. „Ich habe mir in der Situation gar nichts dabei gedacht, und kann mich auch nicht mehr genau daran erinnern“, weicht der Angeklagte aus. Für Richter Fuchs war klar: „Sie wollten einfach keinen Notarzt und erst recht keine Polizei im Haus.“

„Watschen haben wir ihm auch gegeben“

Angekommen im Badezimmer sollen Stefan, Andreas und Sergey den Bewusstlosen in die Badewanne gehievt und ihn mit kaltem Wasser abgeduscht haben. „Watschn haben wir ihm auch gegeben, damit er wieder aufwacht“, erklärt der 25-Jährige. „Das müssen aber heftige Watschen gewesen sein, wenn er aus der Nase blutete und ein verschwollenes Gesicht hatte, oder?“, bohrt Richter Fuchs nach. Der Angeklagte gibt keine direkte Antwort, druckst herum. Nachdem das bewusstlose Opfer rund eineinhalb Stunden mit Schlägen, Injektionen mit Salzlösung und kaltem Wasser „behandelt“ worden war, soll eine weitere Zeugin den Notarzt gerufen haben. Auch sie und ihr Partner werfen dem Trio vor, geschlagen und bedroht worden zu sein. Der junge Burghauser weist das auf der Anklagebank zurück.

Opfer wäre mit brutalen Methoden einverstanden gewesen

Zum Ende des 2. Verhandlungstages erschien das 26-jährige Opfer im Zeugenstand. Man merkte dem jungen Mann an, dass er wohl am liebsten gar nichts zu dem Vorfall gesagt hätte. Mit eingefallenen Schultern saß er vor dem Richter, sprach einsilbig und sehr leise. Von dem frühen Abend des Tattags wisse er eigentlich gar nichts mehr. Er gestand jedoch, sich schon mal Heroin spritzen haben zu lassen. Das habe er von Stefan gekauft. Mit den brutalen Wiederbelebungsmaßnahmen wäre er, hätte er sie bewusst mitbekommen, einverstanden gewesen.

Mit der Vernehmung der Zeugen ging der Verhandlungstag zu Ende. Weiter verhandelt wird am 22. Februar. Wir halten euch auf dem Laufenden.

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