Stellungnahme des BBV-Kreisverbandes Passau zur „Wir haben es satt“-Demo, die seit 11 Uhr am heutigen Samstag, 27. Januar, am Klostergarten Passau stattfindet
PASSAU Die heute stattfindende Demo mit dem Titel „Wir haben es satt“, die offensichtlich
unter dem Dach der alljährlichen gleichnamigen Kundgebung zur Grünen Woche stattfindet, hat
uns als Vertreter unserer bäuerlichen Familienbetriebe veranlasst, uns an die Öffentlichkeit zu
wenden. Über 90% unserer Betriebe sind Mitglied im Bayerischen Bauernverband – ihre berechtigten
Interessen gilt es zu vertreten und öffentlich Position zu beziehen.
Grundsätzlich stellt die Vorstandschaft des Bayerischen Bauernverbands Kreisverband Passau in
einer Stellungnahme zur Demo klar: „Wir Landwirte nehmen die gesellschaftlichen Erwartungen
und Kritik ernst, wir sind interessiert an Dialog und bereit zur Weiterentwicklung. Der gesellschaftliche
Rückhalt und die Akzeptanz der Verbraucher für unsere Arbeit auf den Feldern und im Stall
sind uns sehr wichtig!“
Bei der Berliner „Wir haben es satt“-Demonstration kommt es immer wieder zu pauschalen Verunglimpfungen
der Landwirtschaft. Getragen wird die Veranstaltung unter anderem von Organisationen,
die beispielsweise für Stalleinbrüche verantwortlich sind und vor kriminellen Handlungen
nicht zurückschrecken. „Gerade deshalb wollen wir in Passau für unsere bäuerlichen Familienbetriebe
Flagge zeigen“, sagt Hans Koller, der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes im
Kreisverband Passau. „Entlang der Marschroute der Demonstration haben wir daher Plakate aufgestellt,
um so unsere Anliegen und unsere Perspektive innerhalb der Debatte deutlich zu machen
und zum Dialog aufzurufen.“
Die bayerischen Landwirte engagieren sich im enormen Maße für den Umwelt- und Naturschutz:
Jeder zweite Landwirt in Bayern hat sich – freiwillig und über das hohe gesetzlich vorgeschriebene
Niveau hinaus – vertraglich zu besonderen Leistungen für den Umwelt- und Naturschutz verpflichtet.
Jeder dritte Hektar wird in Bayern so gemäß der Agrarumweltmaßnahmen (KULAP und
VNP) bewirtschaftet. Durch die Vorgaben der EU-Agrarpolitik und das „Greening“ legen die Bauern
zudem seit 2015 auf mindestens fünf Prozent ihrer Äcker ökologische Vorrangflächen an.
Dass dieses Engagement wirkt, zeigt sich auch anhand von Zahlen: So sind laut Bayerischem
Artenschutzbericht 80.000 der insgesamt 100.000 in Deutschland heimischen Insektenarten in
Bayern daheim. Darüber hinaus bestätigt das bayerische Umweltministerium in einem aktuellen
Bericht, dass 700.000 Hektar an KULAP-Flächen ganz besonders zur Biodiversität beitragen.
Über das bayerische Vertragsnaturschutzprogramm kommen nochmals rund 80.000 Hektar mit
besonderen Naturschutzmaßnahmen hinzu, wo sich Bauern freiwillig engagieren. „Trotzdem werden
Landwirte in der Öffentlichkeit und insbesondere bei der Demo „Wir haben es satt!“ immer
wieder pauschal als „skrupellose Profitmacher“ hingestellt“, kritisiert Koller. „Ja, wir arbeiten in
und mit der Natur. Das heißt aber auch, dass wir Bauern das größte Interesse daran haben, die
Artenvielfalt in Bayern zu schützen und die wichtigen natürlichen Kreisläufe zu erhalten. Deswegen
setzen wir nur so viel Pflanzenschutzmittel ein wie nötig. Und bei der Zulassung von Wirkstoffen
müssen unabhängige Zulassungs- und Bewertungsbehörden den nötigen Arbeits-,Verbraucher- und
Umweltschutz gewährleisten. Grundlage für Zulassungen und politische Entscheidungen
müssen wissenschaftliche Untersuchungen sein und nicht Emotionen und Falschbehauptungen.“
Doch die Diskussion um den Wirkstoff Glyphosat hat aus Kollers Sicht die sachliche Ebene längst
verlassen. „Es reicht den Namen Glyphosat auszusprechen, damit Leute mit Schimpftiraden auf
einen losgehen. Dabei kann der gezielte Einsatz des Mittels durchaus Vorteile für den Umweltund
Naturschutz bringen. Gerade bodenkonservierende, pfluglose Verfahren im Ackerbau sind
nur durch den Einsatz und die Wirkungsweise von Glyphosat möglich“, sagt Koller. Der Verzicht
auf mechanische Unkrautbeseitigung halbiere den CO2-Ausstoß und reduziere die Bodenerosion
und schützt Bodenlebewesen.
