Evakuierung
Großeinsatz rund ums Krankenhaus: Wie die Schwandorfer die Bombenentschärfung erlebten

11.10.2017 | Stand 13.09.2023, 2:04 Uhr
−Foto: n/a

Die Fliegerbombe am Schwandorfer Krankenhaus konnte früher als geplant entschärft werden. Begleitet wurde die Maßnahme von einer der größten Evakuierungsaktionen, die die Stadt je erlebt hat.

SCHWANDORF Es war ein seltsames Bild, das sich Samstagfrüh, 30. September, rund um das Schwandorfer Krankenhaus geboten hat. Mit Lautsprecherdurchsagen fuhren Kräfte von Polizei und Feuerwehr durch menschenleere Straßen, warnten verbliebene Anwohner. Gleichzeitig zogen andere Feuerwehrler und THWler durch die gesperrte Zone und klingelten an den Objekten, ob tatsächlich alle Menschen ihre Wohnhäuser verlassen haben. Insgesamt 250 haupt- und ehrenamtliche Kräfte von Polizei, Feuerwehr, THW und Rettungsdienst waren den ganzen Morgen über im Einsatz, um den planmäßigen Ablauf einer der größten Evakuierungsaktionen sicherzustellen, die Schwandorf in den letzten Jahren erlebt hat.

Anlass für diesen Einsatz war die Entschärfung einer Fliegerbombe, die am 22. September bei Bauarbeiten am Gelände des Klinikums entdeckt wurde. Bei ihr handelte es sich um einen 250 Kilo schweren Sprengkörper britischer Herkunft, der bei der Bombardierung am 17. April 1945 abgeworfen wurde. Rund 1.020 Menschen im Umkreis von 300 Metern mussten für die Entschärfung ihre Häuser verlassen, um die nötigen Sicherheitsbedienungen zu erfüllen. Außerdem mussten 14 Patienten aus dem St.-Barbara-Krankenhaus evakuiert werden; die übrigen wurden alle geplant entlassen.

Evakuierung des Krankenhauses nötig

Die Stadt und das Klinikum haben sich im Vorfeld akribisch vorbereitet, sich auf praktisch alle Eventualitäten eingestellt. Das hat sich am Evakuierungstag offenbar bezahlt gemacht. Bereits um 10.05 Uhr konnte Lothar Mulzer, der Pressesprecher der Stadt Schwandorf, das Ende der Räumungsmaßnahmen verkünden – zwei Stunden früher, als es eigentlich geplant war. Die Evakuierung selbst ist dank der Kooperation der Betroffenen ohne Probleme verlaufen, sagte Polizeisprecher Dietmar Winterberg. Lediglich bei drei Anwohnern habe man mit "eingehenderen Gesprächen" deutlich machen müssen, dass die fraglichen Personen die Evakuierungszone ebenfalls zu verlassen haben.

Nach der Sperrung zweier Bahnstrecken um 10.32 Uhr konnten der Sprengmeister Michael Weiß und sein Kollege Christian Scheibinger dann mit ihrer Arbeit beginnen. Die anwesenden Journalisten warteten unterdessen in ruhiger Atmosphäre knapp 300 Meter weiter im städtischen Bauhof auf die gute Nachricht von der erfolgreichen Entschärfung. Sie konnten dort allerlei Interviews führen und wurden regelmäßig mit aktuellen Informationen über den jeweiligen Sachstand versorgt – zum Beispiel über die Situation in der Oberpfalzhalle, die als städtische Notunterkunft mit knapp 35 Personen kaum belegt war.

Große Erleichterung

Vor Ort wurde immer wieder spekuliert, wie lange die gesamte Entschärfung wohl dauern werde. Doch der sehnsüchtig erwartete Anruf ließ auf sich warten. Erst um 12.22 Uhr ging er praktisch zeitgleich auf den Handys von Polizeisprecher Winterberg und Oberbürgermeister Andreas Feller (CSU) ein, was letzterer mit einem einzigen erleichterten Wort kommentierte: "Entschärft!" Direkt im Anschluss veranstalteten die Stadt und das Klinikum eine gemeinsame Pressekonferenz vor dem Fundort, wo sie über den genauen Verlauf informierten. Zudem erklärten die beiden Experten Michael Weiß und Christian Scheibinger vom Sprengkommando Nürnber ihr Vorgehen.

 "Sowas will ich in meinem Kofferraum lieber nicht spazieren fahren"

Die Arbeiten seien demnach planmäßig in zwei Schritten verlaufen, schilderte Weiß mit dem Sprengkörper im Rücken: Zunächst sei die Bombe freigelegt und der Zünder gereinigt worden; danach habe man die Bombe entschärft, den Zünder entfernt und sie verladen. Im zweiten Schritt musste schließlich der Zünder wieder eingegraben und kontrolliert gesprengt werden. Laut Weiß war dieses Vorgehen erforderlich, weil die Bombe mit dem Zünder nicht transportfähig gewesen wäre. "Sowas will ich in meinem Kofferraum lieber nicht spazieren fahren", scherzte der Experte. Dabei habe es jedoch keine Probleme gegeben. Für ihre Arbeit an dem Sprengkörper haben sie geschätzt eine Stunde benötigt.

Krankenhausbetrieb läuft wieder

Auch die Stadt, das Klinikum und der Landkreis waren zufrieden angesichts des positiven Verlaufs. Das St.-Barbara-Krankenhaus hat noch am selben Tag den Betrieb wieder aufgenommen — einschließlich der Zentralen Notaufnahme, die ab 14 Uhr für Patienten wieder geöffnet war. Die Organisation lobte der Geschäftsführer des Klinikums, Martin Baumann, als vorbildlich. "Wir waren extrem gut vorbereitet, und es ist eigentlich alles planmäßig verlaufen." Sein Dank gelte vor allem der Stadt Schwandorf für die gute Organisation. Deren Oberbürgermeister lobte wiederum die Arbeit der ehrenamtlichen Kräfte, die exzellente Arbeit geleistet hätten. Die Gesamtzahl der Beteiligten schätzte der OB auf 500 Personen. Neben den Helfern vor Ort schließt das all die Personen ein, die im Hintergrund die Evakuierung möglich gemacht haben.

Am Ende konnten die Anwohner sogar eine Stunde früher als geplant zurückkehren. Kurz vor 13 Uhr haben die zuständigen Behörden die Straßen wieder für den normalen Verkehr freigegeben und die Sperrzone aufgelöst. Damit endete ein Spuk, der die Verantwortlichen über eine Woche beschäftigt hat. Die Hoffnung aller Beteiligten ruht nun darauf, dass bei den weiteren Bauarbeiten keine zweite Bombe gefunden wird. Ausschließen kann das aber niemand – zumal das Gebiet 1945 stark bombardiert wurde.

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