Erdbebenkatastrophe
Retter unterbrechen Einsätze aus Angst vor Tumulten - „Es sollen Schüsse gefallen sein“

11.02.2023 | Stand 11.02.2023, 17:39 Uhr

Menschen beklagen den Tod ihrer Angehörigen. Die Türkei hat nach den tödlichen Erdbeben in den südlichen Provinzen eine siebentägige Staatstrauer ausgerufen. −Foto: dpa

Die Zahl der Toten nach den Erdbeben im türkisch-syrischen Grenzgebiet ist auf über 25 000 gestiegen. Indes setzten erste Hilfsteams aus Angst vor möglichen Tumulten ihre Arbeit aus. Denn die Trauer vor Ort schlägt in Wut um.





Wie der türkische Präsident Recep Erdogan in Sanliurfa sagte, liegt die Zahl allein für die Türkei bei 21 848. Aus Syrien wurden 3553 Tote gemeldet. Nach Angaben des Präsidenten wurden allein in der Türkei 80 104 Menschen verletzt. Mehr als 1,5 Millionen suchten in Zelten oder öffentlichen Notunterkünften oder Hotels Schutz. Die Such- und Rettungsarbeiten gingen auch am Samstag weiter. Vereinzelt gab es noch Berichte, dass Menschen lebend aus Trümmern gerettet wurden.

Die betroffenen Gebiete waren zunächst schwer zugänglich, mit dem Fortschreiten der Bergungsarbeiten steigen die Opferzahlen. Die Chance, noch Überlebende zu finden, sinkt stündlich.

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Internationale Retter sehen sich indes gezwungen, ihre Einsätze im Katastrophengebiet zurückzufahren. Das Technische Hilfswerk (THW), die Hilfsorganisation I.S.A.R Germany und das österreichische Bundesheer verwiesen auf die Sicherheitslage. Berichten zufolge schlägt die Trauer mitunter in Wut um.

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„Es gibt zunehmend Aggressionen zwischen Gruppierungen in der Türkei. Es sollen Schüsse gefallen sein“, sagte Oberstleutnant Pierre Kugelweis vom österreichischen Bundesheer der Nachrichtenagentur APA. Nach einer Unterbrechung setzten die Soldaten ihre Arbeit fort. Die türkische Armee habe den Schutz der Einheit übernommen. Viele Überlebende sind traumatisiert und trauern um Familienmitglieder.

I.S.A.R-Einsatzleiter Steven Bayer sagte: „Es ist festzustellen, dass die Trauer langsam der Wut weicht.“ Tamara Schwarz, Sprecherin der THW-Zentrale in Bonn, sprach von „tumultartigen Szenen“. Der Schutz der Ehrenamtlichen stehe jetzt im Vordergrund. Die Teams blieben aber weiter vor Ort. THW und I.S.A.R teilte weiter mit: „Grund dafür scheinen unter anderem die Verknappung von Lebensmitteln und die schwierige Wasserversorgung im Erdbebengebiet.“

Am frühen Montagmorgen hatte ein Beben, dessen Stärke das Deutsche Geoforschungszentrum (GFZ) mit 7,7 angibt, das türkisch-syrische Grenzgebiet erschüttert. Am Montagmittag folgte dann ein weiteres Beben der Stärke 7,6 in derselben Region.

In der Türkei sind zehn Provinzen von dem Beben betroffen. Dort ist inzwischen ein dreimonatiger Ausnahmezustand in Kraft getreten. Mit dem Ausnahmezustand können laut Nachrichtenagentur Anadolu öffentliche Einrichtungen, Organisationen oder „juristische und natürliche Personen“ in der Region dazu verpflichtet werden, unter anderem Ausrüstung, Grundstücke, Gebäude, Fahrzeuge oder Medikamente abzugeben.

− dpa