Tanja Schweiger und Peter Aumer duellieren sich beim Wochenblatt
Von Gülleeimern, wirren Wahlempfehlungen und vielen, vielen verletzten Eitelkeiten

08.07.2017 | Stand 01.08.2023, 18:18 Uhr
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Es wird spannend am Sonntag, 30. März. Im Landkreis Regensburg stehen sich zwei Kandidaten gegenüber, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.

LANDKREIS REGENSBURG Tanja Schweiger von den Freien Wählern zeigt sich selbstbewusst, sie lag im ersten Wahlgang mit 43,19 Prozent knapp vor Peter Aumer (CSU). Der ist angesichts seiner 42,6 Prozent eher geknickt, gibt aber die Parole aus, weiterzukämpfen. Und: Man hat nicht den Eindruck, dass diese beiden gut miteinander können, zu tief sind die Wunden, die im Wahlkampf geschlagen worden sind. Es steht ein Betrugsvorwurf gegen Schweiger im Raum, den die Junge Union (JU) aufgeworfen hatte, da sie erneut für den Landtag angetreten sei, obwohl sie bereits gewusst habe, dass sie sich um den Posten des Landrates bewerben wolle. Aumer spricht im Gegenzug von einem „Gülleeimer“, den die Freien Wähler über ihm ausgekippt hätten.

Aumer: Ich habe einen fairen Wahlkampf geführt, ich habe versucht, Inhalte nach draußen zu tragen und auf jedweden Angriff auf die Person zu verzichten. Von meiner Seite gab es da keine Angriffe. Es gab durchaus auch Attacken, die dann durchsickern, man muss manche Dinge an sich abprallen lassen, das muss man in der Politik wahrscheinlich lernen und ein dickes Fell bekommen. Ich habe eine dicke Haut, ich habe alles an mir abprallen lassen, aber ich habe ein langes Gedächtnis. Punkt. Schweiger: Die Junge Union hat ja letztes Jahr dreimal diese Attacke gefahren, beim dritten Mal war es dann so, dass ich der Meinung war, dass man das so nicht mehr stehen lassen kann. Mit einem Betrugsvorwurf bewegen wir uns ja schon in einem strafrechtlichen Bereich. Es war ein durchsichtiges Manöver von Seiten der CSU, weil der Vorwurf nur von der CSU kam.Wochenblatt: Die Attacken im Wahlkampf liefen teilweise sehr persönlich ab. Ist der Wahlkampf aus Ihrer Sicht fair gelaufen?

Aumer: Ich pflege einen anderen Stil von Politik. Für mich sind Ehrlichkeit und Verlässlichkeit die wesentlichen Elemente der Politik. Für mich war die Entscheidung keine einfache, nicht mehr für den Deutschen Bundestag zu kandidieren. Es war kein Muss, es war meine ganz eigene und freiwillige Entscheidung zu sagen, ich möchte Landrat des Landkreises werden. Die Wortwahl der Jungen Union war sicher sehr unglücklich, ich habe das nicht mitbekommen ... Schweiger (lacht): ... dreimal, es war dreimal von Betrug die Rede ... Aumer: ... ich hab das in der Zeitung gelesen. Für mich war es wichtig, authentisch zu sein, den Menschen zu sagen, was ich möchte. Und ich habe ganz klar gesagt, dass ich Landrat werden möchte.Wochenblatt: Herr Aumer, Sie hätten es ja ähnlich machen können wie Frau Schweiger und wieder für den Bundestag kandidieren können. Warum haben Sie das nicht getan?

Wochenblatt: Auch innerparteilich war Ihre Kandidatur nicht ganz unumstritten, Landrat Herbert Mirbeth hat im Wochenblatt-Interview betont, er hätte Sie lieber weiter in Berlin gesehen.

Aumer: Ich meine, es ist ein Kompliment für mich, wenn er meine Arbeit im Bundestag geschätzt hat. Für mich war es nicht einfach, aber es war sehr bewusst. Die Delegierten meiner Partei haben mich einstimmig zum Landratskandidaten gewählt, das ist auch ein klares Signal meiner Partei!

Aumer: Weil man es sich vielleicht gar nicht vorstellen kann, dass jemand so etwas macht. Für meine Partei ist die kommunale Verwurzelung das Herzstück, der Wesenskern der Politik ist die Kommunalpolitik. Mein Herz hat immer für die Kommunalpolitik geschlagen.Wochenblatt: Nochmal zum Thema der Freiwilligkeit, Herr Aumer, man hat Ihnen das tatsächlich nicht abgenommen. Vielfach heißt es, dass Graf Lerchenfeld einen Austragsposten in Berlin bekommen hat und Sie zurückziehen mussten. Warum ist es nicht gelungen, der Bevölkerung Ihren Schritt zu vermitteln?

