Spendenaffäre
Staatsanwaltschaft bestätigt zwei weitere Anklagen gegen Wolbergs

20.02.2019 | Stand 21.07.2023, 19:16 Uhr
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Die Regensburger Staatsanwaltschaft hat zwei weitere Verfahren gegen den suspendierten Oberbürgermeister Joachim Wolbergs zum Abschluss gebracht. Wie bereits berichtet, klagt die Behörde neben Wolbergs nun auch die Gebrüder Schmack an. Zudem wird ein Komplex angeklagt, der im Zusammenhang mit einem Baugebiet im Stadtosten steht.

REGENSBURG Wie bereits berichtet, sieht die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit der Genehmigung für eine Industriehalle der Gebrüder Schmack Vorteilsannahme- bzw. Vorteilsgewährung als gegeben an. Der Fall ist deshalb so heikel, weil Wolbergs damals am Telefon zu Ferdinand Schmack sagte, wenn er die Halle genehmige, würde er erneut angeklagt werden – die Genehmigung wurde noch 2016 erteilt, wie zwei weitere von seinem Vorgänger, Hans Schaidinger. Damals ging es um 200 Arbeitsplätze, die in Lago A3 angesiedelt werden sollten.

Die zweite Anklage ist deshalb ungewöhnlich, weil der Komplex bis dahin in der Öffentlichkeit nicht bekannt war. Ein fränkischer Unternehmer, der Informationen dieser Zeitung zufolge auch eine große Immobilie an der Frankenstraße besitzt, soll für eine Spende von 5.000 Euro eine Bevorzugung für eine Baugenehmigung bekommen haben. Insgesamt spendete das Unternehmen 8.500 Euro an Wolbergs, also ein Betrag, der angesichts der vielen hunderttausend Euro, die an SPD und CSU im Wahlkampf 2014 gingen, geradezu lächerlich erscheint. Es geht nach Informationen dieser Zeitung um das Baugebiet direkt neben dem Alten Schlachthof. Informationen aus Justiz-Kreisen zufolge ist diese Anklage deshalb so prekär für Wolbergs, weil der Unternehmer bereits einen Strafbefehl akzeptiert haben soll. Damit wären wir bereits beim dritten Verfahren, das gegen Wolbergs angestrengt wird: Auch gegen Thomas D. gibt es einen rechtskräftigen Strafbefehl, weshalb weder der fränkische Unternehmer, noch D. auf die Anklagebank müssen. Beide müssen aber mit Sicherheit als Zeugen aussagen. Am Landgericht dürfte man sich also auf einen weiteren Mammut-Prozess einstellen, wenn die zuständige Kammer die drei Anklagen zulässt - dann säßen neben Wolbergs Ferdinand und Martin Schmack auf der Anklagebank.

Alle drei Anklagen, also die zwei neuen und eine aus dem Herbst 2018, sollen bei der Fünften Kammer am Landgericht miteinander verbunden werden. Auch das hat die Staatsanwaltschaft bestätigt.

Damit ist auch klar, dass die Staatsanwaltschaft nicht bei der Wirtschaftsstrafkammer unter Richterin Elke Escher anklagt, was ungewöhnlich ist: Immerhin ist die Kammer wie keine andere in der Materie drin, verhandelt sie doch schon seit September 2018 gegen Wolbergs und Volker Tretzel. Doch dem Vernehmen nach ist das Verhältnis zwischen Ermittler und Escher-Kammer zumindest belastet, seit die Kammer nicht einfach die Anklage im Tretzel-Komplex durchgewunken, sondern mit einem mehr als 100 Seiten umfassenden Beschluss zumindest rechtlich zurechtgestutzt hat.

