Paukenschlag in Neutraubling
Harte Entscheidung der Deutschen Börse: Krones muss Index verlassen

Das Unternehmen hat – unbeabsichtigt – gegen eine Vorgabe verstoßen

06.09.2023 | Stand 12.09.2023, 16:22 Uhr

Die Nachricht sorgte für Aufregung bei Krones: Das Unternehmen wird aus allen Indizes entfernt. Foto: dpa

Die Nachricht traf die Krones-Führung wie aus heiterem Himmel: Die Deutsche Börse entfernt die Aktie des Neutraublinger Unternehmens aus seiner Index-Landschaft. Der Grund ist eine Berufung des ehemaligen Finanzchefs.



Paukenschlag bei Krones: Der Neutraublinger Konzern fliegt aus allen Börsenindizes. Ab 18.September wird der Neutraublinger Hersteller von Abfüll-, Etikettier- und Verpackungsanlagen für flüssige Nahrungsmittel aus dem MDAX entfernt. Das hat die Deutsche Börse AG entschieden. Der Grund klingt dramatisch: Krones hat einen Verstoß gegen den Deutschen Corporate Governance Kodex begangen, also gegen Grundsätze der Unternehmensführung. Die Frage ist nun, welcher Schaden daraus entsteht.

Der Vorstandsvorsitzende Christoph Klenk ging sogleich in die Offensive, was die Information der Öffentlichkeit betrifft. Gegenüber unserer Zeitung erklärte er, dass er und das gesamte Unternehmen von dem Ausschluss gestern früh durch eine Meldung der Nachrichtenagentur dpa erfuhren.

Ex-Finanzchef „nicht unabhängig“



Das ist geschehen: Der Aufsichtsrat von Krones hat am 23.Mai dieses Jahres Norbert Broger zum Vorsitzenden des Prüfungs- und Risikomanagementausschusses gewählt. Er folgte damit auf Hans-Jürgen Thaus, der aus dem Aufsichtsrat ausschied. Das Problem: Broger war bis Ende 2022 Finanzvorstand des Unternehmens. Krones hat Broger, so sagt Klenk, deshalb auch bewusst aus Gründen der Transparenz als „nicht unabhängig“ zur Gesellschaft im Sinne des Deutschen Coroporate Governance Kodex eingestuft. Diese fehlende Unabhängigkeit wird Krones nun zum Verhängnis. Die Deutsche Börse hat das als Verstoß gewertet und drastisch reagiert, indem es Krones nicht nur aus dem MDAX für mittelschwere deutsche Aktiengesellschaften entfernt, sondern erst mal gleich ganz aus seiner Indexlandschaft tilgt.



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In dem entsprechenden Passus des Deutschen Corporate Governance Kodex heißt es: „Der Aufsichtsratsvorsitzende, der Vorsitzende des Prüfungsausschusses sowie der Vorsitzende des mit der Vorstandsvergütung befassten Ausschusses sollen unabhängig von der Gesellschaft und vom Vorstand sein. Der Vorsitzende des Prüfungsausschusses soll zudem auch unabhängig vom kontrollierenden Aktionär sein.“

Auf die Frage, wie der Fehler passieren konnte, kann Klenk nur darauf verweisen, dass man eine Nuance übersehen habe. Involviert waren Krones-Verantwortliche für Corporate Governance, Investor Relations, externe Berater, Anwaltskanzleien. Eine Schar an Experten und Spezialisten sei mit diesen Themen befasst, niemand habe Alarm geschlagen. „Wir haben umfangreich geprüft, aber niemand hat es gesehen“, fasst Klenk zusammen. „Wir hätten das nie getan, wenn wir das gewusst hätten.“ Die Schuldfrage stelle man aber nicht.

Welcher Schaden wird entstehen?



Ob daraus ein Schaden entsteht und in welcher Höhe, das kann noch niemand sagen. Zunächst blieben die Auswirkungen an der Börse überschaubar. Gestern sackte der Börsenkurs der Krones-Aktie zwar zunächst von 99,75 auf 97,45 Euro ab. Doch das Papier erholte sich rasch und erreichte am späten Nachmittag wieder annähernd das Ausgangsniveau.

Doch damit ist noch längst nicht klar, was ab dem 18. September geschieht. Sobald die Krones-Aktie nicht mehr im MDAX enthalten ist, müssen institutionelle Investoren, die sich am Index orientieren oder an ihn gebunden sind, das Papier verkaufen. Das kann durchaus zu einem Kursverlust führen. Wahrscheinlich ist, dass die Aktie eine schlechtere Wertentwicklung nimmt als ohne den Rauswurf aus dem Index. Klenk: „Wir hoffen, dass der Aktienkurs nicht allzu sehr leidet.“ Er muss also einen potenziellen Schaden einräumen. Nun bemüht man sich eilig, mit den entscheidenden Teilnehmern am Kapitalmarkt zu sprechen, um Vertrauen nicht zu verlieren beziehungsweise wiederherzustellen.

Dabei soll das Argument helfen, dass Krones wirtschaftlich sehr gut dastehe. Zuletzt hat das Unternehmen seine Prognosen für das laufende Jahr erhöht.

Broger wird das Amt abgeben



Und es gilt, eiligst die Indexfähigkeit wiederherzustellen. Klenk hofft, dass Krones bei der nächsten Überprüfung durch die Deutsche Börse wieder als MDAX-tauglich eingestuft wird. Dorthin war Krones erst vor kurzem wieder gelangt, nachdem es drei Jahre lang im eine Stufe niedrigeren SDax verharren musste.

Konkret bedeutet das, dass Broger seinen Stuhl im Prüfungsausschuss in den nächsten Tagen räumen wird. Zwei Aufsichtsratsmitglieder seien qualifiziert, diese Funktion zu übernehmen, so Klenk. Aufgabe des Prüfungsausschusses ist es, tief in die wirtschaftliche Situation des Unternehmens einzutauchen, insbesondere bei Jahresabschluss und Risikomanagement genau hinzusehen.