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Bauträger lehnt in der Spendenaffäre Strafbefehl ab – Staatsanwälte wollen Schmack anklagen

04.07.2018 | Stand 13.09.2023, 0:20 Uhr
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Die Regensburger Staatsanwaltschaft möchte sich auf Wochenblatt-Anfrage nicht äußern, doch der Betroffene lässt über seinen Anwalt Michael Haizmann bestätigen: Man plant in der Spendenaffäre eine weitere Anklage, diesmal gegen den Bauträger Ferdinand Schmack. Damit wird auch Joachim Wolbergs mit noch einem Prozess rechnen müssen. Schmacks Anwalt gibt sich kämpferisch: „Wir gehen bis nach Karlsruhe“

REGENSBURG Offenbar bereitet die Regensburger Staatsanwaltschaft auch gegen den dritten in die sogenannte Spendenaffäre verwickelten Bauträger eine Anklage vor. Nach einem Gespräch zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung des Bauträgers Ferdinand Schmack soll die Staatsanwaltschaft einen Strafbefehl angeboten haben, alternativ wolle man Anklage erheben, wenn Schmack nicht auf dieses Angebot eingehen würde.

Ein anderer Bauunternehmer, Thomas D., hatte im März 2018 einen Strafbefehl über 500 Tagessätze und ein Jahr Freiheitsstrafe auf Bewährung wegen Bestechung angenommen. Damals erklärten D.s Anwälte, sie halten „die rechtliche Wertung des Strafbefehls, insbesondere den Vorwurf der Bestechlichkeit, für falsch“ – doch um einen Prozess zu vermeiden, hatte D. dem Strafbefehl zugestimmt.

Schmack indes wird nach Informationen des Wochenblatts vorgeworfen, gestückelte Spenden gezahlt zu haben, um die tatsächliche Spendenhöhe zu verdunkeln. Gleichzeitig soll Schmack sich Vorteile für eine Genehmigung zum Bau der Halle Lago A3 durch Oberbürgermeister Joachim Wolbergs erhofft haben.

Wolbergs hatte tatsächlich im September 2016 die Genehmigung für eine Halle erteilt. Damals liefen die Ermittlungen gegen Wolbergs bereits und waren öffentlich bekannt. Das Wochenblatt berichtete damals, dass nun erstmals die Justiz direkten Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen könnte – Wolbergs schilderte in Telefonaten mehrfach, dass er bei einer Unterschrift am Ende wiederum mit einer Anklage rechnen müsse.

Genau so kommt es nun offenbar. Dabei ging es um die Ansiedlung eines BMW-Zulieferers und um 200 Arbeitsplätze. Doch weil sich auf dem Areal, den ehemaligen Schlemmteichen der Zuckerfabrik, verschiedene Arten angesiedelt hatten, äußerten Naturschützer Bedenken.

Bauträger Schmack, Wolbergs, CSU-Stadträtin: „Das war breiter politischer Wille.“ −Foto: pm

Pikant: Schlegl setzte sich für die Halle ein

Pikant dabei ist aber auch, dass gerade der nun ebenfalls ins Visier der Ermittler geratene CSU-Stadtrat Christian Schlegl mehrfach für die Halle interveniert hat. Dem Wochenblatt liegt ein Protokoll einer Stadtratssitzung vom November 2015 vor, in der Schlegl seinem Kontrahenten Wolbergs massive Vorwürfe macht, weil er sich angeblich investorenfeindlich verhalten würde. Nach einer Aufzeichnung einer Amtsleiterin verließ Schlegl sogar die Sitzung, um mit Schmack zu telefonieren – er setzte also Wolbergs unter Druck, die Halle zu genehmigen.

Doch das ist nicht der einzige Vorwurf der Staatsanwaltschaft: Auch im Zusammenhang mit einer Einzelhandelsfläche im Nördlichen Rübenhof soll Schmack Sonderrechte in Anspruch genommen haben. Doch auch hier gibt es bis heute von Seiten der CSU mindestens ebenso viel Druck auf die Verwaltung, im Sinne des Investors zu handeln – zuletzt hieß es in einer Pressemitteilung der CSU, „der seit Jahren nicht genehmigte Discounter und Drogeriemarkt auf dem ehemaligen nördlichen Rübenhof“ sei bedauerlich.

Schmack spendete über verschiedene Firmen, aber auch Privatpersonen 2013 und 2014 insgesamt 64.500 Euro an Wolbergs Ortsverein Süd. Doch auch die CSU wurde von Schmack bedacht: Allein im Jahr 2013 weist der Rechenschaftsbericht, der dem Wochenblatt vorliegt, vier Spenden auf, die über GmbHs oder Privatpersonen liefen und jeweils unter 10.000 Euro lagen. Weitere Spenden liefen über die Bürger für Regensburg, tauchen also im Rechenschaftsbericht der CSU gar nicht auf.

Überhaupt kristallisiert sich zusehends heraus, dass es nie ein System Wolbergs, sondern vielmehr ein System Regensburg gab, wenn man es so bezeichnen will: Auch gegen maßgebliche CSU-Politiker wird nun ermittelt. So soll der CSU-Abgeordnete Franz Rieger von Bauträger Volker Tretzel über Mitarbeiter geleistete und gestückelte Spenden angenommen haben, mehrere Rechnungen von Agenturen, die für den Landtags-, aber auch den OB-Wahlkampf tätig waren, tauchten bei Bauträger Thomas D. auf. Vorvergangene Woche gab es auch in diesem Zusammenhang Hausdurchsuchungen.

Die Staatsanwaltschaft gab sich übrigens bedeckt auf Anfrage, ob und wann Schmack angeklagt werden soll. Die Behörde gebe grundsätzlich erst eine Stellungnahme ab, wenn die Ermittlungen abgeschlossen seien. Auf Anfrage teilte Schmacks Anwalt Michael Haizmann mit, man werde „im Zweifel bis nach Karlsruhe gehen“. Die Entscheidung für die zweite Halle in Lago A3 „war breiter politischer Wille“. Die Staatsanwaltschaft „konstruiert aus gemeinsamen Terminen mit Herrn Wolbergs nun eine angebliche Bestechung“, so Haizmann. Ihm kämen Zweifel am Rechtsstaat.

KOMMENTAR

Alles Wahnsinn

Beschuldigte im oberen zweistelligen Bereich, wie viele es genau sind, will die Staatsanwaltschaft aber nicht verraten – jetzt ist endgültig klar, dass kein Stein mehr auf dem anderen bleibt im politischen Regensburg. Offenbar versuchen die Ermittler, das zu tun, was aus ihrer Sicht das einzig Nachvollziehbare ist: Sie klagen alles an, was es anzuklagen gibt, damit die Gerichte am Ende entscheiden müssen.

Für Regensburg bedeutet das aber auch: Wichtige politische Protagonisten, die, wie Wolbergs, demokratische Mandate haben, werden aufs Abstellgleis gestellt. Und das nur, weil die Ermittlungen so lange dauern, die Gerichtsverfahren nochmal so lange und am Ende unfassbare finanzielle Mittel von den Angeklagten verpulvert werden müssen.

Ich frage mich langsam: Wird es in dieser Stadt überhaupt noch Politiker geben, die sich für etwas stark machen, weil sie etwa für eine Gewerbehalle und damit Arbeitsplätze plädieren? Oder entscheiden in Zukunft Beamte, egal, wer OB ist?

Regensburg