Debatte
Schwarzfahren in Deutschland: Straftat oder Ordnungswidrigkeit?

12.04.2023 | Stand 16.09.2023, 23:44 Uhr

Wer kein gültiges Ticket hat, muss derzeit eine Strafe zahlen. Zahlt er die wiederholt nicht, könnte das mit einer Gefängnisstrafe enden. −Symbolbild: dpa

Wer seine Geldstrafe nicht begleicht, könnte stattdessen ins Gefängnis kommen. Häufig ist das Fahren ohne Fahrkarte der Grund dafür. In diesem Jahr soll untersucht werden, ob Schwarzfahren in Zukunft lediglich noch als Ordnungswidrigkeit gilt: Ausgang ungewiss.



Mehr als zwei Drittel der deutschen Bevölkerung befürworten die Idee, Schwarzfahren künftig nicht mehr als eine Straftat, sondern als eine Ordnungswidrigkeit zu betrachten. Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage von Infratest dimap im Auftrag der Plattform „Frag den Staat“ liegen der Deutschen Presse-Agentur vor.

Die geltende Rechtslage



Im Allgemeinen muss man, wenn man ohne gültiges Ticket erwischt wird, eine Geldbuße entrichten. Die Umfrageexperten hatten zuvor gefragt, ob die Befragten es für angemessen halten, dass Schwarzfahrer, welche die Strafe nicht bezahlen, eine Gefängnisstrafe absitzen müssen. Hier ist die Meinung der Bevölkerung geteilt: Die Hälfte aller Wahlberechtigten findet das in Ordnung. 45 Prozent der Deutschen sind anderer Ansicht. Ungefähr fünf Prozent äußerten sich dazu nicht. Vor allem Anhänger von Grünen und Linken lehnten eine Ersatzfreiheitsstrafe für schwarze Fahrer ab. Auch die Vertreter aller im Bundestag vertretenen Parteien befürworteten in dieser Frage mehrheitlich die geltende Rechtslage.

Auf die zweite Frage, ob Schwarzfahren künftig in Deutschland wie Falschparken als Ordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden sollte, lassen jedoch eine starke Bereitschaft zur Veränderung erkennen, auch die Antworten. Laut Angaben unterstützen 69 Prozent der Bürgerinnen und Bürger diese Änderung. Nur ein Viertel der Bevölkerung hat sich dagegen ausgesprochen.

Wer nicht zahlt, muss ins Gefängnis



Der Bundestag befasst sich derzeit mit einer Neugestaltung des Sanktionenrechts, welches unter anderem kürzere Ersatzfreiheitsstrafen vorsieht. Eine Anhörung der Experten im Rechtsausschuss soll am kommenden Montag stattfinden. Wer die Geldbuße nicht begleicht, muss stattdessen die Summe im Gefängnis absitzen. Die Zahl an Tagen, die Betroffene dann in Haft sitzen müssen, entspricht den Tagessätzen, zu denen sie verurteilt wurden. Der Entwurf des Bundesjustizministers Marco Buschmann (FDP) schlägt vor, die Zahl der Hafttage zukünftig zu halbieren.

Diese geplante Reform ist nicht Teil der von Politikern der SPD, der Linken und der Grünen vorgeschlagenen Entkriminalisierung des Schwarzfahrens. Erste Vorschläge dazu, wie man künftig mit der sogenannten Beförderungserschleichung umgehen will, sollen aber bald kommen.

„Gehört nicht ins Sanktionsrecht“



„Das Fahren ohne Fahrschein gehört nicht ins Sanktionenrecht, sondern wird im Rahmen der von mir ebenfalls geplanten Reform des besonderen Teils des Strafgesetzbuches überprüft werden“, erklärt Bundesjustizminister Marco Buschmann. Der FDP-Politiker versichert: „Dazu wird es im Laufe dieses Jahres einen Entwurf geben.“ Und der fügt hinzu: „Das ist in der Koalition auch bekannt.“ Dies könnte eine Spitze gegenüber den Rechtspolitikern der Ampel sein, die sich in Debatten über die Reform des Sanktionenrechts häufig auch zum Schwarzfahren geäußert haben. Es ist offensichtlich, dass es hier einen Zusammenhang gibt. Das Fahren ohne gültigen Fahrschein wird zu den Delikten gehört, die am meisten Anlass für eine Ersatzfreiheitsstrafe bieten.

Justizministertkonferenz im letzten Juni



Bei der Justizministerkonferenz im letzten Juni reichten die Landesregierungen von Berlin und Bremen einen Antrag zur Abschaffung der Strafbarkeit des Fahrens ohne Fahrschein ein. Eine Mehrheit fand sich dafür damals nicht.

Was seine eigene Position zu dieser Frage betrifft, lässt sich Buschmann nicht in die Karten schauen. Er habe „eigene Vorstellungen, aber das werden wir erst in die Koalition besprechen“, aber das würden sie erst im Rahmen der Koalition diskutieren, sagt er. Und: „Da gibt es auch nicht nur Schwarz oder Weiß, sondern eine ganze Reihe verschiedener Modelle.“

− dpa, kix, kse