Zusammenarbeit
Chef der Energieagentur befürchtet "Dolchstoß für die Energiewende"

08.07.2017 | Stand 12.10.2023, 11:07 Uhr
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Seit 2009 gibt es die Energieagentur Regensburg. Die Wirtschaftsförderung des Landkreises arbeitet hier mit der Wirtschaftsförderung der Stadt zusammen, "weil man erkannt hat, dass beide Verwaltungen und auch im Landkreis die 41 Kommunen Bedarf an Personal und Kapazitäten für das Thema Energie haben", so Ludwig Friedl, Geschäftsführer der Energieagentur Regensburg. Die Agentur schließlich sei dazu da, Synergien zu nutzen.

REGENSBURG Das Modell der Regensburger Energieagentur ist in Bayern sehr selten – und so hat sich die Organisationsstruktur in Regensburg zum Vorbild für andere Agenturen entwickelt. „Ich stelle das regelmäßig vor, die Regierung von Oberbayern zum Beispiel hat angefragt“, so Friedl. Drei Jahre lang gab es mach der Gründung eine Förderung durch die EU zum Aufbau der Agentur. Des Weiteren finanzieren die Stadt Regensburg, der Landkreis und die 41 Kommunen des Landkreises die Arbeit. "Und jetzt kommt das Besondere daran: Wir haben auch 89 Wirtschaftsunternehmen dabei", berichtet Friedl. Politik und Wirtschaft kommen zum Thema Energie zusammen, die Agentur bildet dafür die Plattform. Die Zusammenarbeit in diesem Kreis funktioniert sehr gut, weiß Friedl zu berichten, „weil ja das gemeinsame Ziel da ist". "In der Satzung steht als Ziel für uns, die Energieeinsparung in Regensburg voranzubringen und den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern."

Seit der Energiewende sieht Friedl noch ein weiteres Ziel: "Die Energieagentur Regensburg soll die Energiewende in der Region voranbringen!" Und bei letzterem haben es Friedl und sein Team gar nicht so einfach. Hier spielt Friedl den Ball in Richtung Politik: "Natürlich gibt die Bayerische Politik, allen voran der Ministerpräsident, momentan nicht gerade ein Vorbild in Sachen Akzeptanz für die Energiewende ab!" Allen sei klar gewesen, dass es durch die Energiewende sichtbare Veränderungen geben wird. "Man muss diese Veränderungen akzeptieren", sagt Friedl.

Drei Jahre lang sei es Auftrag gewesen, als Energieagentur bei den Bürgern das Bewusstsein für die Akzeptanz der Energiewende zu schaffen. Hier sei man bereits sehr weit gewesen. „Wir hatten einen gesellschaftlichen Konsens gefunden. Und dieser gesellschaftliche Konsens wird jetzt mit dem Dolchstoß von hinten, würde ich fast sagen, derzeit torpediert!“ Viele Bürger seien deshalb auch sehr verunsichert.

Und auch viele Unternehmen stünden nun vor Herausforderungen. „Die Wirtschaft hat sich ja dem parteiübergreifenden Beschluss des Bundestages von 2011 angepasst, diesen Beschluss umzusetzen“, gibt Friedl zu bedenken. In den Unternehmen sei sehr viel investiert worden. "Der Politik muss bewusst sein, dass man hier Strategien vorgibt – und diejenigen, die sich danach richten, Leistungen anbieten und in Projekte investieren sind in Vorleistung gegangen. Da gibt es Unternehmen, die haben Millionen in die Windenergie, in Biogas- und in Photovoltaik-Anlagen investiert. Die werden jetzt alleine gelassen", kritisiert Friedl weiter.

"Und was mich sehr überrascht, ist, dass man diese Richtungsänderungen teilweise innerhalb von 14 Tagen vollzieht!" Friedl gibt zu bedenken, dass es keine Veränderung der Rahmenbedingungen auf der Welt gebe, die fossile Energie sei nach wie vor endlich, die derzeitige fossile Energie sei „gefährlich für Umwelt, Klima und Mensch“, durch die Knappheit steige der Preis und zudem sei Deutschland sehr stark abhängig von Staaten, in denen fossile Stoffe gefördert werden können – und diese Länder seien zudem nicht immer die politisch stabilsten.

Information der Bürger: Trotz der eher nicht zufriedenstellenden Bedingungen setzt die Energieagentur weiter auf Information der Bürger, Kommunen und Unternehmen. Gerade der Bürger wolle diskutieren und suche nach Antworten. In Stadt und Landkreis können Bürger das Beratungsangebot durch zertifizierte Energieberater in Anspruch nehmen. Die Stadt hat hier ein für Bürger kostenfreies Beratungspaket bei der Agentur in Auftrag gegeben, im Landkreis gibt es die Energieberatungsgutscheine, die von den Kommunen und dem Landkreis bezahlt werden und für den Bürger ebenfalls kostenfrei sind. 35 von 41 Landkreiskommunen arbeiten hier bereits mit.

"Die Wirtschaft ist schon viel weiter!" Die Ausrede, man könne sich eine Energieberatung nicht leisten, sei somit vom Tisch. Sehr wichtig, so Friedl, sei die Tatsache, dass man die Energiewende nicht nur auf dem Strom reduzieren dürfe. Gerade im Bereich der Wärmeerzeugung und der Kraftstoffe wäre das Einsparungspotential sehr groß.

Auch an Schulen ist die Energieagentur präsent. Kinder seien sehr interessiert an Energiethemen. „Die Kinder bekommen das auch mit in den Medien, dass die Energiewende teilweise bedrohlich diskutiert wird“, weiß Friedl. Hier sei es wichtig, die Verhältnisse gerade zu rücken. Oftmals erreiche man über die Kinder dann auch die Eltern. Jeden dritten Donnerstag im Monat kann man sich bei der Energieagentur kostenlos zu wechselnden Themen informieren. 

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