Der ehemalige Rennfahrer (76) aus Adlkofen hat seine Vita in einen Roman gepackt
Walter Proebst, Chronist seines Lebens auf der Überholspur

05.07.2017 | Stand 26.07.2023, 10:03 Uhr

„Come Back“: Opus magnum, das viel Autobiografisches birgt. Aber auch – nicht zu knapp – Fiktion.

ADLKOFEN Ist Walter Proebst ein gebrochener Mann? Kann schon sein. Nach einem ganzen Leben auf der Überholspur sitzt er nun in seinem Wohnzimmer. Er, der einst ein gefeierter Rennfahrer war. 76 Jahre alt und nicht mehr besonders gut auf den Füßen. Rollator und Rollstuhl statt Jaguar und Porsche. Und doch lodert noch ein Feuer in dem Witwer. Er schreibt an einem Roman. Einem Opus magnum, das viel Autobiografisches birgt. Aber auch – nicht zu knapp – Fiktion. „Come Back“ soll er einmal heißen, wenn er fertig ist. Wenn es nach seinem Schöpfer geht, soll das bald der Fall sein: „Höchste Zeit, dass ich zu einem Ende komm’.“

560 Schreibmaschinenseiten hat Proebst bislang vollgeschrieben. Gefüllt mit der Geschichte eines – was auch sonst? – Rennfahrers. Karl heißt das Alter Ego von Walter Proebst im Roman. Einer wie er – in jungen Jahren. Die Story beginnt, als Karl sein erstes Rennfahrerleben schon hinter sich hat. Als er ein Comeback in der Gasfußbranche wagt. Einen alten Jaguar aus der Garage herauszieht, ihn herrichtet und wieder angreift. Dabei viele Abenteuer erlebt. Viele Hindernisse umfahren muss.

Walter Proebst: „Karl möchte immer nur eins: besser fahren. Aber er hat kein Geld, dafür das Jugendamt und die Justiz an der Backe kleben.“ Nicht genug damit; Karl darf sich auch noch mit einer Ex-Frau herumschlagen, die die gemeinsame Tochter entführen will. Und einem falschen Missbrauchsvorwurf wie jüngst Wettermann Jörg Kachelmann. Es ist eine Geschichte geworden mit vielen Handlungssträngen und Neben(kriegs)- schauplätzen. Ein Script, das die ordnende Hand eines umsichtigen Lektors brauchen könnte. Von einem, der die Essenz herausfiltert und das Herzblut destilliert.

Denn das fließt reichlich in „Come Back“, dessen Titel durchaus doppeldeutig gemeint ist. Zum einen geht es um das Comeback von Karl, zum anderen fleht Walter Proebst das Schicksal an, das es zuletzt nicht gut mit ihm gemeint hat. Das ihm völlig überraschend im Oktober vergangenen Jahres seine geliebte Frau Hilde weggenommen hat: Gehirnschlag. Im Roman stirbt sie bei einem Unfall. Komm zurück…

„Ich möchte halt alles zu Papier bringen, was mir am Herzen liegt“, bringt Walter Proebst seine zügellose Schreiblust auf den Punkt. Sein eigenes Leben festhalten, das sich seit dem 17. Lebensjahr fast immer nur eins gedreht hat: Rennen fahren.

Zuerst mit dem Motorrad auf der Sandbahn, dann später, als eine schwere Verletzung ihn bremst, der Umstieg auf vier Räder: Bergrennen, Tourenwagen, GT, Sportwagen – „das alles ist im Roman verschleiert zu spüren“, sagst Proebst. Und das Leben, das mit der Raserei einher geht: Frauen, Freizügigkeit, Fehlschläge.

Woher er überhaupt die Chuzpe nimmt für ein solches Großwerk? Nun, Walter Proebst war zwar praktisch immer Rennfahrer, aber nicht nur. Sein Vater, ein Studienrat, wollte die Raserei sogar verhindern. Wollte, dass der Sohn studiert und einen anständigen Beruf lernt.

So kommt es, dass Walter Proebst fünf Semester Altphilologie studiert. Dann ist Schluss, exmatrikuliert vom eigenen Vater. Rennen und Studium gehen definitiv nicht mehr zusammen. „Mein Vater war so verzweifelt, er ist mit dem Hammer auf mein Bike losgegangen.“ Walter wird schließlich Schmierstoffingenieur – und bleibt so immer nah dran an seinem heiß geliebten Rennsport.

Eine Leidenschaft, die nie erloschen ist. Zusammen mit dem Verein Scuderia Isar betreibt Proebst das Auto-Museum Adlkofen, in dem viele Schätze seiner Rennfahrerkarriere zu bewundern sind. Das Museum, der Verein und seine Tochter, das ist alles, was Walter Proebst noch geblieben ist von seinem Leben auf der Überholspur.

Und die Erinnerungen, die ihn tagtäglich oft stundenlang an die Schreibmaschine gefesselt haben. Und noch immer fesseln. „Ich schreibe lang, viel und gerne.“ Die Besessenheit eines Rennfahrers auf der Zielgeraden seines Lebens.

Landshut