Szenen einer "ganz normalen" Ehe
UPDATE: Sechs Jahre Haft wegen brutaler Vergewaltigung aus Eifersucht

08.07.2017 | Stand 30.07.2023, 3:22 Uhr
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Das Urteil steht: Ein 39-Jähriger muss sechs Jahre hinter Gitter, weil er seine Frau brutal misshandelt und vergewaltigt hat. Er spricht von einer "ganz normalen Ehe". Seine Frau von einem Martyrium.

TRAUNSTEIN Drei Richter, zwei Schöffen, drei Sachverständige, ein Staatsanwalt, ein Verteidiger, eine Nebenklägervertreterin, eine Gerichtshelferin und eine Dolmetscherin. Insgesamt zwölf Personen beschäftigten sich vor dem Landgericht Traunstein zwei Verhandlungstage mit einem Eifersuchtsdrama der ungewöhnlichen Art.

Weil er seine Frau brutal vergewaltigt und misshandelt hat, verurteilte das Landgericht Traunstein am Montagmittag, 9. Dezember, einen gebürtigen Marokkaner zu sechs Jahren Gefängnis. Konkret muss er wegen zweifacher Vergewaltigung, einer davon in einem besonders schweren Fall, vorsätzlicher Körperverletzung, Nötigung und Bedrohung ins Gefängnis.

Die zweitägige Verhandlung entpuppte sich als zähes Frage-Antwort-Spiel, bei dem eine Dolmetscherin das Gesprochene für den Marokkaner übersetzte. Über seinen Rosenheimer Anwalt Salvatore Barba räumte der Angeklagte die Taten nach und nach im weitesten Sinne ein. Auch wenn es nie klar ausgesprochen wurde: Das Motiv war Eifersucht.

Um was ging es? Der Angeklagte hat seine Frau, eine Reiseleiterin, im Jahr 2000 in Marokko kennengelernt. Sie wurde schwanger und bekam einen Sohn, der heute 13 Jahre alt ist. 2003 hat der Angeklagte seine Frau geheiratet. Noch im gleichen Jahr sind die beiden nach Italien gezogen. Dort haben sie einen florierenden Tabakladen betrieben, den sie 2007 verkauft haben. Das Geschäft hat sich gelohnt. Als die beiden 2011 nach Deutschland kamen, brachten sie viel Geld mit. Zum Zeitpunkt der Taten lebten die beiden im Chiemgau.

Doch nun zu den Taten: Nachdem sie ihm gestanden hat, dass es wohl einen anderen Mann in ihrem Leben gibt, hat der Angeklagte seine Frau im August 2012 mit einem Messer misshandelt, sie brutal vergewaltigt und anschließend über Nacht in einen Abstellraum gesperrt. Am nächsten Morgen vergewaltigte der Mann seine Frau erneut. Diese Tat hat der Angeklagte sogar gefilmt. Er hat zwar versucht, den Film zu löschen. Der Kripo ist es jedoch gelungen, die Daten zu rekonstruieren.

Im April 2013 kam es dann erneut zu einer brutalen Eskalation: Der Angeklagte hat seiner Frau in der gemeinsamen Wohnung aufgelauert. Sie konnte aus der Wohnung flüchten und wollte beim Vermieter Schutz suchen, der im selben Haus wohnte. Der Marokkaner verfolgte seine Frau, packte sie an den Haaren riss sie zu Boden. Im weiteren Verlauf bedrohte der Marokkaner seine Frau mit einem Schraubenzieher. Dann ergriff er einen Feuerlöscher und setzte an, damit auf seine Ehefrau einzuschlagen. Er ließ erst von ihr ab, als der Vermieter und seine Söhne dazwischen gingen.

Auch die April-Tat räumte der Angeklagte über seinen Anwalt im Prinzip ein. Er bestritt jedoch, dass er seine Frau habe töten wollen. Dies wurde von einem Rechtsmediziner aus München weitgehend bestätigt. Er führte aus, dass es sich den Verletzungen der Frau zufolge „eher um ein Ziehen und nicht um ein Drosseln“ gehandelt habe. Eine akute Lebensgefahr habe nie wirklich, sondern eher theoretisch bestanden.

Der Marokkaner erklärte vor Gericht, dass er während der Taten stark betrunken gewesen sei. Außerdem führte er aus, dass er große Mengen Kokain konsumiert und laufend Joints geraucht habe. Er räumte die Taten zwar so weit ein, betonte aber, dass er sich kaum mehr an die Vorfälle erinnere.

Ein Facharzt für Rechtsmedizin in München bestätigte, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt der Tat betrunken war und einen Kokainrausch hatte. Ob und wie stark dadurch seine Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt gewesen sei, könne er nicht genau sagen. Schließlich ist es der Angeklagte gewohnt, laufend viel Alkohol und Kokain zu konsumieren. Opfer nannte ihre Ehe „ein Martyrium“

Während der Marokkaner seine Ehe als „ganz normal“ bezeichnete, sprach seine inzwischen nach deutschem Recht von ihm geschiedene Ehefrau bei der polizeilichen Vernehmung davon, dass das Zusammenleben mit dem Nordafrikaner das reinste Martyrium gewesen sei.

Am zweiten Verhandlungstag wurden zwei weitere Zeugen befragt und die Aussage des Opfers verlesen, bevor der Staatsanwalt in seinem Plädoyer sieben Jahre Haft forderte. Die Nebenklägerin Manuela Denneborg aus Rosenheim wies noch einmal darauf hin, dass ihre Mandantin an einer posttraumatischen Störung leidet. Sieben Jahre seien zu wenig. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Salvatore Barba, betonte, dass sein Mandant ein umfassendes Geständnis abgelegt habe und betonte, dass der Alkohol und die Drogen „ein Stück weit für die Tat mitverantwortlich“ seien. Er forderte eine Freiheitsstrafe in Höhe von fünf Jahren.

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