CSU-Empfang
Söder glaubt noch an die Obergrenze, auch wenn sie Schulz gerade in die Tonne tritt

21.01.2018 | Stand 13.09.2023, 6:22 Uhr
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Volles Haus beim Neujahrsempfang der Regensburger CSU im Schloss Prüfening: Kein Wunder, Redner war der designierte Ministerpräsident Markus Söder. Und der brachte es fertig, seine Vision für Bayern zu skizzieren, obwohl er einen Makel hat.

REGENSBURG CSU-Kreischef Franz Rieger ist anzumerken, dass ihm ein Coup gelungen ist: Als er Markus Söder zum Neujahrsempfang seiner Partei nach Regensburg einlud, war ihm wahrscheinlich noch nicht klar, dass er damit den Nachfolger von Horst Seehofer seinen Parteifreunden präsentieren könnte. Doch es steht fest: Am Ende des ersten Quartals 2018 wird Söder mit „dem schönsten Amt der Welt“ betraut, wie seine Vorgänger oft betonten. 400 Anmeldungen gingen in der CSU-Zentrale ein, so viele, dass man sogar im Nebenraum, dem Waffensaal, eine Art Public Viewing einrichten musste.

Söder schaffte es dann auch, vor der CSU mit einer launigen Rede seine Zukunftsvision für Bayern zu skizzieren. Das, was Söder da testete, das dürfte grob sein Wahlprogramm sein: Deutschland ist Weltspitze, doch nur, weil die „Herzkammer im Süden“ derart kräftig schlage. Söders Rede fiel zeitlich zusammen mit einem Parteitag im fernen Bonn, auf dem die SPD und mit ihr ihr gescheiterter Kanzlerkandidat Martin Schulz um die blanke Existenz kämpft: GroKo – ja oder nein? Für Söder ein Wahnsinn: „Ein Großteil der SPD hat Angst vor der Verantwortung. Oder, was noch schlimmer ist, sie argumentieren, es würde das Profil der SPD schärfen, wenn man sich vor der Verantwortung drückt.“ Er frage sich da: „Warum treten Politiker dann überhaupt an zu einer Wahl? Treten sie an, um ihr Profil zu zeigen, oder treten sie an, um dem Volk zu dienen?“

Vieles aber hängt auch für Söder davon ab, dass die GroKo kommt. Was, wenn es Neuwahlen gibt? Werden die Karten dann auch in Bayern neu gemischt? Der designierte und bis dahin wohl gewählte Ministerpräsident muss seinen Franken-Malus loswerden, und dafür braucht er 40 Prozent. Doch wie soll die CSU das packen, wenn am Ende vielleicht mit SPD, Grünen, Freien Wählern und FDP auch noch die AfD im Landtag sitzt? Sechs Parteien könnten die 40 Prozent gefährden.

Söder will das verhindern, indem er einen harten Kurs in der Flüchtlingskrise fährt – oder vielmehr: Das ausspricht, was sich viele denken, nämlich dass auch in Deutschland und Bayern Recht endlich wieder Recht sein muss. „Jeder, der nach Bayern kam, wurde hier ordentlich versorgt“, rühmte er sich dann der Leistungen des Freistaats und vieler Kommunen in der Flüchtlingskrise. „Aber versuchen Sie mal, im Imigration Center in den USA ohne Pass einzureisen – das ist ein kurzes und sicherlich spannendes Erlebnis“ – „in Deutschland hingegen kommt man ohne Pass glänzend rein, aber nicht mehr raus!“ Für ihn müsse der Rechtsstaat neu justiert werden, damit die Menschen wieder Vertrauen in den Rechtsstaat haben. „Wenn ich falsch parke in Regensburg, dann bekomme ich ja auch einen Strafzettel“, so Söder.

Eine Begrenzung der Zuwanderung sei für ihn deshalb eine Selbstverständlichkeit – gleichzeitig spricht SPD-Schulz in Bonn davon, dass es „keine Obergrenze geben wird.“ Wie man es dreht oder wendet, eine GroKo kann für Söder vielleicht sogar ebenso gefährlich werden wie Neuwahlen im Bund. Auch im Hinblick auf den umstrittenen Familiennachzug für subsidiäre Flüchtlinge sagte Söder einen Satz, der bei der SPD wohl nicht so gut ankäme. „Ein anerkannter Asylbewerber hat das Recht, seine Familie nachzuholen. Hier geht es ja um Menschen, die nicht dauerhaft hier bleiben können“, sagte Söder – und schob einen Vergleich nach. „Wenn der Nachbar einen Wasserrohrbruch hat und man nimmt ihn für zwei Tage in der Wohnung auf, dann freut man sich auch nicht, wenn die am dritten Tag sagen, sie wollen noch Oma, Opa und Onkeln aus der nördlichen Oberpfakz nachholen.“ Söder forderte „erneut vernünftige Maßstäbe in diesem Land.“

Interessant wird es noch einmal, als Söder bei seiner Rede emotionale Punkte anspricht. Er schildert, wie sein Vater von der Intensivstation auf die Palliativstation gebracht wurde. „Da war eine Krankenschwester, die hat seine Hand gehalten, obwohl er nicht mehr bei Bewusstsein war.“ Das wünsche er sich und dafür wolle Söder arbeiten, dass Menschen im Alter sowohl würdevoll gepflegt werden, als auch in Würde sterben können.

Nicht schlüssig wird es, wenn Söder auf den Erfolg der Region Regensburg eingeht. „Sie leben in einer Stadt, die boomt, obwohl sie gar nicht regiert wird“, sagt er, um klarzumachen: „Wir brauchen in solchen Boomregionen ein sensibles, dosiertes und qualifiziertes Wachstum.“ Gerade bei Immobilien und Mieten sei es immer schwieriger für die Bürger, Eigentum zu erstehen oder sich die Mieten leisten zu können. Deshalb hatte Söder auch bereits im Vorfeld ein Wohnbau-Programm und eine bayerische Wohnbaugesellschaft ins Spiel gebracht. Da fragt man sich als staunender Zuhörer indes: Und warum hat er dann auch in Regensburg dem Verkauf der GBW-Wohnungen zugestimmt, statt sie gleich in eine solche umzuwandeln?

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