In ihrem kleinen Laden ist die Zeit stehengeblieben
Die fabelhafte Welt der Resi (91)

06.07.2017 | Stand 12.10.2023, 10:54 Uhr
−Foto: Foto: Tobias Grießer

Seit Jahrzehnten versucht die Menschheit, dem Geheimnis der Zeit auf die Spur zu kommen. Dabei ist es so einfach, eine Zeitreise zu machen.

VELDEN Man braucht nur ins Haushaltswarengeschäft Ober­eisenbuchner am Veldener Marktplatz zu kommen und meint, 20 oder 30, vielleicht sogar 40 Jahre in die Vergangenheit versetzt worden zu sein. Bei Resi Obereisenbuchner scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.

Aber bei der 91-Jährigen geht’s natürlich auch entsprechend gemächlich zu. Draußen vorm Schaufenster rast die Hightech-Welt der E-Mails, Tablets und Smartphones in abenteuerlicher Geschwindigkeit vorbei – und bei Resi Obereisenbuchner stehen noch Kopfrechnen, Bleistift und Liebenswürdigkeit auf der Tagesordnung. Elektronische Hilfsmittel sucht man vergeblich, die Preisetiketten werden freilich per Hand geschrieben.

Seit 75 Jahren steht die Veldenerin nun schon hinter dem Tresen ihres Ladens, den ihre Eltern Xaver und Therese 1920 gegründet hatten. Xaver Obereisenbuchner war gerade nach dreijähriger Gefangenschaft in England heimgekehrt. „Als es dann bei meinen Eltern nicht mehr ging, hab’ ich das Geschäft übernommen“, erinnert sich die überaus fitte 91-Jährige.

Der kleine Laden am Marktplatz 31 – hier wurde sie 1920 auch geboren – war und ist ihr Ein und Alles. Deshalb war in ihrem Leben auch irgendwie nie Platz und Zeit für einen Mann. Darum wird auch der letzte Haushaltswarenladen in Velden schließen, wenn Resi Obereisenbuchner irgendwann mal nicht mehr hinter dem Tresen stehen kann. „Wenn’s mal nicht mehr geht, muss ich halt zusperren.“

Bislang hat sie noch alle anderen Konkurrenzgeschäfte überlebt. „Früher gab es sieben Läden, die das Gleiche verkauft haben wie wir. Heute gibt’s nur noch mich“, sagt die 91-jährige Inhaberin nicht ohne Stolz.

Deshalb ist es für sie selbstverständlich, dass sie tagtäglich von 8 Uhr morgens bis 18 Uhr abends – bei einer Stunde Mittagspause – im Geschäft steht.  Resi Obereisenbuchner: „Wenn ich mal gescheit krank bin, muss ich den Laden halt zulassen. Aber wann bin ich schon mal krank…?“

Auch wenn die Geschäfte nicht mehr so gut gehen wie früher, „reicht’s gerade noch so für mich.“ Denn mit der großen Konkurrenz wie Großhandel oder Baumarkt kann Resi Obereisenbuchner natürlich nicht mithalten. „Aber viele kommen dann doch zu mir, wenn sie ihre Sachen in Landshut, Moosburg oder München nicht bekommen haben“, schmunzelt die Resi, bei der die Kinder natürlich auch noch „Guttis“ auf die Hand bekommen.

Während sich Mama oder Papa im Geschäft umsehen und ihre Wünsche äußern, die Kinder ihre Bonbons essen, verschwindet Resi Obereisenbuchner im Laden-Labyrinth und zaubert Mottenstopper aus Zedernholz, Mausefallen, Lesebrillen, Grablichter und Schnapsgläser ebenso aus den Regalen wie Butterdose, Grillanzünder, Puderzuckersieb, Staubwedel, Gartenschlauch, Nagelschere oder Flachmann. „Ich weiß, wo’s steht, weil ich’s ja auch eingeräumt hab“, verliert die 91-Jährige nie den Überblick.

Allerdings hadert die Resi mit Wetter. Weil der Schnee noch auf sich warten lässt, stapeln sich Schneebobs, Schlitten und Schneeschaufeln im Hausgang. „Und wenn’s schneit, rennen’s mir alle wieder den Laden ein“, schüttelt sie den Kopf.

Landshut