Streit um den Oberen Wörth
Schaidinger macht Lobby-Arbeit für Bootsclub und gegen Hochwasserschutz

10.07.2017 | Stand 13.09.2023, 2:59 Uhr
−Foto: Foto: Christian Eckl

Die Vereine am Oberen Wörth sollen verlegt werden – zugunsten des Hochwasserschutzes. Ex-OB Hans Schaidinger macht nun Lobby-Arbeit dagegen.

REGENSBURG Die Medaille hat immer zwei Seiten. Das ist klar. Und dass die Vereinsmitglieder des Regensburger Motorboot- und Wassersportvereins (R.M.W.V.) nicht eben glücklich waren, als sie via Wochenblatt davon erfuhren, dass der Pachtvertrag bis Ende 2018 ausläuft, liegt auf der Hand. Nicht nur dieser Verein ist betroffen. Auch die BRK-Wasserwacht muss weichen, ebenso wie 1. MWSC Regensburg, ebenfalls ein Motorbootclub, dessen Mitglieder am idyllischen Ufer des Oberen Wöhrds anlegen können. Auch die Regensburger Turnerschaft (RT) muss wohl den Anleger für die Faltboot-Abteilung aufgeben. Zuletzt steht auch der private Betrieb von Matthias Kainz vor dem Aus, zumindest an dieser Stelle – denn auch ihm wird gekündigt. Das Wasserwirtschaftsamt Regensburg plant, wir berichteten es, derzeit den Hochwasserschutz neu. Und weil das Planungs- beziehungsweise Flussraumkonzept wieder viel mehr Natur vorsieht ausgerechnet an dieser Stelle, wo die Boote anlegen, müssen die Vereine und der Betrieb weichen.

All dies erfuhren die Vereine bereits im Februar 2016. Das Wasserwirtschaftsamt hatte zusammen mit dem Stadtplanungsamt sowie dem Wasser- und Schifffahrtsamt eingeladen. Am Tisch saß nicht nur mit Josef Antes der Chef des R.M.W.V.s – sondern auch der frühere Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Schon immer wurde spekuliert, dass Schaidinger Mitglied in dem Verein sei – dem kann man nur beitreten, wenn zwei andere Mitglieder einen empfehlen. Auch der frühere Ordnungsamtsleiter Alfred Santfort ist Mitglied. Schaidinger nutzte die Besprechung, um – wie immer gut eingelesen in die Materie – Lobbyarbeit für den Verbleib des R.M.W.V.s zu machen. So habe man ehrenamtlich „Vermögenswerte geschaffen, die nicht ohne weiteres versetzt werden könnten“, warf Schaidinger ein. Und fordert: „Hat das Wasserwirtschaftsamt Alternativen für die Vereine zu bieten?“

„So recht geglaubt haben wir das noch nicht, als wir informiert wurden“, sagt Ottmar Gruber im Gespräch mit dem Wochenblatt. Sein Verein, der 1. MWSC, hat auch einen Bootsanleger in Sinzing. Da ist der Kollege von der Tageszeitung sehr korrekt. Nur in Regensburg werde man immer in die Pfanne gehauen. „Da war auch der von der Woche, wie hieß der noch gleich?“, entfährt es auch Josef Antes, dem Chef des R.M.W.V.s. Gemeint ist Horst Hanske, eine Journalisten-Legende, der kürzlich verstarb – er hatte die Vereinsmitglieder mit ihren Motorbooten einst „Wohlstandsverwahrloste“ genannt. Das war in den 70ern – seither scheut man die Öffentlichkeit.

Wahr ist aber auch: All das, was heute bereits der Öffentlichkeit zugänglich ist in dem Areal, das wird von Antes seit vielen Jahrzehnten gepflegt – zusammen mit seinen Vereinsmitgliedern. Das sind angeblich ganze 1.000 – 500 davon seien Kinder, heißt es von Antes. „Als wir hier anfingen, in den 50er Jahren, waren hier nur Bombentrichter, die wir zuschütteten. Die Amerikaner zeigten uns das Wasserskifahren.“ Heute steht ein tolles Bootshaus auf dem Areal, ein Kran für die Boote. „Yachtclub“ nannte das Wochenblatt den Verein kürzlich – „hier gibt es keine Yachten“, sagt ein Vereinsmitglied. Vielmehr seien es viele Handwerker, brave Leute, die sich ihr Hobby vom Mund absparten.

„Wir nutzen von den 380 gepachteten Metern Flussufer lediglich 62“, sagt Antes – der Rest ist gepflegte Liegewiese. Viele Regensburger wüssten gar nicht, dass sie sich auf Vereinsgrund befänden. Nach jedem Hochwasser ackere man, damit das Idyll wieder zugänglich ist. Und ohne Frage: Es blitzt und blinkt.

Für Schaidinger war dies auch ein Grund, nochmals in Frage zu stellen, was das Wasserwirtschaftsamt da plane. „Der Obere Wöhrd sei als Hochwasserschutz-Abschnitt nicht der dringlichste, weswegen eine Grundstücksverfügbarkeit im Jahr 2018 in Frage gestellt wird“, heißt es im Protokoll, das uns vorliegt. Ein Sportboothafen im Marina-Quartier stellt eine Alternative dar. Gegen eine Verlegung würde sich der Verein nicht sträuben, wenn die Rahmenbedingungen passten“, so Schaidinger weiter. Damit spielte er auf ein heißes Eisen an: Bislang zahlt der Verein etwa 8.000 Euro Pacht. Das Marina-Quartier aber wird von der privaten CA Immo entwickelt. Was verlangt die für die Boote? Und dann zog Schaidinger auch noch eine Karte, die so manchen Beamten wohl kreidebleich werden ließ: Er wies darauf hin, dass das Vereinsgelände im Wasserschutzgebiet liegt. Daher seien „Abgrabungen zu unterbinden.“ Zu Deutsch: Grabe das Amt, um die Donau an der Stelle zu renaturieren, könnte man sie hinhängen.

Ein starkes Argument für den Verbleib der Vereine sind indes die Gästeanleger. 13 Euro kostet es pro Nacht, sein Schiff dort zu ankern. „Viele Gäste gehen in die Stadt, kaufen sich ein Bier oder zwei, das bringt der Gastronomie einnahmen“, sagt ein Vereinsmitglied. „Ins Marina-Quartier fährt kein Mensch“, glaubt man. Dabei wolle man doch den Tourismus fördern. Aber auch den Bootstourismus?

Regensburg