„Aber leider müssen wir feststellen, dass solche Argumente derzeit nicht zählen. Selbst unabhängige
Institute wie das Bundesamt für Risikobewertung (BfR), welches von der grünen Landwirtschaftsministerin
Renate Künast gegründet wurde, werden diskreditiert, - offenbar, weil sie nicht
die Ergebnis liefern, die Glyphosat-Gegner gerne hören würden!“
Die Land- und Forstwirtschaft im Passauer Land ist geprägt von eigentümergeführten bäuerlichen
Familienbetrieben im Voll-, Zu- und Nebenerwerb, mit den unterschiedlichsten Schwerpunkten
(egal ob biologisch oder konventionell). „Unserer Ansicht nach sind es doch genau diese Strukturen
und diese Vielfalt, die man sich eigentlich wünscht. Unser Ziel ist es, diese Vielfalt zu erhalten
und gerade deshalb fällt es uns auch schwer, die Intensionen hinter der Demonstration in Passau
zu verstehen. So mancher junger Hofnachfolger wird sich auch auf Grund solcher Demos die Frage
stellen, ob man sich ständig solchen Angriffen aussetzen will oder ob man den Hof aufgibt.“
Die Tierhaltung in der Region ist dabei ein Bereich, der über Wohl und Wehe der Bauernhöfe entscheidet.
Drei von vier Bauern im Freistaat halten Tiere, 76 Prozent der Einkommen auf den Bauernhöfen
werden mit der Tierhaltung erwirtschaftet. „Wir gehen verantwortungsvoll mit den Tieren
um, respektieren sie als Lebewesen“, macht Koller deutlich. „Besonders die von den Demonstranten
geforderten höheren Auflagen und der damit verbundene Bürokratieaufwand führen dazu,
dass gerade die kleineren Betriebe aufgeben, weil sie neue Investitionen nicht schultern können
und weil vom Handel trotz höherer Auflagen oft keine höheren Erzeugerpreise gezahlt werden.“
Diese Entwicklung in auch anhand regionaler Zahlen deutlich: Der Viehbesatz pro Hektar geht im
Landkreis Passau schon seit Jahren zurück. „Die Halbwertzeit von geltenden Standards, wird immer
kürzer. Auflagen und Dokumentationspflichten werden stetig mehr. In dieser Situation haben
bereits viele kleinere und mittlere Betriebe ihren Hof aufgegeben Eine Entwicklung, die wir eigentlich
alle nicht wollen!“, sagt Koller. Dies wird auch aus dem dieser Pressemappe beigelegten Grafiken
deutlich, welche der Arbeitsunterlage des AELF Passau zur Kreisberatungsausschusssitzung
entnommen wurde.
Wie jede andere Wirtschaftsbranche verändert sich auch die Landwirtschaft beständig. „Die Bäuerinnen
und Bauern entwickeln ihre Arbeit und den Hof seit Generationen weiter. Die Entwicklungen
der letzten Jahre haben gerade für die Tiere viele Verbesserungen mit sich gebracht“, sagt
Koller. „So haben die Tiere heute im Stall mehr Licht, mehr Platz und ein besseres Klima.“
Auch beim Thema Nitrat im Trinkwasser tue sich etwas. „Untersuchungen aus der Region zeigen,
dass die Werte schon seit Jahrzehnten rückläufig sind. Eine wichtige Grundlage für diese Erfolge
ist die gute Zusammenarbeit der Landwirte mit den Wasserversorgern.“
Die Landwirte im Passauer Land versorgen die Bevölkerung mit hochwertigen heimischen Lebensmitteln
und sind ein wesentlicher Bestandteil der Wertschöpfungskette in unserer Region (z.
B. vom Tierhalter über den Schlachtbetrieb bis hin zum Metzger). „Wir leben und wirtschaften in
den fruchtbarsten Breitengraden unseres Planeten – daraus ergibt sich auch die Verantwortung,
Potentiale im Einklang mit der Natur und unseren Tieren verantwortungsvoll zu nutzen“, sagt Koller.
„Gerne sind wir bereit uns weiterzuentwickeln. Dafür würden wir uns aber wünschen, dass mit
uns und nicht über uns geredet wird! Nötig ist ein sachlicher Dialog und ein Stück weit Orientierung
an der Realität.“
Der Vorstand des Bayerischen Bauernverbands, Kreisverband Passau
Hans Koller Josef Hopper Reinhard Hofmann
Renate Stöckl Sonja Vogl Stefan Hageneder
Passau