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Ehemaliger KZ-Häftling Michael Smuss (90) berichtete aus seiner Zeit in Flossenbürg

10.07.2017 | Stand 29.07.2023, 3:31 Uhr
−Foto: n/a

Michael Smuss, ehemaliger Häftling im KZ Flossenbürg, und Thomas Muggenthaler, Journalist und Autor, waren zum Zeitzeugengespräch am Goethe-Gymnasium in Regensburg.

REGENSBURG Im Rahmen des Geschichtsunterrichts beschäftigen sich die rund 160 Schülerinnen und Schüler der Q11 mit dem Thema "Die Deutschen und der Holocaust". Am Donnerstag, 21. April, führte der heute 90-jährige ehemalige KZ-Häftling Michael Smuss dem Auditorium am Goethe-Gymnasium in Regensburg eindrucksvoll vor Augen, dass hinter den scheinbar abstrakten Lehrbuch-Fakten menschliche Schicksale stehen. Nachdem das Ehepaar Smuss von Schulleiter Bernhard Rothauscher begrüßt wurde, führte der BR-Journalist und Autor Thomas Muggenthaler, der seit 21 Jahren mit Smuss befreundet ist, sachkundig und zielorientiert durch das Gespräch. Herzlich und sehr persönlich schilderte Michael Smuss sein ganzes Leben: Nach seiner Kindheit in Danzig war er später Zwangsarbeiter beim Flugzeughersteller Messerschmidt. Er war im Warschauer Ghetto, erlebte den Warschauer Ghettoaufstand und kam daraufhin in Lagerhaft im Konzentrationslager Flossenbürg. Bei dessen "Evakuierung" vor den heranrückenden alliierten Truppen führte der Weg über Schwarzenfeld nach Stamsried, wo er schließlich befreit wurde. Dass er 1945 befreit war, hatte er erst gemerkt, als er bei medizinischer Betreuung durch amerikanische Soldaten erwachte. Smuss erzählte:

"In Holzschuhen kamen wir aus Neunburg vorm Wald, begleitet von einer Menge SS-Leuten. Die einzige Nahrung, die wir bekamen, waren Kartoffeln, die uns die Leute an den Straßenrändern gaben. Mit Kartoffeln habe ich es geschafft bis nach Stamsried zu kommen. Kurz vor Stamsried sah ich von weitem eine Scheune. Ich sagte zu meinen Mithäftlingen: Dort wollen wir rein. Zu viert gingen wir in die Scheune und fingen an Milch zu trinken, die uns gegeben wurde. Ich war wie ein Säugling. Ich war in Gedanken bei meiner Mutter. Ich war erschöpft und fiel in Ohnmacht." Das war sicher einer der emotionalsten Momente des Vortrags, der alle Schülerinnen und Schüler sowie die begleitenden Lehrkräfte berührte und nachdenklich werden ließ. Am Ende der Veranstaltung bündelte Geschichtslehrer Thomas Mayr, der die Veranstaltung organisierte, die Fragen der Kollegiatinnen und Kollegiaten an den Zeitzeugen. Er bedankte sich bei den Teilnehmern der Gesprächsrunde und verabschiedete das Ehepaar Smuss mit einem kleinen Präsent.

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