Wegen „Untreue“ vor Gericht
Glatter Freispruch für Altbürgermeister Georg Heindl

10.11.2020 | Stand 13.09.2023, 6:50 Uhr
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Im Streit um den Verkauf des alten Rathauses in Unterneukirchen urteilt der Richter: „Untreue setzt eine Schädigung voraus. Diese konnten wir nicht erkennen“

Unterneukirchen/Altötting. Mit der Verhandlung gegen Unterneukirchens früheren Bürgermeister Georg Heindl wegen Untreue sollte ein Schlussstrich unter die Causa „Altes Rathaus“ gezogen werden. Ob der Verkauf rechtmäßig war, vor allem hinsichtlich des Preises, war im Frieden innerhalb der Gemeinde nicht zu klären. Der Bürgermeister wurde angezeigt. Am Montag saß er wegen des Vorwurfs der „Untreue“ auf der Anklagebank.

Das Schöffengericht hat Georg Heindl vom Vorwurf der Untreue freigesprochen. Er habe der Gemeinde nicht finanziell geschadet. Denn nach Anhörung mehrerer Gemeinderäte, die mit dem Verkauf des alten Rathauses befasst waren, war klar, dass der Kauf nicht auf alleiniges Betreibendes früheren Bürgermeisters durchgezogen wurde. Vielmehr habe es sich um einen gemeinsamen Verkaufswunsch zugunsten der Neugestaltung der Ortsmitte gehandelt. Von Seiten der Käuferin wurde aus steuerlichen Gründen etwas Zeitdruck aufgebaut, ein Wertgutachten wurde nicht erstelle. Es hätte vielleicht besser verhandelt werden können, so das Gericht, aber allen Gemeinderäten war am zügigen Abschluss der 25 Jahre dauernden Planung der neuen Dorfmitte gelegen.

Im Mai 2017 verkaufte die Gemeinde Unterneukirchen das frühere Rathaus sowie ein weiteres unbebautes Grundstück in der Dorfmitte an eine ortsansässige Investorin. Der Kaufpreis wurde auf 450.000 Euro verhandelt, später zahlte die Investorin noch einmal 50.000 Euro dazu, weil sie sich Abrisskosten sparen konnte.

Laut Staatsanwaltschaft hatten die verkauften Objekte einen tatsächlichen Wert von rund 820.000 Euro. Deshalb wird bei der „Unterwertveräußerung“ ein Vermögensnachteil für die Gemeinde von rund 370.000 Euro angenommen. „Dies war dem Angeschuldigten bewusst“, heißt es in der Anklageschrift gegen Altbürgermeister Heindl, „zumindest hat er dies billigend in Kauf genommen“. Deshalb bestehe der Verdacht der Untreue.

Sichtlich angespannt nahm das ehemalige Gemeindeoberhaupt Georg Heindl auf der Anklagebank Platz. Sein Verteidiger Michael Vogel gab für ihn zu Prozessbeginn eine Erklärung ab, der das Gericht in seinem späteren Urteil folgte: „Mein Mandant bestreitet, die Unterwertveräußerung vorangetrieben zu haben. Der Verkaufspreis entspricht den damaligen Umständen. Es handelte sich nicht um eine Hauruck-Geschäft sondern um den Abschluss einer jahrzehntelangen Planung der Ortsmittengestaltung.“

Die Kripo hatte im Auftrag der Staatsanwaltschaft ermittelt. Vertreter des Gewerbeverbandes hatten Anzeige gegen Heindl erstattet. „Sie meinen, das Filetstück der Gemeinde sei zu billig verkauft, keine weiteren Investoren gesucht worden“, so der Kripobeamte. Ein Vorstand der Raiffeisenbank Unterneukirchen sagte aus, dass seine Bank gegenüber dem Bürgermeister Monate vor dem Verkauf Interesse an dem Gebäude signalisiert hatte.

Bis Montagnachmittag hörte das Schöffengericht auch vier Gemeinderäte als Zeugen. Sie berichteten übereinstimmend, dass der frühere Geschäftsleiter der Gemeinde den Verkaufswert berechnet und die Verträge vorbereitet hatte. Alle Vorgänge wurden im Gemeinderat vorgelegt und zum Teil hitzig diskutiert. Es sei nichts auf Betreiben des Bürgermeisters durchgewunken worden. Allen Gemeinderäten war es wichtig, das Projekt Dorfmitte zu einem guten Ende zu bringen. „Wir haben alle an einem Strang gezogen“, so ein Gemeinderat.

Den Wert des alten Rathauses hatten sie alle auf Null geschätzt - ein Abrissobjekt. Man war froh eine vertrauenswürdige und finanzstarke Investorin gefunden zu haben. Es sei ein Geben und Nehmen gewesen - Vor- und Nachteile wurden aufgerechnet und so sei der Kaufpreis entstanden.

Wichtigstes Ziel war es, einen Nahversorger in der Ortsmitte anzusiedeln. Das habe die Bauherrin mittlerweile erfüllt. Andere Lebensmittler hätten angesichts der „nur“ 650 Quadratmeter Ladenfläche abgewunken, 1.000 Quadratmeter waren für sie das Minimum.

Am 16. Mai 2017 habe der Gemeinderat Grünes Licht für den Verkauf gegeben. Am 17. Mai unterzeichnete Bürgermeister Georg Heindl im Namen der Gemeinde den Vertrag. Am 18. Mai wurde der Vertrag vom Gemeinderat einstimmig genehmigt. Das habe alles seine Ordnung gehabt - so die ersten vier Gemeinderäte unisono.

Am Montag (nach Redaktionsschluss der Wochenblatt-Druckausgabe) wurden noch vier Gemeinderäte sowie ein Gutachter als Zeugen gehört.

Altötting