Schweiger: Die Menschen, die sich einbringen wollen, sollen sich auch einbringen können. Wir haben sehr viele hoch motivierte Mitarbeiter im Landratsamt, die gute Ideen haben. Die sollen sich auch einbringen und austoben können. Und dann muss man das Landratsamt als Dienstleistungsbehörde ausbauen. Wir werden von Steuergeldern bezahlt, und es ist unsere oberste Aufgabe, diesen Menschen zu dienen. Wenn man hier mit einem guten und anpackenden Beispiel vorangeht, dann kann man auch für frischen Wind sorgen.Wochenblatt: Viele verbinden den amtierenden Landrat Mirbeth eher mit Stillstand. Frau Schweiger, was würden Sie da anders machen, um wieder neuen Schwung ins Landratsamt zu bringen?

Aumer: Man muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen – und zwar sowohl den Bürger als auch die Mitarbeiter. Im Landratsamt gibt es sicherlich viele Dinge, die man neu justieren muss, damit man zeitgerechte und schnelle Entscheidungen treffen kann. Dafür ist es wichtig, dass man motivierte Mitarbeiter hat. Ein Landrat kann nur so stark sein, wie zum einen seine politischen Gestaltungsmehrheiten sind, zum anderen, wie sein Landratsamt arbeitet und wie stark seine Mitarbeiter hinter ihm stehen.Wochenblatt: Herr Aumer, Stillstand im Landratsamt, wie würde sich hier ihr neuer Stil auswirken?

Schweiger: Politik ist kein Spiel, bei dem man sagen kann, jetzt bin ich beleidigt und mache nicht mehr mit. Ich bin gerne weiterhin bereit, mich mit allen gewählten Kreisräten, die die Region die nächsten sechs Jahre vertreten dürfen, konstruktiv zum Wohle der Region einzubringen.Wochenblatt: Nun gibt es die kuriose Situation, dass Wahlempfehlungen ausgesprochen worden sind, die sich schon innerhalb der Parteien unterschiedlich darstellen. Die SPD hat zum Beispiel als Kreisverband keine Wahlempfehlung gegeben, der eine Bürgermeister empfiehlt nun Tanja Schweiger, ein anderer Peter Aumer. Wie geht man mit so einer Situation um? Werden so bereits mögliche Kooperationen ausgeschlossen?

Schweiger: Das muss man dann besprechen, wenn es so weit ist. Über die Zusammensetzung der stellvertretenden Landräte entscheidet auch der Kreistag und nicht der Landrat oder die Landrätin alleine. Man muss aber auch sagen, dass gerade die gelobte Kooperation zwischen CSU und SPD deutlich verloren hat, gemeinsam nämlich fünf Sitze, und die Freien Wähler haben sechs Sitze zugelegt. Wir reichen jedem die Hand, alles andere empfinde ich als undemokratisch.Wochenblatt: Könnten Sie sich auch einen stellvertretenden Landrat Peter Aumer vorstellen?

Aumer: Ich möchte die Kooperation zwischen CSU und SPD in den letzten sechs Jahren im Kreistag nochmal herausheben. Es ist eine verantwortungsvolle, eine gute Politik geleistet worden. Deswegen würde ich gerne diese gute und vertrauensvolle Kooperation fortführen, das ist meine persönliche Einschätzung. Ich werde das auch so meiner Fraktion vorschlagen.Wochenblatt: Herr Aumer, Sie haben sich klar geäußert, dass die Kooperation mit der SPD ganz gut funktioniert hat und Sie diese auch gerne weiter fortsetzen würden.

Aumer: Ich gehe der Politik nicht verloren. Ich werde weiterhin für meine Region mit ganzem Herzblut, mit ganzer Kraft und ganzer Leidenschaft arbeiten. Und es gibt sicherlich für jemanden, der erfolgreich Politik gemacht hat, der ein Berufsleben vorweisen kann, durchaus auch im Anschluss eine Verwendung.Wochenblatt: Der Plan B von Frau Schweiger ist bekannt, sie ist Landtagsabgeordnete, wie aber, Herr Aumer, sieht Ihr Plan B aus, sollten Sie nicht Landrat werden?

Aumer: Wahlkämpfe vergehen. Die Region und das Handeln für die Menschen stehen im Mittelpunkt – und da muss man sich eben dann zusammenstreiten.Wochenblatt: Man hat nicht wirklich das Gefühl, dass Sie beide miteinander könnten. Wenn Sie zusammen die Spitze des Landkreises repräsentieren müssten, wie sollte das funktionieren?

Schweiger: Gemeinsam mit der Stadt Regensburg eine vernünftige Verkehrsinfrastruktur, Donaubrücken, Südspange!Wochenblatt: Stellen Sie sich vor, es kommt die Fee? und Sie müssen auf nichts Rücksicht nehmen, was würden Sie sofort umsetzen?

Schweiger: Die erste wäre die Kneitinger Brücke. Die Fee muss aber auch die Verhältnisse in der Stadt dann entsprechend beeinflussen. Aumer: Da muss ich Sie jetzt enttäuschen, meine Antwort ist gleichlautend, einhergehend mit dem Pfaffensteiner Tunnel, der erweitert werden muss.Wochenblatt: Welche Brücke wäre denn die erste, die sie bauen würden?

Wochenblatt: Frau Schweiger, Herr Aumer, vielen Dank für dieses aufschlussreiche Gespräch, wir wünschen Ihnen für die letzten Tage viel Energie im Wahlkampfendspurt und viel Erfolg für den 30. März!

Regensburg