Tapferes Mädchen
Neun Zentimeter ohne Haare: Kasse zahlte nicht – bis jetzt!

11.07.2017 | Stand 24.07.2023, 19:52 Uhr
−Foto: n/a

Anna Sommer (9) leidet unter einem kreisrundem Haarausfall.

HOHENAU Es begann im August 2016 mit einer Zecke, die laut einer Hautärztin vermeintlich daran schuld sein sollte, dass Anna (Name v. d. Red. geändert) die Haare ausgingen – in Büscheln. Eine Cortisonsalbe wurde verschrieben. Auch ein weiterer Hautarzt setzte auf dieses Mittel und verschrieb die Allzweckwaffe Cortisonsalbe. Der Kinderarzt, der bei einer Untersuchung von Annas jüngerem Bruder auf Annas kahlen Kopf aufmerksam wurde, war da jedoch anderer Meinung und überwies Anna in die Universitätsklinik Regensburg. Papa Michael Sommer schildert den Grund: „In unserer Gegend gibt es einfach niemanden, der die DCP-Therapie (bei der die kahle Stelle mit einem speziellen Präparat eingetupft wird – Anm. d. Red.) durchführt.“

Im Oktober fuhren Michael und Martina Sommer mit ihrer kleinen Tochter also hoffnungsvoll in die Uniklinik Regensburg. Die Einschätzung der behandelnden Ärztin: „Es gibt nur diese Therapie. Wenn wir die nicht durchführen, verliert Anna alle Haare! Zum Glück hat Anna noch ihre Augenbrauen. Wenn sie die auch noch verlieren sollte, kann man gar nichts mehr machen!“ Ein Schock für Annas Eltern, vor allem aber für das kleine Mädchen selbst.

Ein Glück, dass es die DCP-Therapie gibt. Die ist an Kindern im Alter bis zwölf Jahren in Deutschland zwar noch nicht zugelassen, aber laut der Ärztin der Uniklinik Regensburg „gab es noch nie Probleme, dass eine Krankenkasse diese Therapie nicht bezahlt hätte.“ Zumal die Therapiekosten in Höhe bis zu 60 Euro pro Behandlung – 16 Behandlungen hatte die Ärztin anberaumt – zumindest für die Barmer Ersatzkasse (BEK), bei der die Familie krankenversichert ist, wohl nicht so sehr ins Gewicht fallen dürften. Für Familie Sommer – der Vater ist Bauarbeiter, die Mutter Reinigungsfachkraft – aber schon. Umso schlimmer ist es für Familie Sommer, dass jede ihrer bisher drei Anfragen auf Kostenübernahme, mit einem „Nein“ beantwortet wurde.

Freundinnen helfen ihr gegen Mitschüler-Spott

„In der Uniklinik haben wir einen 50 Jahre alten Mann kennengelernt, der das gleiche Problem hatte wie Anna. Seine Krankenkasse übernahm die Kosten problemlos. Meiner Meinung nach ist eine Glatze für ein kleines Mädchen psychisch wohl schwerer zu verkraften, als für einen Mann, der irgendwann vielleicht sowieso seine Haare verliert“, meint Annas Papa. „Eine teure Kunsthaarperücke würde allerdings tatsächlich gezahlt werden.“

Laura ist ein tapferes kleines Mädchen. Sie freut sich, dass ihre Haare dank der DCP-Therapie langsam nachwachsen. Und wenn sie in der Schule wegen ihrer Haare gehänselt wird, stellen sich ihre Freundinnen schützend vor sie. Dennoch belastet die Situation die Familie sehr.

Auch wenn die Finanzlage der Sommers keine großen Sprünge erlaubt, wollen Michael und Martin Sommer die DCP-Therapie für Anna unbedingt – zur Not auch auf eigene Kosten. „Wir sehen ja, dass es was bringt. Seit der dritten Sitzung ist die kahle Stelle mit neun Zentimeter Durchmesser nicht weiter gewachsen“, schildert Annas Papa. Und Anna? „Ich wünsche mir so sehr, dass meine Haare endlich wieder wachsen. Zum Geburtstag, zu Ostern und zu Weihnachten, so stark wünsche ich mir das!“

Nun scheint Annas Wunsch in Erfüllung zu gehen. Nach PaWo-Anfrage bei der Barmer wurde Annas Fall noch einmal geprüft: „… Aufgrund, dass es sich um ein nicht zugelassenes Arzneimittel handelt, haben wir Ihnen die Kostenübernahme bisher nicht aussprechen können. … bestätigen wir Ihnen hiermit schriftlich, dass wir unter Berücksichtigung der besonderen Situation Ihrer Tochter …, bereit sind, dennoch die Kosten für die Behandlung zu übernehmen…“

Passau