Spendenaffäre
Ermittler entdecken Strohmann-System und Schwarze Kassen für CSU-Wahlkampf

11.07.2018 | Stand 13.09.2023, 0:15 Uhr
−Foto: Foto: Staudinger

Allein für Schlegls Wahlkampf flossen laut Erkenntnissen der Ermittler wohl 100.000 Euro, teilweise über Strohmänner, teilweise über fingierte Rechnungen aus den Kassen des Bauunternehmers Thomas D. – angeblich auch für einen BMW. D. sagte in seinen Vernehmungen offenbar aus, er habe aus der Erfahrung mit Hans Schaidinger gelernt, dass es in Regensburg opportun sei, sich die Stadtspitze gewogen zu halten.

REGENSBURG In der sogenannten Spenden-Affäre werden immer weitere Details im Zusammenhang mit der CSU und dem Immobilienunternehmer Thomas D. bekannt. Offenbar existierte nach Erkenntnissen der Ermittler ein System im CSU-Kommunalwahlkampf, das stark an schwarze Kassen erinnert. Nach Informationen des Wochenblatts hat der damalige Oberbürgermeister-Kandidat Christian Schlegl mehr als 100.000 Euro für seinen Wahlkampf 2014 erhalten – über Umwege.

Demnach sollen sechs Strohmänner Geld, das von Firmen Thomas D.s an eine Wirtschaftskanzlei bezahlt wurde, an den privaten Verein Bürger für Regensburg weitergeleitet haben. Auf diese Weise habe Thomas D. 40.000 Euro an Schlegls Wahlverein gezahlt, ohne selbst in irgendeiner Form aufzutauchen. Die Wirtschaftskanzlei hatte ihre Räumlichkeiten zum damaligen Zeitpunkt in der Zentrale des Immobilienunternehmens.

Abgerechnet wurden freiberufliche Leistungen, unter anderem an einen Architekten. Diese Freiberufler spendeten wiederum an die Bürger für Regensburg mit dem Vermerk Wahlkampf Schlegl. Pikant dabei – laut Ermittler wurde auch ein BMW über die Gelder finanziert. D. sagte gegenüber den Ermittlern aber offenbar auch aus, dass Schlegl von einem System Kenntnis hatte. So habe er sich mit Schlegl getroffen und dieser habe ihn um Unterstützung für den Wahlkampf gebeten. D. lehnte es demnach ab, offiziell zu spenden, bot aber an, Rechnungen zu übernehmen.

Daraufhin kam nach Angaben D.s bereits in den kommenden Tagen Schlegls Wahlkampfmanager vorbei und sprach mit ihm über die Modalitäten. Insgesamt summiert die Staatsanwaltschaft weitere Rechnungen über 60.000 Euro, die weitgehend ohne Gegenleistung über D.s Firmen abgerechnet worden sein sollen. Auch zu seiner Motivation, Gelder im Wahlkampf zu spenden, soll sich D. eingelassen haben. Nach Informationen des Wochenblatts berichtete er, er habe aus der Zeit von Oberbürgermeister Hans Schaidinger gewusst, dass man sich die Stadtspitze gewogen halten müsse. In der Tat geschah noch in der Amtszeit Schaidingers etwas merkwürdiges: Der Grundstücksinhaber großer Flächen auf dem Brandlberg wollte dort eigentlich bauen, scheiterte aber stets. Erst als die Grundstücke an Thomas D. verkauft wurden, wurde dort Baurecht geschaffen. Ob dies im Zusammenhang mit einem einmaligen Beratervertrag stand, mit dem D. Schaidinger beglückt haben soll, ist nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft selbst hat auf Anfrage, ob sie von dem Beratervertrag Kenntnis hat, nicht geantwortet.

D. hatte im März 2018 einen Strafbefehl wegen Bestechung und Vorteilsgewährung akzeptiert. Mittels eines Wirtschaftsprüfers konnte er die Ermittler davon überzeugen, dass sein verfügbares Einkommen im Jahr 350.000 Euro betrage. Der Strafbefehl lautet auf 500 Tagessätze à 900 Euro, also 450.000 Euro sowie ein Jahr zur Bewährung. Pikant auch: Der Strafbefehl befasst sich ausschließlich damit, dass Joachim Wolbergs nicht nur selbst für seinen Ortsverein Stadtsüden Spenden in Höhe von 164.000 Euro von D.s Firmen bekam, sondern bezüglich des Areals „Auf der Platte“ die Baureferentin Christine Schimpfermann anwies, eine Baurecht ermöglichende Satzung „wohlwollend zu prüfen“. Die Scheinrechnungen bezüglich des CSU-Wahlkampfes stellte man nach Paragraph 154 Absatz 1 ein. Im Vergleich zum Bestechungsvorwurf seien die zumeist steuerlichen Delikte nachrangig. Schlegl war nie Mandatsträger, eine Bestechung also auch juristisch gar nicht möglich.

Auch für Schlegl gilt die Unschuldsvermutung

Schlegl selbst hatte bislang stets beteuert, keinen Cent von D. für seinen Wahlkampf bekommen zu haben. Noch im Januar 2017 leitete er eine Anfrage des Wochenblatts bezüglich der Einnahmen von Bürger für Regensburg an die Staatsanwaltschaft weiter – ohne gleichzeitig die Anfrage zu beantworten. Erst im Herbst 2017 hatten die Ermittler schließlich auch ein Aktenzeichen für den Fall Christian Schlegls angelegt. Zwischenzeitlich gab es sowohl bei der CSU, als auch bei Schlegl selbst Hausdurchsuchungen.

Fakt ist aber auch: Sowohl für Wolbergs, als auch für Schaidinger und Schlegl gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung.

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