Sylvia Stierstorfer im Gespräch
Landespolitik in Corona-Zeiten verlangt nach neuen Ideen

24.01.2021 | Stand 13.09.2023, 6:58 Uhr
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Politik besteht nicht nur aus endlos langen Sitzungen, vielen Telefonaten und Aktenbergen – Politik bedeutet auch, nahe an den Menschen zu sein, im Wahl- oder Stimmkreis unterwegs zu sein, die Sorgen und Nöte direkt zu erfahren. Wegen der Corona-Pandemie geht das aktuell alles nicht, darunter leidet auch die Landtagsabgeordnete Sylvia Stierstorfer.

Pfatter/München. Politik in Corona-Zeiten, das bedeutet vor allem eines: Abstand! Im Plenum des Bayerischen Landtages wurde die Anzahl der Abgeordneten, die vor Ort im Plenarsaal sitzen, reduziert. Wer gerade nicht dran ist, kann sich live zuschalten. Das gilt zum Beispiel auch für Fraktionssitzungen. Anfangs, so berichtete Sylvia Stierstorfer, sei es schon eine Umstellung gewesen, mittlerweile aber funktioniere es sehr gut.

Für den Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern hat Stierstofer schon früh auf digitale Formate gesetzt. Sowohl als Vorsitzende der Frauen-Union, als auch als Abgeordnete lädt sie regelmäßig zu Online-Veranstaltungen ein – zuletzt am Samstag, 16. Januar, mit Ilse Aigner. Bürgeranfragen werden zudem per Telefon oder Mail beantwortet. Aber: „Die Begegnungen fehlen, das Persönliche fehlt“, sagt Stierstofer. Deshalb wolle sie nun alle Möglichkeiten, die sich bieten, auch nutzen. Die Abgeordnete sitzt seit 2003 im Bayerischen Landtag – damals hätte sie sich noch nicht vorstellen können, digital so präsent zu sein, „Das war damals kein Thema, aber nun ist es so und wir müssen aus der Situation das Beste machen!“ Manches wird sie wohl auch nach Corona beibehalten, denn die digitalen Wege bieten schnell die Möglichkeit, viele Akteure an den virtuellen Tisch zu holen. Persönlich sei das oft – zum Beispiel wegen langer Fahrzeiten an den Tagungsort – gar nicht so einfach möglich. Dabei müsse man aber auch darauf achten, dass niemand ausgeschlossen wird, denn nicht jeder habe Zugang zu den digitalen Medien. Deshalb seien zum Beispiel auch Zeitungen weiterhin sehr wichtig, so Stierstofer.

Mit Sorge beobachtet Stierstorfer, dass das Vertrauen in die Politik bröckle. Man müsse mehr erklären, die Menschen mitnehmen. Vor allem aber dürfe man niemanden überfordern. Nicht jeder sei so tief in eine Materie eingearbeitet, wie die politischen Akteure, das dürfe man nicht vergessen.

Bei der vielgescholtenen FFP2-Maskenpflicht zum Beispiel habe man sich von Wissenschaftlern beraten lassen, es sei also keineswegs eine Entscheidung einfach so ins Blaue hinein gewesen.

Deutlich werde aktuell durch die Pandemie auch, wo die „Baustellen“ sind, die bearbeitet werden müssen. Das Homeschooling mache deutlich, dass sich beim Breitbandausbau noch einiges tun müsse. Vieles habe man schon vor Jahren angepackt, aber hier müsse man nun dran bleiben. Es reiche nämlich nicht, eine Schule lediglich ans Glasfasernetz anzuschließen, man müsse auch die Ausbildung und die Fortbildungen bei den Lehrkräften entsprechend anpassen. Endgeräte für die Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler müssten in ausreichender Zahl vorhanden sein, Rechenzentren an den Schulen müssten eingerichtet und betreut werden. Oft seien die Ideen da, sagt Stierstorfer, es hake aber an der Umsetzung. Das müsse sich ändern – im Schulbereich, aber auch in der Pflege, bei der Mobilität und auch bei der Sorge um Schutzbedürftige.

Stierstofer nimmt aus der Pandemie vor allem mit, dass man sich wieder mehr auf das Wesentliche konzentrieren muss – im Privaten wie im Politischen. „Viele haben wieder erkannt, was das eigentlich Wichtige ist im Leben“, sagt die Abgeordnete.

Für die Parteien in Deutschland gehört in den kommenden Monaten auch die Bundestagswahl zu diesen wichtigen Dingen. Hier sei noch nicht klar, wie ein Wahlkampf zu Pandemie-Zeiten funktionieren könne. Stierstorfer hofft, dass die Impfung ein erster Schritt zur Normalität ist. Trotzdem werde wohl vieles auch im Wahlkampf digital ablaufen müssen.

Regensburg