Niederbayerns Landräte einig:
Kein Atommüllendlager im Bayerischen Wald"

11.07.2017 | Stand 04.08.2023, 14:18 Uhr
−Foto: n/a

Tagung im Landkreis Freyung-Grafenau: Saldenburger Granit als ungeeigneten Standort sofort streichen.

FREYUNG Im Rahmen ihrer Tagung im Landkreis Freyung-Grafenau am 16. Februar haben die niederbayerischen Landräte die Bundesregierung in einem Resolutionspapier aufgefordert, geologisch ungeeignete Standorte für Atommüllendlager aus dem Prozess der Standortsuche auszuschließen. Dies gelte insbesondere auch für den Saldenburger Granit im Bayerischen Wald.

Hintergrund dieser Forderung ist, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe bereits im Jahr 2007 die Eignung von Granit als Endlager für Atommüll in einer Studie verneint hatte. „Dafür gab es sehr gute Gründe, die auch heute noch unverändert gelten", so der gastgebende Landrat Sebastian Gruber aus Freyung. Zerklüfteter Granit wie im Bayerischen Wald bietet nicht die notwendige geologische Barriere-Wirkung, so die Experten der Bundesanstalt in ihrer Expertise.Granit als Lagerort für Atommüll wurde daher seinerzeit ausgeschlossen und damit praktisch auch ein Endlager im bayerischen Wald.

Trotz dieser wissenschaftlichen Ergebnisse wird Deutschland aber aktuell auf Empfehlung der Endlagerkommission als „weiße Landkarte“ deklariert. Granit zählt neben Ton- und Salzgestein nun doch wieder zu den Gesteinsarten, in denen radioaktiver Müll eingelagert werden kann. Somit ist nun auch der Saldenburger Granit wieder als potenzieller Endlagerort im Focus der Standortsuche.

Der Saldenburger Granit grenzt an vier niederbayerische Landkreise mit insgesamt 459.616 Einwohnern und liegt nur eine gute Autostunde entfernt von der Metropolregion München. Der größte Standort der BMW Group ist gerade einmal 70 km Luftlinie entfernt. In unmittelbarer Nähe befindet sich der Nationalpark Bayerischer Wald, ein Schutzgebiet von internationalem Rang. Die  Transportproblematik betrifft das gesamte, ohnehin schon heute überlastete Verkehrsnetz Niederbayerns. Die Landräte wollen auch darauf die Aufmerksamkeit lenken, die niederbayerischen Straßen wickeln den internationalen Verkehr für wichtige Wirtschaftsstandorte und international bedeutsame Unternehmen ab. „Eine Castor-Blockade auf der A 3 oder ihren Ausweichrouten wäre weit über Niederbayern hinaus wirtschaftlich zu spüren", so Deggendorfs Landrat Christian Bernreiter.

Die Endlagerkommission auf Bundesebene schließt Konzepte, bei denen der langzeitsichere Einschluss der radioaktiven Abfälle nur auf technischen Barrieren beruht, grundsätzlich nicht mehr aus. Neben Vertretern der Wissenschaft gehören ihr auch Vertreter des Bundestags und der Bundesländer sowie gesellschaftlicher Gruppierungen an.

Mit ihrer Position zu technischen Barrieren betritt die Endlagerkommission Neuland. Bisher liegt kein Nachweis einer gleichwertigen und gleich robusten Sicherheit wie bei einschlusswirksamen Gebirgsbereichen vor, erbracht werden könnte er – wenn überhaupt – nur mit großem Aufwand. Durch die neue Weichenstellung der Kommission werden die

Komplexität und der Umfang des Untersuchungsaufwands erhöht, die Suche nach einem Endlagerstandort wird dadurch aller Voraussicht nach deutlich länger dauern. Eine sichere Lösung rückt damit in weitere Ferne. Für die niederbayerischen Landräte ist es nicht nachvollziehbar, dass bei einer solch wichtigen Frage die bereits vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse ausgeblendet werden. Ihre Kritik geht damit in dieselbe Stoßrichtung wie die der Bayerischen Staatsregierung.

Mit ihrer Forderung machen die niederbayerischen Landräte deutlich, dass die Entscheidung nur für denjenigen Standort fallen darf, an dem wirklich die bestmögliche Sicherheit für einen Zeitraum von einer Million Jahre gewährleistet ist. Dies entspreche immerhin auch dem grundsätzlichen Postulat des Gesetzgebers. Politische Erwägungen dürften auf keinen Fall an Stelle einer sachlichen und wissenschaftlich tragfähigen Entscheidung treten.

„Die Entscheidung für einen Endlagerstandort ist eine Frage der nationalen Verantwortung für die Zukunft des ganzen Landes", so die Resolution. Deshalb fordern die niederbayerischen Landräte, alle Endlagerkonzepte klar auszuschließen, bei denen der langzeitsichere Einschluss der radioaktiven Abfälle vollständig oder teilweise auf technischen Barrieren beruht. Die bereits vorhandenen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur geologischen Eignung von möglichen Endlagerstandorten, insbesondere die Studie der Bundesanstalt für Geologie und Rohstoffe aus dem Jahr 2007, müssten unbedingt auch dem aktuellen Auswahlverfahren zugrunde gelegt werden. Standorte mit Granitgestein wie Saldenburg müssten demnach ausscheiden.

„Mit unserer Forderung an die Bundesregierung zum frühzeitigen Ausschluss von geologisch ungeeigneten Endlagerstandorten, wie dem Saldenburger Granit stellen wir uns unserer Verantwortung und setzen ein Zeichen des Zusammenhalts innerhalb der Region", fasst Passaus Landrat Franz Meyer als Sprecher der niederbayerischen Landräte zusammen. „Wir wollen deutlich machen: Niederbayern fordert eine ausschließlich am Sicherheitsaspekt orientierte Standortsuche. Eine willkürliche Standortentscheidung, die den bereits jetzt vorliegenden Studienergebnissen widerspricht, wird Niederbayern nicht hinnehmen.”

Passau