Im Folgenden dokumentieren wir den Wortlaut der Erklärung der Staatsanwaltschaft:

„Die Staatsanwaltschaft Regensburg hat im Rahmen ihrer Ermittlungen wegen auf-fälliger Parteispenden weitere Teilermittlungskomplexe im Januar und Februar 2019 abgeschlossen und zwei Anklagen zum Landgericht Regensburg gegen Oberbürgermeister Wolbergs und drei weitere Angeschuldigte erhoben. Dem Angeschuldigten Wolbergs wird in einer Anklage Vorteilsannahme in drei Fällen, den beiden Unternehmern aus Regensburg Vorteilsgewährung in drei Fällen zur Last gelegt. In einer weiteren Anklage wird Wolbergs sowie einem der beiden vorgenannten Unternehmer aus Regensburg und einem ehemaligen Geschäftsführer innerhalb eines Immobilienkonzerns aus Mittelfranken Bestechlichkeit bzw. Beste-chung zur Last gelegt.

Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft besteht einerseits der hinreichende Verdacht, dass der vom Angeschuldigten Wolbergs geführte SPD-Ortsverein Regensburg-Stadtsüden zu drei verschiedenen Zeitpunkten zwischen Dezember 2012 und Februar 2014 finanzielle Zuwendungen in Höhe von insgesamt 80.000 Euro von zwei Geschäftsführern aus der Regensburger Bau- und Immobilienbranche und zwei von ihnen geführten Unternehmen erhielt, um die Unterstützung des Angeschuldigten Wolbergs als Bürgermeister bzw. Oberbürgermeister der Stadt bei den von den Unternehmern mit ihren verschiedenen Firmen in Regensburg betriebenen Vorhaben zu sichern. Dies soll dem Angeschuldigten Wolbergs bei Annahme der Spenden auch bewusst gewesen sein. Der Gesamtbetrag soll dabei von den beiden Personen und den beiden von ihnen geführten Unternehmen in Einzelspenden geleistet worden sein, die jeweils unterhalb der Grenze der Veröffentlichungspflicht für Parteispenden lagen.

Andererseits sollen einer der vorgenannten Unternehmer aus Regensburg und ein ehemaliger Geschäftsführer aus einem Immobilienkonzern aus Mittelfranken eine Spende eines Unternehmens aus diesem Immobilienkonzern in Höhe von 5.000 Euro an den SPD-Ortsverein Regensburg Stadtsüden vermittelt bzw. veranlasst haben. Die Spende soll dazu gedient haben, den Angeschuldigten Wolbergs für eine Änderung eines Bebauungsplans im Regensburger Stadtosten zu gewinnen, damit das dort von dem Unternehmen aus Mittelfranken geplante Vorhaben genehmigungsfähig wird. Dem Angeschuldigten Wolbergs soll das von dem Unternehmen aus Mittelfranken verfolgte Projekt sowie dessen fehlende Genehmigungsfähigkeit bekannt gewesen sein. Auch soll er spätestens bei der Spendenzusage erkannt haben, dass das Unternehmen aus Mittelfranken und der Regensburger Unternehmer auf seine Unterstützung bei der notwendigen Änderung des Bebauungsplans für dieses Projekt hofften.

Das Landgericht Regensburg hat nunmehr über die Zulassung der Anklageschriften der Staatsanwaltschaft zu entscheiden. Das Gericht hat ferner über den Antrag der Staatsanwaltschaft zu entscheiden, die im Oktober 2018 und aktuell nach Abschluss der jeweiligen Ermittlungen zur Anklage gebrachten Verfahren gegen den Angeschuldigten Wolbergs aus prozessökonomischen Gründen zur Durchführung einer gemeinsamen Verhandlung zu verbinden.

Trotz der jetzt erhobenen Anklagen gilt für die Angeschuldigten weiterhin die Unschuldsvermutung. Es wird darauf hingewiesen, dass aus Rücksichtnahme auf den gegenwärtig vor dem Landgericht Regensburg laufenden Strafprozess gegen Oberbürgermeister Wolbergs zum Gegenstand des vorliegenden Verfahrens keine weiteren Auskünfte erteilt und auch keine Interviews bzw. O-Töne gegeben werden.“

Regensburg