Politische Unsicherheiten bremsen
IHK-Konjunkturbericht meldet Abschwächung bei der Industrie und Euphorie im Bauwesen

23.05.2019 | Stand 28.07.2023, 11:26 Uhr
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Dreimal im Jahr fragt die IHK Regensburg für Oberpfalz/Kelheim bei ihren Mitgliedsunternehmen nach der Geschäftslage. „Zum Jahresbeginn zeichnete sich schon wegen der schwächelnden Weltwirtschaft ein leichter Negativtrend ab, der sich nun fortsetzt und neben der Industrie auch die nachgelagerten Dienstleister trifft“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes zu den Zahlen des Konjunkturberichts für das Frühjahr 2019.

REGENSBURG Dennoch liegt der IHK-Konjunkturklimaindikator mit 122,3 Punkten nach wie vor auf hohem Niveau und deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt von 113 Punkten. Insbesondere die Stimmung der Industrieunternehmen im IHK-Bezirk kühlt sich ab. Die Ursachen für den Auftragsrückgang in der Dienstleistungsbranche finden sich im rückläufigen Auslandsgeschäft. Auf dem heimischen Markt für unternehmensnahe Dienstleistungen bleibt das Geschäftsvolumen konstant. Der Übergang zwischen Winter- und Sommersaison gestaltet sich im Tourismusbereich trotz positiver Erwartungen holprig. 40 Prozent des Hotel- und Gaststättengewerbes melden zurückgegangene Umsätze. In der Bauwirtschaft vermeldet dafür jedes zweite Unternehmen einen überdurchschnittlich hohen Auftragsbestand.

Der regionale Arbeitsmarkt zeigt sich trotz der konjunkturellen Schwächen nach wie vor robust. „Die durchschnittliche Arbeitslosenquote im IHK-Bezirk betrug im April 2,5 Prozent. Dennoch gehen die Beschäftigtenpläne in den einzelnen Branchen auseinander“, so Helmes. Erstmals seit 2014 plane das produzierende Gewerbe keinen Stellenaufbau. Unverändert gute Anstellungschancen fänden sich im Gegenzug in Bau- und Dienstleistungsbetrieben.

In den letzten Monaten erzielten regionale Unternehmen bei den Exporten nach Europa, Asien und Nordamerika noch Zuwächse – wenn auch deutlich geringere als vor einem Jahr. Das Auftragsvolumen aus China ging zurück. Die Verschiebung der Entscheidung über den Brexit auf Oktober führt zu einer deutlich erhöhten Risikobewertung des geplanten EU-Austritts. „Zahlreiche Unternehmen hatten für den Austritt im Frühjahr vorbereitende und kostspielige Maßnahmen getroffen, zum Beispiel teure Lagerbestände aufgebaut“, erklärt Helmes. Aufgrund weiterer im Raum stehender US-Sanktionen und Handelsbeschränkungen werden die Erwartungen im Auslandsgeschäft nach unten korrigiert. Unternehmen ohne eigene Niederlassungen in China planen aktuell keinen weiteren Ausbau der Geschäftsbeziehungen mit dortigen Kunden.

Wenngleich bei den Geschäftserwartungen noch die positiven Einschätzungen überwiegen, ist ein Ende des hohen Wachstumstempos zu erwarten – die Kurve zeigt eine Seitwärtsbewegung. Für das Inlandsgeschäft sehen die Firmen einen zunehmenden Wettbewerbsdruck, die Inlandsnachfrage wird von 43 Prozent als Risikofaktor eingestuft. Ungeachtet dessen erwartet jedes vierte Unternehmen wachsende Umsätze. Die zurückhaltenden Prognosen der Exportindustrie und international agierender Dienstleister beziehen sich auf stagnierende Auslandsaufträge.

Durch die enge Verzahnung von Industrie und Dienstleistungen zeigen sich in den Geschäftserwartungen der unternehmensnahen Dienstleister erste nachgelagerte Effekte der Abkühlung: Die Umsatzvorhersagen für das Inland sinken um zehn Prozentpunkte. Die Verunsicherung ist vor allem rund um die Automobilbranche zu spüren. Nach dem deutlichen Preisanstieg zum Jahresbeginn ist eine Preisbremse insbesondere in der Industrie und bei den Dienstleistungen erkennbar.

Nicht alle Zulieferer im Automotive blasen derzeit Trübsal. „Wir blicken angesichts der Zahlen für das zweite Quartal 2019 und in Erwartung anstehender Modellstarts bei den Autobauern positiv nach vorne“, sagt Harald Albert von der Suroflex GmbH in Sulzbach-Rosenberg. Die 260 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der mittelständischen Firma in Sulzbach-Rosenberg produzieren schallabsorbierende Verkleidungen zum Großteil für die Automobilindustrie im Inland. Albert spürte die Probleme in der Automobilbranche vor allem im vierten Quartal 2018 und noch zu Beginn des Jahres. Jetzt geht es wieder langsam bergauf. Vor allem der Produktionsstart des neuen 1er-BMWs im Herbst 2019 stimmt ihn als Zulieferer zuversichtlich. Der Umstieg vom Verbrennungsmotor auf Elektroantriebe indes bereitet ihm keine Sorgen, im Gegenteil: „Auch wenn beim Elektroantrieb motorseitig nicht mehr so viel Dämmung nötig ist, fallen doch auch beim Elektroauto Regentropfen aufs Dach und die Reifen verursachen Rollgeräusche.“ Der Kunde erwarte entsprechende Lärmdämmung im Innenraum. Suroflex bietet seine Produkte auf textiler Basis an und steht in Konkurrenz zu schaumstoff- und kunststoffbasierten Dämmmaterialien. Das könnte sich in der Zukunft als umweltfreundliches Verkaufsargument erweisen, wenn der Kunde das von den Autobauern noch vehementer einfordert.

Der Bauhandel profitiert vom Hoch der Bauwirtschaft. „Unsere Auftragslage ist sehr gut. Der anhaltende Bauboom – vor allem im kommunalen Bereich – befeuert die Nachfrage nach hochwertigen und nachhaltigen Flächenbelägen“, betont Bernhard Godelmann, Geschäftsführer der Godelmann GmbH & Co. KG in Fensterbach. Der Produzent und Händler von Flächensystemen und Mobiliar aus Beton blickt optimistisch in die Zukunft. 60 Prozent der Kunden aus Deutschland und den angrenzenden EU-Staaten stammen aus dem kommunalen Bereich, 40 Prozent sind Baustoff-Händler. „Vor allem bei Städten und Gemeinden findet ein Umdenken hin zu hochwertigen und ökologischen Lösungen statt. Herausforderungen wie steigende Feinstaubbelastungen erfordern intelligente Beläge“, betont Godelmann. Im Bereich regenwasser- und luftreinigender Steine und Platten besetzt das Unternehmen mit knapp 400 Mitarbeitern erfolgreich eine Nische. Im letzten Jahr stieg der Umsatz um sieben Prozent, 2019 plant Godelmann mit einem Umsatzplus von zehn Prozent.

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