Menschenunwürdige Bedingungen
Front gegen Dumping-Löhne auf den schwimmenden Hotels

09.09.2018 | Stand 13.09.2023, 2:57 Uhr
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„Schwimmende Hotels“ nennen die Regensburger jene Luxusschiffe, die vorwiegend Rentner aus den USA, aber auch aus dem Rheinland an die Donaulände schwemmen. Dort ragt seit Kurzem das Museum der Bayerischen Geschichte aus der Stadtsilhouette, das Welterbe ist ein wichtiger Anziehungspunkt – genauso wie das flussabwärts gelegene Passau, einer der größten Binnenhäfen für Passagiere in Europa.

PASSAU / REGENSBURG Ärger gibt es immer wieder mit den Donauschiffen. Viele Regensburger beklagen, die Schiffe haben Restaurants und sogar Boutiquen an Bord, die Touristen kaufen nichts, sondern verstopfen nur die engen Gassen. Wie die Passauer Neue Presse bereits im Juli berichtete, sind aber auch die Arbeitsbedingungen an Bord der Schiffe ein Skandal. Bei drei Kontrollen im Mai 2018 an Bord von Kreuzfahrtschiffen berichteten Mitarbeiter den Beamten, sie würden im Monat 800 Euro verdienen. In Deutschland gilt der Mindestlohn – doch für 280 Arbeitsstunden im Monat beläuft sich der Lohn auf dem Kreuzfahrtschiff auf 2,86 Euro brutto. Die Beamten sprechen von „Scheinunternehmen“, etwa 1.500 Mitarbeiter seien von den Arbeitsbedingungen betroffen.

„Die Erkenntnisse des LKA, dass im Mai auf zwei von drei untersuchten Schiffen Menschen im Hotelbereich für einen Sklavenlohn von 2,86 Euro brutto schuften mussten, sind schrecklich und alarmierend“, sagte dann auch Passaus zweiter Bürgermeister Urban Mangold nach dem Bericht der PNP. Der ÖDP-Politiker forderte sogar ein Anlandeverbot für Schiffe, auf denen kein Mindestlohn bezahlt wird und die Arbeitsbedingungen nicht dem deutschen Standard entsprechen. Und Mangold thematisierte das auch bei den Donauanliegern, zu denen auch Regensburg gehört. In der Domstadt wird derzeit eine Erweiterung der Anlegestellen geplant. Durch das neue Museum, das kommendes Frühjahr eröffnet werden soll, rechnet man mit einer Zunahme der Anlandungen. Derzeit sind es im Jahr bis zu 1.200 Schiffe, die Regensburg ansteuern.

Das war bislang auch die selbst gesteckte Grenze, die jetzt allerdings noch höher gesetzt wird: Mit neuen Schiffsanlegestellen weiter in Richtung Stadtosten sollen in Zukunft nicht mehr als 1.500 Schiffe anlanden in Regensburg. In Passau legten allein 2017 knapp 2.500 Kreuzfahrtschiffe an. Schätzungen zufolge kamen nach Passau 300.000 Touristen auf diese Weise in die Drei-Flüsse-Stadt, in Regensburg waren es immerhin 160.000. Das ist ein riesiges Geschäft: Eine halbe Milliarde Euro Umsatz verbuchte die Branche allein 2017. Der lokale Handel profitiert davon nur in Maßen.

Mangolds Amtskollege Jürgen Huber, dritter Bürgermeister Regensburgs und Grünen-Politiker, äußerte sich auf Anfrage bedeckt. „Das Thema ist uns bekannt und wurde beim letzten Treffen angesprochen“, so Huber. „Der Zusammenschluss `Wirtschaftsregion Donaustädte` ist sicher das richtige Gremium, um zu klären, welche Möglichkeiten die Städte an der Donau haben, hier gemeinsam aktiv zu werden“, so der Bürgermeister weiter. Ob er sich für ein Anlandeverbot ausspricht, ließ der er offen – wohl auch aus Angst, dass eine solche gravierende Maßnahme in Zeiten der offenen EU-Grenzen und der Arbeitnehmerfreizügigkeit gar nicht möglich ist. Die Donau ist übrigens eine Bundesstraße, hier hat der Bund das Sagen, während die Anleger Sache der Kommunen sind. Mangold wurde da deutlicher: „Wenn es rechtlich möglich ist, sollten die Ländeordnungen so geändert werden, dass auch unter ausländischer Flagge fahrende Schiffe den Mindestlohn einhalten müssen oder andernfalls das Anlegen verweigert wird. Der Grundsatz der Bayerischen Verfassung, dass man von jeder ehrlichen Arbeit leben können muss, darf sich nirgendwo in Luft auflösen“, sagte der Passauer zweite Bürgermeister.

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